Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

492 Achtes Buch. Reichskriegswesen. 
23. Juli 1867. Die Wehrpflichtigen aus diesen Städten treten in preußische 
Truppentheile. Den Städten find, soweit nicht militärische oder politische Interessen 
entgegenstehen, preußische Infanteriegarnisonen zugesagt. Die Mannschaften leisten 
dem Senate den Fahneneid. Den Senaten find Ehrenrechte zugesichert; auch steht 
ihnen die Verfügung über die Truppen für den inneren Dienst zu. Die Con- 
ventionen find ohne Zeitbegcenzung abgeschlossen und können nur im beiderseitigen 
Einverständnisse aufgehoben oder abgeändert werden. 
Alle hier erwähnten Conventionen bewegen sich innerhalb des Rahmens der 
Reichsverfassung. Es find einerseits darin Abmachungen hauptsächlich darüber ge- 
troffen, wie der Kaiser sein Dislocationsrecht benutzen will, andererseits enthalten 
sie — von Sachsen abgesehen — Verzichtleistungen der Bundesstaaten auf die Aus- 
übung eines Theils der ihnen in der Verfassung belassenen militärischen Rechte. 
Eine andere rechtliche Bedeutung hat die mit Württemberg abgeschlossene 
Militair-Konvention vom 21./25. November 1870 (B.-G.-Bl. 1870, S 658). In 
der Schlußbestimmung zum XI. Abschnitt von der Reichsverfassung (Reichskriegs- 
wesen) ist nämlich vorgeschrieben: „Die in diesem Abschnitt enthaltenen Vorschriften 
kommen — in Württemberg nach näherer Bestimmung der Militairkonvention vom 
21./25. November 1870 — in Anwendung.“ Diese Militärconvention kommt 
also vor und neben der Reichsverfassung zur Anwendung. Sie kann auch nicht 
durch berderseitige Uebereinkunft, sondern nur durch verfassungsänderndes Gesetz unter 
Zustimmung Württembergs aufgehoben oder geändert werden 1. 
Sie wurde abgeschlossen „in der Absicht, die Bestimmungen der vereinbarten 
Verfassung des Deutschen Bundes (Reichs) über das Bundeskriegswesen den be- 
sonderen Verhältnissen des Königreichs Württemberg anzupassen“, und bestimmt: 
Art. 1: Die Königlich Württembergischen Truppen als Theil des Deutschen Bundes- 
heeres bilden ein in sich geschlossenes Armeekorps . nedbst der entsprechenden Anzahl 
von Ersatz= und Besatzungstruppen nach Preußischen Normen im Falle der Mobil- 
machung oder Kriegsbereitschaft. Art. 3: Die Württembergischen Truppen bilden 
das 14. (jetzt 13.) Deutsche Reichs-Armeekorps mit ihren eigenen Fahnen und 
Feldzeichen die Divisionen, Brigaden, Regimenter und selbstständigen Bataillone 
des Armeekorps und erhalten die entsprechende laufende Nummer in dem Deutschen 
Reichsheere neben der Nummerirung im Königlich Württembergischen Verbande. 
Art. 41: Die Unterstellung der Königlich Württembergischen Truppen unter den 
Oberbefehl .. des Bundesfeldherrn beginnt an einem noch näher zu be- 
stimmenden Tage und wird in den bisherigen Fahneneid in der Weise ausgenommen, 
daß es .. heißt: — „daß ich Seiner Majestät dem Könige (von Württemberg) 
während meiner Dienstzeit als Soldat treu dienen, dem Bundesfeldherrn und den 
Kriegsgesetzen Gehorsam leisten und mich stets als tapferer und ehrliebender Soldat 
verhalten will —". Art. 5 betrifft die Ernennung, Beförderung, Versetzung der 
Officiere und Beamten des württembergischen Armeecorps. „Der König von 
Württemberg genießt als Chef Seiner Truppen die Ihm Allerhöchst zustehenden 
Ehren und Rechte und übt die entsprechenden gerichtsherrlichen Befugnisse sammt 
dem Bestätigungs= und Begnadigungsrecht bei Erkenntnissen gegen Angehörige des 
Armeekorps aus, welche über die Befugnisse des Armeekorps-Kommandanten, beziehungs- 
weise des Königlich Württembergischen Kriegsministeriums hinausgehen.“ Art. 6 
behandelt das Dislocationsrecht des Kaisers. Nach Art. 7 wird der Kaiser sich 
über die Ernennung der Commandanten für die in Württemberg gelegenen festen 
Plätze, sowie über die dem Kaiser zustehende Berechtigung, neue Befestigungen 
innerhalb des Königreichs Württemberg anzulegen, mit dem Könige von Württem- 
berg vorher in Benehmen setzen, ebenso wenn der Kaiser einen von ihm zu 
ernennenden Officier aus dem württembergischen Armeecorps erwählen will. Art. 9 
entspricht der Vorschrift in Art. 63, Abs. 2 der Reichsverfassung. In Folge der 
Inspicirungen bemerkte sachliche und persönliche Mißstände wird der Kaiser dem 
Könige von Württemberg mittheilen, welcher seinerseits dieselben abstellen und von 
  
  
  
1 Es ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß der 
König von Württember) auf ihm zustehende 
Rechte im gegebenen Falle verzichtet, wie dies 
bezüglich Ulms geschehen ist; s. unten S. 501 f. 
vgl. auch ust Comm., S. 381. 
 
	        
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