418 Siebentes Buch. Finanzwesen.
Rechnungshofe übertragen worden. Der Rechnungshof prüft nicht bloß die Rech-
nungen bei den Verwaltungen, die das Reich führt, sondern auch bei allen Landes-
behörden, die für Rechnung des Reiches verwalten, also z. B. bei den Behörden,
welche die Reichszölle, Reichssteuern und Reichsstempel erheben, wie bei den Landes-
militärverwaltungen.
Zur Revifion des Rechnungshofes gelangen ferner: 1) die Rechnungen der
Reichsbehörden, Reichsbetriebsanstalten und Reichsinstitute über Naturalien, Vorräthe,
Materialien und überhaupt das gesammte nicht in Geld bestehende Eigenthum des Reiches;
2) die Rechnungen derjenigen Institute, Anstalten, Stiftungen und Fonds, welche
lediglich von Reichsbehörden oder durch von Reichswegen angestellte Beamte, ohne
Concurrenz der Interessenten bei der Rechnungsabnahme und Ouittirung, verwaltet
werden, gleichviel, ob sie Zuschüsse vom Reiche erhalten oder nicht. Inwieweit den
zu 1) bezeichneten Rechnungen die Inventarien beizufügen find oder nur deren
regelmäßige Führung nachzuweisen ist, bleibt der Bestimmung des Rechnungshofes
nach Verschiedenheit der Kassen und Institute vorbehalten (§ 10 des Gesetzes vom
27. März 1872).
Von den in den §§ 9 und 10 (des Gesetzes vom 27. März 1872) bezeichneten
Rechnungen ist der Rechnungshof berechtigt, diejenigen, welche von untergeordneter
Bedeutung sind, innerhalb der bisher bestandenen Grenzen von ihrer regelmäßigen
Prüfung auszuschließen und die Revision sowie die Dechargirung derselben den
Verwaltungsbehörden zu überlassen, darüber bei eintretendem Bedürfniß durch
kaiserliche Verordnung anderweitige Verfügung getroffen wird; der Rechnungshof
soll jedoch von Zeit zu Zeit dergleichen Rechnungen einfordern, um sich zu über-
zeugen, daß die Verwaltung der Fonds, worülber fie geführt werden, vorschrifts-
mäßig erfolge (§ 11 das.). Ein Verzeichniß dieser Rechnungen von untergeordneter
Bedeutung findet sich in den Drucksachen des Reichstages 1877, Nr. 16, S. 26.
Die Revision der Rechnungen ist außer der Rechnungszjustification noch be-
sonders darauf zu richten: a) ob bei der Erwerbung, der Benutzung und der Ver-
äußerung von Reichseigenthum und bei der Erhebung und Verwendung der Reichs-
einkünfte, Abgaben und Steuern nach den bestehenden Gesetzen und Vorschriften,
unter genauer Beachtung der maßgebenden Verwaltungsgrundsätze, verfahren worden
ist ?, b) ob und wo nach den aus den Rechnungen zu beurtheilenden Ergebnissen
der Verwaltung zur Beförderung des Staatszweckes Abänderungen nöthig oder
rathsam find (§ 12 das.).
Der Rechnungshof ist berechtigt, von den Behörden jede bei Prüfung der
Rechnungen und Nachweisungen für erforderlich erachtete Auskunft, sowie die Ein-
sendung der bezüglichen Bücher und Schriftstücke, auch von den Provinzial= und
den denselben untergeordneten Behörden die Einsendung von Acten zu verlangen.
Der Director ist befugt, Bedenken und Erinnerungen gegen die Rechnungen an Ort
und Stelle durch Kommissarien erörtern zu lassen, auch zur Informationseinziehung
über die Einzelheiten der Verwaltung Kommissarien abzuordnen. Ebenso steht ihm
das Recht zu, außerordentliche Kassen= und Magazinrevisionen zu veranlassen
(§ 13 das.). Hier kommen nicht bloß die Reichsbehörden in Betracht, sondern alle
Behörden, welche Reichsgelder verwalten, z. B. die preußischen, sächsischen und
württembergischen Armeebehörden. Da § 3 des Gesetzes vom 4. Juli 1868
(B.-G.-Bl. 1868, S. 433) dem Rechnungshof nur gegenüber den Reichsbehörden
und Reichsbeamten die Befugnisse beilegt, welche der preußischen Ober-Rechnungs-
kammer zustehen, so entsteht die Frage, ob dem Rechnungshofe die im § 13 des
Gesetzes vom 27. März 1872 bezeichneten Rechte auch z. B. gegenüber der preußischen
Armeeverwaltung zustehen. Diese Frage ist mit der Maßgabe zu bejahen, daß sich
1 § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhält= als Eigenthum des Reiches festgestellten Grund-
nisse der zum dienstlichen Gebrauche einer Reichs= besitzes mitzutheilen, guch alljährlich von den
derwaltung bestimmten Gegenstände vom 25. Mai im Grunbbesitz des Reiches stattgehabten Ver-
1873 (K.G.S 1873, S. 113) schreitt in § 13 änderungen Kenntniß zu geben ist.
vor, daß dem Reichstage ein Verzeichniß des