Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

§ 51. Der Militärdienst. 529 
Seemännische und halbseemännische Bevölkerung. 
Die seemännische Bevölkerung des Reichs ist nur der Aushebung für die 
Marine unterworfen (Reichsverfassung Art. 53, Abs. 4). Sie ist nach der an- 
gezogenen Verfassungsvorschrift vom Dienste im Landheere befreit. Die Verfassung 
verbietet aber nicht, daß die nichtseemännische Bevölkerung zum Marinedienst 
herangezogen werde !1. Der Gegenstand ist nunmehr durch Art. II, § 1, Abf. 3, 
Satz 2 des Gesetzes, betreffend die Ersatzvertheilung, vom 26. Mai 1893 (R.-G.-Bl. 
1893, S. 185) dahin geregelt, daß „beim Mangel an Ersatzmannschaften der see- 
männischen Bevölkerung der Bedarf durch Hinübergreifen auf geeignete Militär- 
pflichtige der Landbevölkerung unter Zurechnung zu den für das Landheer auf- 
zubringenden Rekruten gedeckt (wird)“. Zur seemännischen Bevölkerung find zu 
rechnen (Gesetz, betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 9. November 1867, 
Wehrordnung Abschnitt II, § 24): a) Seeleute von Beruf, d. h. Leute, welche 
mindestens ein Jahr auf deutschen See-, Küsten= oder Hafffahrzeugen gefahren find; 
b) See-, Küsten= und Haffschiffer, welche die Fischerei mindestens ein Jahr gewerbs- 
mäßig betrieben haben; c) Schiffszimmerleute, welche zur See gefahren find; 
d) Maschinisten, Maschinistengehülfen und Heizer von See= und Flußdampfern. 
Der weitere Bedarf der Marine an Seeleuten wird aus der halbseemännischen 
Bevölkerung gedeckt. Dazu find zu rechnen: a) Seeleute, welche als solche auf 
deutschen oder außerdeutschen Fahrzeugen mindestens zwölf Wochen gefahren find; 
b) See-, Küsten= und Hafffischer, welche die Fischerei zwar weniger als ein Jahr, 
aber gewerbsmäßig betreiben. 
Freiwilliger Eintritltt. 
Jedem jungen Manne, der die nöthige moralische und körperliche Befähigung 
hat, steht es frei, schon nach vollendetem 17. Lebensjahre freiwillig zum activen 
Dienst im Heere oder in der Marine einzutreten (Kriegsdienstgesetz S 10). Wehr- 
pflichtige der seemännischen Bevölkerung dürfen nur in die Marine freiwillig ein- 
treten. Wehrpflichtige, welche freiwillig in das Heer oder die Marine eintreten, 
find d hung nicht mehr unterworfen (Gesetz vom 11. Februar 1888, 
rt. II, § 10).: 
Meldepflichts. 
Nach Beginn der Militärpflicht müssen sich die Wehrpflichtigen zur Aufnahme 
in die Rekrutirungsstammrolle anmelden (Meldepflicht, Reichs-Militärgesetz § 81). 
Diese Meldung muß in der Zeit vom 15. Januar bis zum 1. Februar erfolgen ?. 
Sie erfolgt bei der Ortsbehörde desjenigen Ortes, an welchem der Militärpflichtige 
seinen dauernden Wohnsitz hat. Als solcher ist anzusehen: a) für Dienstboten, 
Haus= und Wirthschaftsbeamte, Handlungsdiener, Handwerksgesellen, Lehrlinge und 
andere in einem ähnlichen Verhältniß Stehende der Ort, an welchem fie in der 
Lehre, im Dienst oder in der Arbeit stehen"; b) für Studirende, Schüler u. s. w. 
der Ort, an welchem sich die Lehranstalt befindet, sofern sie auch an diesem Orte 
wohnen. Hat der Militärpflichtige keinen dauernden Aufenthalt, so meldet er sich 
bei der Ortsbehörde seines Wohnsitzes (Kriegsdienstgesetz § 17, Gesetz vom 6. Mai 
1880, Art. II, § 12). Wer innerhalb des Deutschen Reichs weder einen dauernden 
Aufenthaltsort noch einen Wohnsitz hat, meldet sich in seinem Geburtsort zur 
Stammrolle und, wenn der Geburtsort im Auslande liegt, an demjenigen Orte, 
  
1 Siehe Arndt, Komm., S. 227; anderer in das militärpflichtige Alter ihre Zurückstellun 
Ansicht Seydel, Comm., 1. Aufl., S. 217. von der Aushebung zu beantragen und fin 
* Wehrordnung, Abschn. III, § 25. alsdann von der Anmeldung zur Rekrutirungs- 
2. Wehrpflichtige, welche im Besitz des Be= stammrolle entbunden. ç 
rechtigungsscheines zum einjährig freiwilligen 4 Fabrikarbeiter, welche außerhalb ihres 
Dienst oder des Befähigungszeugnisses zum See-Wohnortes beschäftigt werden, find am Wohn- 
steuermanne sich befinden, haben beim Eintritt rte, nicht am Beschäftigungsorte meldepflichtig. 
Ar###t, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. 34
	        
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