554 Achtes Buch. Reichskriegswesen.
Officiere, die verabschiedet find, sowie solche, die mit schlichtem Abschied entlassen
oder aus dem Officiersstand entfernt werden, find von der Dienstpflicht entbunden.
Mittelbar besteht eine solche Verpflichtung indeß für die mit Pension verabschiedeten
Officiere. Das Recht auf Bezug der Pension ruht nämlich mit der Wieder-
einstellung in den activen Dienst (Gesetz vom 27. Juni 1871, § 33b; fiehe auch
§ 384), woraus folgt, daß alle pensionirten Officiere ihre Penfsion verlieren, wenn
sie im activen Militärdienst wieder angestellt werden; selbstredend können sie aber
auch das Activitätsgehalt nicht beziehen, wenn sie den Dienst nicht übernehmen.
Es ist selbstredend, daß zur Disposition gestellte und verabschiedete Officiere nur
in Nothfällen und nur, soweit es ihre Gesundheit gestattet, reactivirt werden können.
Doch haben hierüber nicht sie selbst, sondern nur die Dienstvorgesetzten zu ent-
scheiden. Verabschiedete Officiere müssen ihren Wohnsitz dem Generalcommando an-
zeigen, zur Disposition gestellte Officiere find in Bezug auf An= und Abmeldung
überhaupt den Officieren des Beurlaubtenstandes gleichgestellt 1. Eine besondere
Entlassungsurkunde erhalten Officiere z. D. nicht.
Weiter, als im Vorstehenden bezeichnet ist, finden die Militärgesetze und mili-
tärischen Vorschriften auf die zur Disposition gestellten Officiere nicht Anwendung;
sie gehören nicht zum „activen Heer“, fie sind „aus dem Dienste geschieden“ 7.
Daher find fsie von dem Dienste als Geschworene oder Schöffen nicht befreit, von
dem nach dem Gerichtsverfassungsgesetz 5 34, Ziff. 9 und bezw. § 85, Absatz 2
„dem activen Dienste angehörende Militärpersonen“ befreit find. Auch stehen ihnen
die Steuerprivilegien nicht zu, welche active Militärpersonen genießen. Dies ent-
spricht der Praxis und findet seine Begründung, abgesehen von dem Wortlaute
„activ“, auch in § 38 des Reichs-Militärgesetzes, der nur die Officiere „vom Tage
ihrer Anstellung bis zum Zeitpunkte ihrer Entlassung aus dem Dienste“ und die aus
dem Beurlaubtenstande (V. Abschnitt) zum Dienst einberufenen Officiere, Aerzte u. s. w.
zum activen Heere rechnet 5.
Der Officier kann auch nicht etwa wie ein Reichsbeamter unter Verzicht auf
die Competenzen seines Amts seine Entlassung" fordern, und zwar jederzeit, auch
während eines straf= und disciplinargerichtlichen Verfahrens. Diese muß dem
Beamten ertheilt werden, sobald er seine amtlichen Geschäfte erledigt hat. Dem
Officier kann sie nach Ermessen und Willen des Kriegsherrn vorenthalten werden.
Hat der Officier seine gesetzliche Dienstpflicht noch nicht erfüllt, so kann er über-
haupt nicht verabschiedet, sondern nur zu den Officieren des Beurlaubtenstandes
versetzt werden.
Gegen Officiere muß auf Entfernung aus dem Heere erkannt werden
(Militär-Strafgesetzbuch § 31, Abs. 2): „1) neben Zuchthaus oder dem Verluste
der bürgerlichen Ehrenrechte ohne Rücksicht auf die Dauer derselben; 2) wo gegen
Unteroffiziere oder Gemeine die Versetzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes
geboten ist““. „Die Entfernung aus dem Heer oder der Marine hat“ — § 32
das. — „1) den Verlust der Dienststelle und der damit verbundenen Auszeichnungen,
sowie aller durch den Militärdienst erworbenen Ansprüche, soweit dieselben durch
Richterspruch aberkannt werden können, 2) den dauernden Verlust der Orden und
Ehrenzeichen, 3) die Unfähigkeit zum Wiedereintritte in das Heer und in die Marine
von Rechtswegen zur Folge.“ § 33 das.: „Gegen pensionirte Offiziere ist statt
— —— — — — — — —
1 Siehe oben S. 539 f. 5 § 100 daf.
2 Der gleichen Ansicht das preußische Kriegs- * Militär-Strafgesetzbuch § 37: „Auf Ver-
ministerium im Erlaß vom 25. Febr. 1884, mitge= setzung in die zweite Klasse des Soldatenstandes
theilt bei Solms, Wehrordnung, 1885, S. 250: muß erkannt werden neben dem Verluste der
entgegengesetzter Ansicht Hecker, in v. Stengel's bürgerlichen Ehrenrechte, wenn die Dauer dieses
Wörterbuch, 11, S. 128, Laband, II, S. 665, Verlustes nicht drei Jahre übersteigt. — Auf
G. Meyer, Verwaltungerecht, 1I, S. 116, H. Versetzung in die zweite Klasse des Soldaten-
Schusge: Staatsrecht, II, S. 300. standes kann erkannt werden: 1) im wieder-
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ehe auch Kriegsdienstgesetz 88 2, 8, 12, holten Rückfalle, 2) wenn die Verurtheilung
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CStehessdesGesetzes,betr.dteRechts-preung,Hehletei,Betrugesodekllrtuudeas
verhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März sälschung erfolgt, auch wenn der Verlust der
1873 (R.-G.-Bl. 1873, S. 61), § 33. bürgerlichen Ehrenrechte nicht eintritt.“