408 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Besitze der Militärverwaltung verbleiben, oder welche aus Reichsmitteln in Gemäßheit
dieses Gesetzes erworben werden, nur unter Zustimmung des Bundesrathes und
Reichstages verausgabt werden dürfen und, sofern diese Genehmigung nicht ander-
weitig erfolgt ist, in den Reichshaushaltsetat in der — Einnahme einzustellen
find“. Allgemein schreibt § 10 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der zum
dienstlichen Gebrauche einer Reichsverwaltung bestimmten Gegenstände vom 25. Mai
1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 118) vor, „daß alle Einnahmen aus der Veräußerung
von Grundstücken, Materialien, Utenfilien oder sonstigen Gegenständen, welche sich
im Besitze der Reichsverwaltung befinden, für jedes Jahr veranschlagt und in
den Reichshaushaltsetat gebracht werden müssen“. „Eine Nachweisung der Ueber-
schreitung solcher Einnahme-Etats und der außeretatsmäßigen Einnahmen aus der
Veräußerung der erwähnten Gegenstände ist jedesmal spätestens in dem auf das
Etatsjahr folgenden zweiten Jahre dem Bundesrathe und dem Reichstage zur
nachträglichen Genehmigung vorzulegen.“ 8§ 11 daselbst bestimmt: „Die
Einnahmen aus der Veräußerung der im Besitze der Reichsverwaltung befindlichen
Grundstücke dürfen nur unter Genehmigung des Bundesrathes und des Reichstages
verausgabt werden.“ — Bei dieser Fassung, sowie in Berücksichtigung des Um-
standes, daß die Reichsregierung nur die ihr übertragenen (der König von Preußen
alle ihm nicht entzogenen) Befugnifse hat, ist anzunehmen, daß durch Nichteinstellung
der betreffenden Einnahme bezw. durch Ablehnung der betreffenden Einnahmeposition
ein Veräußerungsverbot ausgesprochen wird. Dieses bewirkt zwar nicht, daß eine
etwaige trotzdem erfolgte Veräußerung nach außen hin ungültig und nichtig ist;
immerhin ist fie unzulässig und verfassungswidrig, was allerdings nicht der Käufer,
wohl aber der Reichstag rügen kann 1. Anerkannt ist, daß zu außeretatsmäßigen
Einnahmen im Reiche die Genehmigung von Bundesrath und Reichstag
erforderlich ist, auch in Art. VII des Gesetzes, betreffend die Geldmittel zur Um-
gestaltung und Ausrüstung von deutschen Festungen, vom 830. Mai 1873 (N.-G.-Bl.
1873, S. 123): „Alle Einnahmen und Ausgaben, welche durch die Umgestaltung
oder Schleifung deutscher Reichsfestungen entstehen, müssen für jedes Jahr ver-
anschlagt und auf den Reichshaushalts-Etat gebracht werden .... (Art. 69 der
Verfassung). Eine Nachweisung der Ueberschreitungen solcher Etats und der außer-
etatsmäßigen Einnahmen ist dem Bundesrathe und dem Reichstage zur nach-
träglichen Genehmigung vorzulegen.
Ein Unterschied zwischen sog. Finanz= und Verwaltungsvermögen besteht dabei
weder im Reiche noch in Preußen. In letzterem darf die Regierung (von gewissen
Eisenbahnen abgesehen) auch sogenanntes Finanzvermögen ohne und gegen den Landtag
veräußern, im Reiche kann der Reichstag durch Absetzung der bezüglichen Einnahme-
pofition sogar die Veräußerung von Verwaltungsvermögen hindern.
Wie ferner in § 18 des preußischen Comptabilitätsgesetzes (sogar in Ein-
schränkung des früheren Rechts) bestimmt und beziehungsweise anerkannt ist, kann
in Preußen durch Königliche Ermächtigung von der Einziehung dem Staate
zustehender Einnahmen abgesehen werden, mögen diese auf Gesetz beruhen oder
nicht. Im Reiche dagegen müssen alle dem Reiche zustehenden Einnahmen,
die auf Gesetz beruhen, auch gemacht werden, wenn nicht der Reichsgesetzgeber aus-
drücklich Ausnahmen zugelassen hat?. Die Bundesstaaten müssen nicht nur bei
eigener Haftung diese Einnahmen erheben, sie dürfen sie sogar, außer wenn ihnen
dies der Reichsgesetzgeber gestattet, nicht einmal dann unerhoben lassen, wenn sie den
Ausfall aus eigenen, sog. privativen Mitteln tragen". Es hängt dies nicht mit
dem Dispensationsrechte zusammen; denn ein solches Dispensationsrecht?
hat der Kaiser so wenig wie der König von Preußen, und doch kann nicht jener,
wohl aber dieser Steuern, Stempel u. s. w. unerhoben lassen und in demselben
1 Vgl. auch Laband, Staatsrecht, II, S. 949, Reiche justehenden Gerichtskosten unten S. 426,
Arndt, Komm. zur Reichsverf., S. 274 . Anm. 1.
2 Siehe Arndt, Komm. zur Preuß. Verf., 4 Siehe oben S. 364.
S. 185, 298 ff. 5 Laband, Staatsrecht, II, S. 982.
2 Siehe oben S. 331 u. 400, wegen der dem