490 Achtes Buch. Reichskriegswesen.
deckt. Im Nachtragsprotokoll vom 8. Februar 1867 ist anerkannt, daß die auf
der zweiten Zeile im dritten Absatze des heutigen Art. 64 der Reichsverfassung
eingeschobenen Worte: „oder ohne“, als über die Absicht der Convention hinaus-
gehend, auf das Verhältniß zum Königreich Sachsen keine Anwendung finden!.
Da die Reichsverfassung nicht vorschreibt, daß der Kaiser sächsische Truppen stets ohne
(wie mit) Beförderung in preußische Dienste übernehmen darf, so enthält die Ab-
machung des Schlußprotokolls keine Verfassungsänderung.
Schließlich ist noch zu bemerken, daß die Convention mit Sachsen dem Reichs-
tage des Norddeutschen Bundes zur Kenntniß vorgelegt wurde, ohne auf Wider-
spruch zu stoßen.
In den Conventionen mit Hessen vom 13. Juli 1871, Mecklenburg-
Schwerin vom 24. Juli 1868 bezw. 19. Dezember 1872 und Mecklenburg-=
Strelitz vom 9. November 1867 bezw. 23. Dezember 1872 wird namentlich be-
stimmt, daß die Contingente dieser Staaten in Beziehung auf Commando und
Verwaltung in den Verband der preußischen Armee ausgenommen find. Die
Officiere werden vom Kaiser ernannt und leisten dem Kaiser den Fahneneid; durch
Handgelöbniß — in Hessen durch Revers — verpflichten sie sich, für die Dauer
ihrer Anstellung im Contingent das Wohl und Beste des Großherzogs zu fördern,
Schaden und Nachtheile vom Großherzoge, auch vom Hause und Lande abzuwenden.
Die in der Reichsverfassung den Großherzogen belassenen Rechte bestehen in Bezug
auf das Contingent insoweit fort, als fie nicht durch ausdrückliche Bestimmungen
der Conventionen beschränkt sind. In militärgerichtlicher und disciplinärer Hin-
sicht, bezüglich der Uniform, der Ausrüstung und der äußeren Abzeichen, find den
Großherzogen gewisse Rechte geblieben. Der betreffende Divisionscommandeur ist
zugleich Contingentscommandeur und vermittelt als solcher die Beziehungen zwischen
dem Landesfürsten und dem Contingent. Die Truppentheile, Behörden und Officiere
führen das Prädikat „Großherzoglich". Die Officiere erhalten großherzogliche
Patente neben den preußischen und tragen die Uniformsabzeichen u. s. w. in den
Landesfarben. Da die Ernennung wie Entlassung der Officiere dem Kaiser zusteht,
so bedeuten die großherzoglichen Patente wie die Uniformsabzeichen in der Haupt-
sache nur Ehrungen der Landesherren. Bestimmungen über Kündigung der Con-
ventionen find nicht getroffen. Diese gelten daher, bis sie durch wechsfelseitige Ueber-
einkunft oder durch die Reichsverfassung abgeändert oder aufgehoben werden.
In der Militärconvention zwischen Preußen und Baden vom 25. November
1870 ist bestimmt, daß das badische Contingent zwar ungetrennt bleiben, aber un-
mittelbarer Bestandtheil der preußischen Armee sein soll „in der Art, daß der
König von Preußen als Bundesfeldherr alle Rechte und Pflichten des Contingents-
und Kriegsherrn übernimmt, wogegen das Großherzogthum Baden die dasselbe
jeweils bundesverfassungsmäßig treffende Summe für das Bundes-Landheer der
Königlich Preußischen Kriegsverwaltung für Bundesrechnung zur Verfügung stellt“.
Die Truppentheile führen das Prädikat „Badisch“", die Officiere dagegen, welche
vom Könige von Preußen ernannt werden und diesem den Fahneneid leisten, das
Prädikat „Preußisch". Mittelst Reverses verpflichten sich die Officiere, das Wohl
und Veste des Großherzogs zu fördern, Schaden und Nachtheil vom Großhergog,
seinem Hause und seinem Lande abzuwenden. Sie tragen Schärpe und Portepee in den
Bundes-(Reichs-MFFarben. Die Mannschaften leisten ihrem Landesherrn den Fahneneid,
unter Einschaltung der Verpflichtung zum Gehorsam gegen den Kaiser. An den
Helmen tragen die Angehörigen des badischen Contingents das badische Wappen. Der
Großherzog steht zu den Truppen in dem Verhältniß eines commandirenden Generals.
Ihm steht die freie Verfügung über die im Großherzogthum dislocirten Bundes-
truppen zu Zwecken des inneren Dienstes zu; die Truppencommandeure haben in
dieser Beziehung seinen Befehlen Folge zu geben. Das Contingent ergänzt sich aus
den Wehrpflichtigen des Großherzogthums und soll, um denselben die Ableistung
ihrer Dienstpflicht zu erleichtern, so weit als möglich Garnisonen innerhalb der
Grenzen des Großherzogthums angewiesen erhalten. Ortschaften des Großherzog=
1 Siehe auch oben S. 468.