404 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Reichskasse fließenden Abgaben Buch und Rechnung zu führen haben, vom Bundesrath
festgesetzt!, wie denn solche Vorschriften auch schon vor der Norddeutschen Bundes-
verfassung auf den Zollconferenzen vereinbart waren 2. Ebenso hat der Bundesrath
über die Grundsätze, die bei der Abrechnung zwischen dem Reiche und den Einzel-
staaten gelten, allgemeine Normen aufgestellt. Die technischen und calculatorischen
Abrechnungsgeschäfte besorgt das „Zoll= und Steuerrechnungsbureau des Reichs-
schatzamtes“. Die Feststellung der Finalabschlüsse ist eine endgültige; diese bedürfen
nicht der nachträglichen Prüfung durch den Reichstag oder den Rechnungshof des
Deutschen Reiches. Denn Gegenstand des Haushaltsgesetzes für das Reich ist nicht
der Bruttoertrag der Zölle und Steuern, sondern nur der nach den Art. 38 und 39
der Reichsverfassung ermittelte, vom Bundesrath festgestellte Reinertrag.
Bei der Abrechnung zwischen dem Reiche und den Bundesstaaten ist zu be-
achten, daß — ebenso wie die Ausgaben" — so auch die Einnahmen nicht gleich-
mäßig allen Bundesstaaten zu Gute kommen oder, wie man zu sagen pflegt, nicht
in gleicher Weise allen Bundesstaaten gemeinschaftlich find. Allen Bundesstaaten
kommen in gleicher Weise die Zolleinnahmen zu Gute, auch wenn fie selbst oder Theile
derselben außerhalb der gemeinschaftlichen Zollgrenze liegen. Die Zollausschlüfses
werden bei Feststellung der Einnahmen des Reiches außer Betracht gelassen, weil sie an
Stelle der in ihnen nicht erhobenen Zölle und Verbrauchssteuern Pausch-
quanten, Aversen, an das Reich zahlen. Bei Berechnung dieser Aversa wird
das Verhältniß der ortsanwesenden Bevölkerung (ohne Rückficht auf deren Staats-
angehörigkeit) zu den wirklichen Nettoeinnahmen an Zöllen und Verbrauchssteuern
zu Grunde gelegt7, d. h. die Zollausschlüsse sollen im Verhältniß ihrer Be-
völkerung — nach ihrer Kopfzahl — ebenso viel auf den Kopf aufbringen und an
die Reichskasse abführen, als netto von den übrigen Bewohnern im Reiche daran
aufgebracht wird. Berücksichtigt wird indeß dabei die Verschiedenheit von Stadt
und Land 8#. Es wird vom Etatsjahr 1880/81 an von der städtischen Bevölkerung
Hamburgs und Bremens für den Kopf der Bevölkerung ein Zuschlag von 5 Mark
und von derjenigen in den Städten Altona, Wandsbeck, Bremerhaven, Geestemünde
und Brake ein solcher von 3 Mark erhoben .
Sind auch die Zollausschlüsse in der inanziellen Gemeinschaft mit ent-
halten, so bestehen doch andere Abweichungen von dieser Gemeinschaft, dergestalt,
daß gewisse Einnahmen nicht allen Bundesstaaten, sondern nur bestimmten zu Gute
ommen:
1) An den zur Reichskasse fließenden Einnahmen des Post= und Tele-
graphenwesens haben Bayern und Württemberg keinen Theil (Reichsverfassung
Art. 52, letzter Absatz)z. Abgesehen von Bayern und Württemberg find die Ein-
nahmen des Post= und Telegraphenwesens für das ganze Reich gemeinschaftlich
(Art. 49 der Reichsverfassung) 10.
2) An der Brausteuer, welche auf Grund des Gesetzes vom 81. Mai 1872
(.-G.-Bl. 1872, S. 153) erhoben wird, sind nur die norddeutschen Staaten be-
theiligt, nämlich Preußen, Sachsen, beide Mecklenburg, Hessen, Sachsen-Weimar-
Eisenach (dieses ohne das Amt Ostheim, das außerhalb der Brausteuergemeinschaft
steht und bezüglich der Brausteuer zu Bayern gerechnet wird, indeß einschließlich
des Ortes Melpers), Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Alten-
burg, Sachsen-Koburg-Gotha (dieses ohne das Amt Königsberg, das bezüglich der
1 Vgl. u. A. Reichs-Centralbl. 1880, S. 334, * Reichsverfassung Art. 88.
341, 1887, S. 399 ff., 427 ff., 503, 537 ff., 615 17 Bundesrath-beschluß vom 25. Mai 1878
u. a. m., 1888, S. 815 ff. und 600 ff. Grotokolle § 333), v. Aufseß, in Hirth's An-
* Münchener Bollzugsprotofoll vom 14. Fe= nalen 1893, S. 396.
bruar 1834, § 25, Nr. 1, Verträge, Bd. I, 8 Bundesrathsprotokolle 1877, S. 55.
S. 271. * Bundesrathsbeschluß vom 12. März 1880
2 Besonders der Bundesrathsbeschluß vom (Protokolle § 176). Hierbei ist zu beachten, daß
18. März 1878, abgedruckt u. A. im Preuß. die Aversa für die seitdem in die gemeinschaft-
Abgaben Centralbl. 1878, S. 146. liche Zollgrenze eingeschlossenen Gebietstheile
Siehe weiter unten S. 412. inzwischen fortgefallen sind.
5 Siehe oben S. 352. 1% Siehe oben S. 249.