532 Achtes Buch. Reichskriegswesen.
Rekrutenantheil nicht aufzubringen vermögen, auch seitens des ständigen militärischen
Mitgliedes.
Militärpflichtige, welche zu Zuchthausstrafe verurtheilt find, oder gegen welche
auf dauernde Unfähigkeit zum Dienst in dem Heere und der Marine erkannt ist,
werden vom Dienst im Heere und in der Marine ausgeschlossen (Militär-
Strafgesetzbuch §§ 31 und 34). Militärpflichtige, welche sich auch noch in ihrem
fünften Militärpflichtjahre nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden,
sind gleichfalls vom Dienste auszuschließen l. Die Ausschließung erfolgt durch Er-
theilung eines Ausschlußscheins.
Militärpflichtige, welche wegen körperlicher oder geistiger Gebrechen sowohl zum
Dienst mit der Waffe als auch zu einem ihrem bürgerlichen Beruf entsprechenden
Dienst ohne Waffe dauernd untauglich befunden werden, find auszumustern.
Durch Ertheilung des Ausmusterungsscheines find sie vom Dienst im Heere, im
Landsturm und in der Marine befreit (Reichs-Militärgesetz vom 2. Mai 1874, | 5,
Gesetz, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vom 9. November 1867, § 1,
Gesetz, betreffend Aenderungen der Wehrpflicht, vom 11. Februar 1888, Art. II,
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Dem Landsturm ersten Aufgebots find zu überweisen: a) Militär-
pflichtige, welche mit solchen unheilbaren, d. i. bleibenden körperlichen Gebrechen
behaftet sind, welche die Heranziehung zum Dienst im stehenden Heere und in der
stehenden Marine, sowie in der Ersatzreserve zwar ausschließen, eine Verwendung
im Landsturm zum Dienst mit oder? ohne Waffe aber noch zulassen (Gesetz vom
11. Februar 1888, Art. II, § 19, Reichs-Militärgesetz § 16, Gesetz, betreffend die
Verpflichtung zum Kriegsdienste, § 1); b) Militärpflichtige, welche wegen zeitiger
Untauglichkeit zurückgestellt find und auch in ihrem dritten Militärjahre nur be-
dingt tauglich oder noch zeitig untauglich befunden werden und auch muthmaßlich
dem Dienste der Ersatzreserve nicht gewachsen find (Gesetz vom 11. Februar 1888,
Art. II. §§ 9 und 19, Reichs-Militärgesetz § 17); c) Militärpflichtige in Berück-
sichtigung besonderer bürgerlicher Verhältnisse (Gesetz vom 11. Febr. 1888, Art. 11,
§ 19, Reichs-Militärgesetz § 21); d) Militärpflichtige, welche bei der Ersatzreserde
überschüssig sein werden (Gesetz vom 11. Februar 1888, Art. II, § 9).
Die Ueberweisung zum Landsturm ersten Aufgebots erfolgt durch Ertheilung
eines Landsturmscheins.
Der Ersatzreserve bezw. der Marine-Ersatzreserve find in erster Linie die-
jenigen Personen zu überweisen, welche zum Dienst im stehenden Heere tauglich be-
funden, aber als „Ueberzählige“ bis zu dem auf das dritte Militärpflichtjahr
folgenden 1. Februar nicht zur Einstellung gelangt find“. Die Ueberweisung erfolgt
an diesem Zeitpunkt ohne Weiteres. Der etwaige weitere Bedarf an Ersatzreservisten
ist in nachstehender Reihenfolge zu entnehmen: a) aus der Zahl der Diensttaug-
lichen, welche aus besonderen bürgerlichen Verhältnissen zurückgestellt find, b) aus
Denen, welche wegen geringer körperlicher Fehler nur bedingt tauglich befunden
werden, und c) aus Denen, welche wegen zeitiger Dienstuntauglichkeit zurückgestellt
worden find. Die Ueberweisung zur Ersatzreserve erfolgt durch Ertheilung eines
Ersatzreservepasses. Die heutige Gestaltung der Ersatzreferve beruht auf dem Gesetze
vom 11. Februar 1888. Dieses beseitigte die bis dahin bestandene Eintheilung der
Ersatzreserve in zwei Klassen. Die Mannschaften der Ersatzreserve werden nach
diesem Gesetze auch im Frieden zu Uebungen einberufen und gehören dem Be-
urlaubtenstande an. Die Ersatzreservepflicht ist eine eventuelle Dienstpflicht. Die
Ersatzreserve dient zur Ergänzung des Heeres in Mobilmachungsfällen (8§ 8, 9, 22
des genannten Gesetzes) .
Ueber Militärpflichtige, welche ihren dauernden Aufenthalt im Aus-
lande haben, darf ohne deren persönliches Erscheinen durch die Ober-Ersatzkommission
1 Siehe auch § 37 des Strafgesetzbuchs fürf # Es entscheiden hierbei Alter, Abkömmlich-
das Deutsche Reich rücksichtlich Deutscher, die im keit, bessere Diensttauglichkeit.
Auslande verurtheilt sind. 4 Wehrordnung § 40.
2 Welche ihrem bürgerlichen Berufe ent- 5 Siehe auch weiter unten.
spricht, z. B. als Apotheker, Handwerker.