Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 43. Der Inhalt des Etatsgesetzes u. s. w. 423 
abweichende Verechnung der Einnahmen oder Ausgaben kann in den Spezial-Etats 
festgesetzt werden“ (§ 14 des Gesetzes). Diese Vorschrift entspricht der Praxis im 
Neiche. Dort hat stets der Grundsatz gegolten, daß die Einnahmen und Ausgaben 
für dasjenige Etatsjahr zu verrechnen find, „welchem sie ihrem Entstehungsgrunde 
nach angehören" 1. Bereits im Jahre 1871 haben sich die Reichsregierung und der 
Reichstag dahin verständigt, daß bei Aufstellung des Etats hinsichtlich der übertrag- 
baren Titel derselben jedesmal erkennbar gemacht werden muß, wieviel von den 
übertragbaren Fonds in dem Vorjahre wirklich verwandt und wieviel daher von 
demselben für das laufende Jahr noch verfügbar ist?. Bei der Justizverwaltung 
(den Einnahmen, welche das Reich aus den Gerichtskosten hat) ist nicht die Fällig- 
keit, sondern die Eintragung in das Kostenregister maßgebend 2. Andere Ausnahmen 
bestehen im Gebiete der Eisenbahnverwaltung und bei Bauten. Es kommt in allen 
diesen Fällen darauf an, ob eine sog. Restverwaltung oder eine Ausgabe- 
ersparniß vorliegt". In ersterem Falle bleibt das nicht verausgabte Geld noch 
zur Verfügung der Regierung. In letzterem Falle hat fie die Verfügung darüber 
verloren; es fließt in die allgemeine Reichs-(Staats-)Kasse. 
Im Einzelnen bestehen nachfolgende, zunächst durch die Praxis festgestellte 
Vorschriften: 
Durch Beschluß des preußischen Staatsministeriums vom 17. Februar 1889 5 
ist der Begriff einer Restausgabe dahin festgestellt worden, daß eine Restausgabe 
für das Vorjahr nur dann vorliege und mithin die Uebertragung des zu ihrer 
Deckung voraussichtlich erforderlichen Betrages in das folgende Rechnungsjahr (ab- 
gesehen von der Eisenbahnverwaltung) nur dann zulässig sei, wenn die Forderung 
des Gläubigers innerhalb des Vorjahres oder postnumerando am 1. April des 
solgenden Jahres fällig geworden ist. Auf Restfonds dürfen später niemals 
Zahlungen angewiesen werden, welche zur laufenden Verwaltung gehören, 
vielmehr müssen die Restfonds, soweit fie zur Deckung der betreffenden Restzahlungen 
nicht erforderlich gewesen sind, als erspart in Abgang gebracht werden. 
Ausgaben aus Vorjahren find in Ermangelung von Restfonds aus den Mitteln 
der laufenden Verwaltung zu bestreiten. Unvorhergesehene Restausgaben, 
3. B. Rückerstattungen und sonstige extraordinäre Ausgaben, für welche die Mittel 
in den reservirten Restfonds nicht vorhanden find, müssen bei den Fonds der 
laufenden Verwaltung — getrennt von den Ausgaben der letzteren — verrechnet 
werden 3. Ausgaben für solgende Rechnungsjahre find nicht aus den Fonds 
des laufenden Jahres zu bestreiten; müssen sie vor dem Eintritt in das neue Etats- 
jahr geleistet werden, so find sie als Vorschüsse zu buchen?. Keine Zahlung darf 
von der Kasse geleistet werden, wenn diese nicht durch den Etat oder durch ein für 
alle Mal ertheilte Anweisungen oder durch specielle Ausgabeordres dazu ermächtigt 
worden ist. Früher als in den bestimmten Terminen dürfen Zahlungen weder 
ganz noch theilweise geleistet werden. Die Behörden haben dafür zu sorgen, daß 
die Ausgaben in den Fälligkeitsterminen pünktlich geleistet und alle Anforderungen 
an die Kassen für das laufende Jahr vor dem Kassenabschluß derselben befriedigt 
werden, auch die Uebertragung von Resten in das folgende Jahr möglichst ver- 
mieden wird. Remunerationen und ähnliche Bezüge, welche postnumerando zu 
zahlen sind, sollen nicht vor dem letzten Tage des betreffenden Monats verausgabt 
werden 1°. 
Es dürfen keine Ausgaben auf Etatsfonds übernommen werden, für welche 
  
1 Siehe z. B. Erlaß des Marine-Amts vom 25 Minist.-Bl. für die ges. innere Verwaltung 
2. Juli 1891 (Marine-Verordnungsblatt 1891,1889, S. 37. 
S. 157), Hertel, Die Ober-Rechnungskammer, § 24 der Instruction für die Ober- 
Ergänzungsheft S. 152. Rechnungskammer vom 18. Dezember 1824 bei 
* Drucksachen des Reichstages II. Session Hertel, S. 146f. 
1871, Nr. 36. ! Anlage Nr. 161 zu den Verhandlungen 
* Vgl. Gerichtskostengesetz in der Fafsung der des preußischen Abgeordnetenhauses 1877/78. 
Bekanntmachung vom 8 X 1898 (R.-G.-Bl. 6 Hrestrzhe! c. S. 40. 
1899, S. 659 ff., 55 93 ff.). errfurth, Uc. S. 40. 
Siehe auch Laband, II, S. 459. 10 v. Kamptz, Annalen 1835, S. 32. 
 
	        
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