438 Siebentes Buch. Finanzwesen.
23. Mai 1873, R.-G.-Bl. 1873, S. 117). Aus den Erträgen dieses Fonds find
noch die Leistungen zu bestreiten, welche durch die Gesetze 1 vom 4. April 1874
(R.-G.-Bl. 1874, S. 29), § 24, vom 21. April 1886 (R.-G.-Bl. 1886, S. 79),
Art. V und VI, und vom 22. Mai 1893 (R.-G.-Bl. 18983, S. 183), Art. 25, der
Reichskasse erwuchsen.
Die dem Reichs-Invalidenfonds überwiesenen Gelder find zinsbar anzulegen,
und zwar in verzinslichen Schuldverschreibungen, welche auf den Inhaber lauten
oder auf den Inhaber jederzeit umgeschrieben werden können und seitens des Gläubigers
unkündbar sind und entweder 1) mit gesetzlicher Ermächtigung ausgestellte Schuld-
verschreibungen des Reiches oder eines deutschen Bundesstaates find, oder 2) solche,
deren Verzinfung vom Reich oder von einem Bundesstaat gesetzlich garantirt ist,
oder 3) Rentenbriefe der zur Vermittelung der Ablösung von Renten in Deutsch-
land bestehenden Rentenbanken, oder 4) Schuldverschreibungen deutscher communaler
Corporationen (Provinzen, Kreise, Gemeinden u. s. w.), welche einer regelmäßigen
Amortisation unterliegen (§§ 2, 8 des Gesetzes vom 28. Mai 18783). Der Reichs-
Invalidenfonds ist im Gewahrsam und unter gemeinsamem Verschluß der Ver-
waltung des Reichs-Invalidenfonds und der Reichsschuldenkommission zu halten.
Die Zinseinnahmen des Reichs-Invalidensonds müssen für jedes Jahr veranschlagt
und auf den Reichshaushaltsetat gebracht werden (§ 6 des Gesetzes vom 23. Mai
1873). Aus den Einnahmen des Reichs-Invalidenfonds (also den Zinsen der dazu
gehörigen Schuldverschreibungen) sind die auf diesen Fonds ausgewiesenen Ausgaben
und die Kosten der Verwaltung der bezüglichen Pensionen, Penfionszuschüsse und
Bewilligungen zu decken (§ 7). Die Verwaltung liegt einer den Namen „Ver-
waltung des Reichs-Invalidenfonds“ führenden Behörde ob, welche von der
allgemeinen Finanzverwaltung abgesondert und selbstständig ist. Sie untersteht
unbeschadet ihrer Unabhängigkeit (§ 12) der oberen Leitung des Reichskanzlers.
Sie hat ihren Sitz in Berlin. Die Reichsschuldenkommission übt die fortlaufende
Controle über alle der Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds unter eigener Ver-
antwortlichkeit übertragenen Geschäfte. Sie ist befugt, sich jederzeit Ueberzeugung
davon zu verschaffen, in welcher Weise die Capitalien des Reichs-Invalidenfonds.
zinsbar belegt sind. Sie hat das Recht und die Pflicht zur Revision (§ 13). Bei
dem alljährlichen regelmäßigen Zusammentritt des Reichstages erstattet die Reichs-
schuldenkommission Bericht über ihre Thätigkeit, sowie über die Ergebnisse der
Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds in dem verflossenen Jahre. Diesem Bericht
ist eine Bilanz beizufügen, in welcher der zeitige Capitalwerth der dem Fonds ob-
liegenden Verbindlichkeiten angegeben sein muß. Die Rechnungen der Verwaltung
des Reichs-Invalidenfonds werden, nachdem sie von dem Rechnungshof des Deutschen
Reiches revidirt und festgestellt sind, der Reichsschuldenkommission zugestellt, welche
dieselben zu prüfen und demnächst mit ihrem Bericht dem Bundesrath und Reichstag
zur Entlastung zu überreichen hat.
Es war angenommen, daß durch die aus dem Invalidenfonds zu bestreitenden
Ausgaben allmählich nicht nur dessen Zinsen, sondern auch das ganze Capital auf-
gebraucht würde. Wenn nach WegeHeimg)fall aller auf den Reichs-Invalidenfonds
angewiesenen Pensionen, Pensionszuschüsse und Bewilligungen noch etwas übrig
bleiben sollte, so soll darüber durch Reichsgesetz Bestimmung getroffen werden (§ 15).
Damit wird ausgedrückt, daß das Restcapital nicht zu allgemeinen Reichsausgaben
verwendet werden soll.
Auf den Reichs-Invalidenfonds find durch spätere Gesetze noch andere
Leistungen überwiesen worden, nämlich: 1) vom 1. April 1877 ab die Pensionen
und Unterstützungen für Angehörige der vormals schleswig-holsteinischen Armee und
deren Wittwen und Waisen durch Gesetz vom 11. Mai 1877 (R.-G.-Bl. 1877,
S. 495), § 1, Ziff. a; 2) vom gleichen Zeitpunkt ab die der Reichskasse (dem Reichs-
haushalt) zur Last fallenden Pensionen und Pensionserhöhungen für Militär-
personen und Militärbeamte der Landarmee und der Marine, welche durch die
1 Diese Gesetze erhöhten die Invaliden-, Wittwen= und Hinterbliebenen-Entschädigungen.