3894 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Hamburg an den Zollverein (1888) führen Hamburg und Bremen selbst die Zoll-
und Steuerverwaltung. Somit steht auch in den Hansestädten die Verwaltung
Zölle und gemeinschaftlichen Steuern nicht dem Reiche, sondern den Bundes-
aaten zu.
Es bestehen jetzt folgende Zoll- und Steuerverwaltungen: 1) Preußen mit
beiden Lippe, Waldeck und Gebietstheilen anderer Staaten, 2) Bayern (mit Jungholz
und Mittelberg), 3) Württemberg, 4) Sachsen, 5) Baden, 6) Hessen, 7) beide
Mecklenburg, 8) der Thüringische Zoll= und Handelsverein in Erfurt, bestehend aus
preußischen Gebietstheilen, Weimar, Altenburg, Gotha, Meiningen, beiden Reuß und
beiden Schwarzburg, 9) Oldenburg, 10) Braunschweig, 11) Anhalt, 12) Hamburg,
13) Bremen, 14) Lübeck, 15) Elsaß-Lothringen.
„In Betracht (Art. 16, Abs. 3 des Vertrages vom 8. Juli 1867), daß die
Kosten für die inneren Steuerämter oder Hallämter oder Packhöfe einem jeden
Vereinsstaate zur Last fallen, bleibt es jedem derselben überlassen, solche Aemter
innerhalb seines Gebietes in beliebiger Anzahl zu errichten.“
Die Organisation und Verwaltung der Zölle an den Grenzen unterliegen da-
gegen nicht der freien Bestimmung der Bundesstaaten. Sie unterlagen früher der
Vereinbarung auf den General-Conferenzen und jetzt der Beschlußnahme des
Bundesrathes. Dieser stellt für die Grenzbezirke die Anzahl der Hauptzollämter,
Nebenzollämter I. Klasse und Ansageposten, sowie die Anzahl der bei diesen Amts-
stellen und im Grenzschutzgebiete zu Lande und zu Wasser fungirenden Beamten
nach den verschiedenen Dienstkategorien fest!. Hierbei hat der Bundesrath „die
individuellen Grenzverhältnisse“ der einzelnen Staaten, namentlich die Länge der
Grenzen und die Schwierigkeit der Bewachung bei Feststellung der von der Ge-
sammtheit zu gewährenden Pauschsumme zu berücksichtigen. Das Recht des
Bundesrathes hierzu folgt aus Art. 7, Ziff. 2 der Reichsverfassung?, da es sich
dabei um Erlaß der zur Ausführung des Art. 16 des Vertrages vom 8. Juli 1867
erforderlichen Verwaltungsvorschriften handelt é. Früher bestimmte der Bundesrath
Pauschsummen für die einzelnen an der Grenzzollverwaltung betheiligten
Staaten. Mit dem 1. April 1882 find die bisherigen Pauschsummen für gewisse
Grenzstaaten (Oldenburg, Baden, Luxemburg und Elsaß-Lothringen) durch Beschluß
des Bundesrathes fortgefallen. Dieser stellt seitdem für jeden Grenzstaat einen
„Zollverwaltungskosten = Etat“ fest, welcher den an jenem Tage (1. April 1882)
vorhandenen Zustand als Grundlage annimmt". Es ist in Frage gezogen, ob
dieses Verfahren der Reichsverfassung entspricht, insofern alle Ausgaben nach
Art. 69 der Verfassung auf den Haushaltsetat gebracht und durch Gesetz festgestellt
werden sollen und volkswirthschaftlich betrachtet die Ausgaben für die Grenz-
bewachung vom Reiche getragen werden, da um ihren Betrag die Zolleinnahmen
gekürzt werden 5. Indeß ist zu beachten, daß nach Art. 38, Abs. 1 der Reichs-
verfassung nicht die Zölle, sondern nur „der Ertrag der Zölle“ in die Reichs-
kasse fließt, und daß dieser Ertrag nach Abs. 2 daselbst „aus der gesammten von
den Zöllen aufgekommenen Einnahme stammt, nach Abzug 3) der Erhebungs= und
Verwaltungskosten, und zwar a. bei den Zöllen der Kosten, welche an den gegen das
Ausland gelegenen Grenzen und in den Grenzbezirken für den Schutz und die Er-
hebung der Zölle erforderlich find“ é.
Aus dem Rechte der Verwaltung folgt nicht, daß die Einzelstaaten befugt find,
Rechtsnormen irgend welcher Art über die Zölle und die Reichssteuern aufzustellen,
es sei denn, daß ihnen dazu von Reichswegen besondere Ermächtigung ertheilt ist.
Sie dürfen auch von den vorgeschriebenen Zöllen und Steuern ohne besondere Er-
mächtigung nichts unerhoben lassen, selbst dann nicht, wenn fie den Ausfall, welchen
das Reich dadurch erleidet, aus eigenen Mitteln oder, wie die Verträge sich aus-
drücken, auf privative Rechnung übernehmen wollten 7. Sie werden daher mit dem
1 Näheres bei Delbrück, Art. 40, S. 68 ff.] S. 398.
2 Oben S. 200 ff. "6 Val. Laband, Reichsstaatarcchte II, S. 922.
2 S. auch Delbrück, S. 73. * Zutreffend Seydel Comm., S 258.
* v. Aufseß, in Hirth' s Annalen 1893, 7 Siehe oben S. 202.