Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 48. Die Bundesstaaten und das Heer u. s. w. 483 
Die Urtheile der Militärgerichte, mit Ausnahme derer für die Kriegsmarine 
und der Feldgerichte, erfolgen im Namen des Contingentsherrn, dessen Kriegs- 
ministerium die Verwaltung hinsichtlich des betreffenden militärischen Verbandes 
ausübt. Es ist statthaft, daß nach dem Inhalte einer Militärconvention sie auch 
im Namen eines solchen Landesherrn gesprochen werden, der die Militärverwaltung 
abgegeben hat. 
Ebenso ist es statthaft, daß die Landesherren, welche die Militärverwaltung 
an Preußen abgegeben haben, sich besondere Vorbehalte auch in Ansehung der 
Disciplinarstrafgewalt und der militärischen Ehrengerichte ausbedingen. Solche 
Vorschriften finden sich fast in allen Conventionen. So ist z. B. gewöhnlich vor- 
gesehen, daß der Landesherr zu den Truppen seines Contingents in dem Verhältniß 
eines commandirenden Generals steht und als solcher neben den entsprechenden 
Ehrenrechten die Disciplinargewalt ausübt und die hierauf bezüglichen Befehle direkt 
an die Abtheilungs-Commandeure erläßt. 
Die Bundesstaaten haben nach der Reichsverfassung die Militärverwal- 
tung, soweit sie diese nicht an Preußen übertragen haben. Die Aufführung und 
die Reparaturen von Kasernenbauten, der Einkauf von Mehl, Brod, Hafer u. s. w., 
die Auslohnung der Truppen geschehen durch die Landesmilitärverwal- 
tungen. Dieser Zustand rechtfertigt sich schon daraus, daß die Militärverwaltung 
nicht, wie etwa die der Kriegsmarine, Post, Telegraphie, ausdrücklich auf das Reich 
übertragen ist 1. Eine eigene Militärverwaltung haben nur noch Preußen, 
Bayern, Württemberg und Sachsen. Da die Kriegsmarine unmittelbar 
vom Reiche verwaltet wird, gehören die Militär= und Civilbeamten der Kriegs- 
marine mit Einschluß der den Kaiserlichen Schutztruppen zugetheilten Beamten zu 
den unmittelbaren Reichsbeamten 2. Da die Landesbeamten, welche das stehende 
Heer verwalten, nach Vorschrift der Reichsverfassung (Art. 64) den Anordnungen 
des Kaisers Folge zu leisten haben (§ 1 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhält- 
nisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873, R.-G.-Bl. 1873, S. 61), gehören 
alle im Reichsheere dauernd oder auf Zeit angestellten, unter dem preußischen, 
sächsischen und württembergischen Kriegsministerium stehenden Beamten? zu 
den mittelbaren Reichsbeamten. Sie zerfallen in Militär= und Civilbeamte. 
Militärbeamte find solche, die einen Militärrang besitzen (Miltär-Strafgesetzbuch, 
Anlage-Abtheilung B, § 38 A und C des Reichs-Militärgesetzes). Diese gehören zu 
den Militärpersonen und unterstehen der Militärgerichtsbarkeit (§ 39 des Militär- 
Strafgesetzbuchs). Die Civilbeamten der Militärverwaltung unterliegen auch in 
disciplinarrechtlicher Beziehung ausschließlich den Vorschriften des Reichsbeamten- 
Gesetzes. Die preußischen, sächsischen und württembergischen Militärpersonen und 
Militärbeamten sind mittelbare Reichs- und unmittelbare Landes- 
beamte. Das ist unstreitig. Dagegen ist streitig, ob die von Preußen, Sachsen 
und Württemberg zur Verwaltung des Reichsheeres bestellten Behörden nur Landes- 
oder zugleich auch Reichsbehörden sind. Im Sinne des Reichsbeamten-Gesetzes sind 
sie Reichsbehörden; fie sind als solche in der Kaiserlichen Verordnung, betreffend 
die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung des Gesetzes, betreffend die 
Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 61), 
der Verordnung, betreffend die Zuständigkeit der Reichsbehörden zur Ausführung 
des Gesetzes vom 31. März 1878 und die Anstellung der Reichsbeamten, vom 
25. November 1874 (R.--G.-Bl. 1874, S. 135) bezeichnet, und zwar sind dort 
unter den obersten Reichsbehörden unter 3, 4 und 5 das preußische, sächsische und 
württembergische Kriegsministerium aufgeführt; es find dort ferner unter IV A 
Regiments= und Bataillonscommandeure, Gouverneure und Commandanten auf- 
  
  
1 Oben § 28. Südwestafrika und für Kamerun, vom 9. Juni 
* Art. 53 der Reichsverfassung, ferner 8§ 2 1895 (R.-G.-Bl. 1895, S. 258). 
und 3 des **JIrr5½½ betreffend die Kaiserliche 8 Nicht dagegen die bayerischen, da sie 
Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika, vom 22. März den Anordnungen des Kaisers keine Folge ver- 
1891 (X.= G.-Bl. 1891, S. 53) und § 2 des fassungsmäßig zu leisten haben. 
Gesetzes, beetr. die Kaiserlichen Schutztruppen für 
31°
	        
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