8 59. Die Rechtsverhältniffse der Reichsbeamten. 669
Günstigere Vorschriften bestehen in den Fällen, wo die Erwerbsunfähigkeit
Folge eines Betriebsunfalles ist. Hier kommt das Gesetz, betreffend die Fürsorge
für Beamte und Personen des Soldatenstandes in Folge von Betriebsunfällen, vom
15. März 1886 (R.-G.-Bl. 1886, S. 53) zur Anwendung, dessen wesentlicher In-
halt bereits oben S. 596 mitgetheilt ist.
Besteht in den vorbesprochenen Fällen ein Rechtsanspruch auf Penfion, so
handelt es sich in den folgenden nur um ein Gnadenrecht der Verwaltung:
Die unter dem Vorbehalte des Widerrufs oder der Kündigung angestellten Beamten
haben einen Anspruch auf Penfion nur dann, wenn sie eine in dem Besoldungsetat
aufgeführte Stelle bekleiden ; es kann ihnen jedoch, wenn sie eine solche Stelle
nicht bekleiden, bei ihrer Versetzung in den Ruhestand durch die oberste Reichsbehörde
und nach deren alleinigem Ermessen eine Penfion bis auf die Höhe der durch dieses
Gesetz bestimmten Sätze bewilligt werden (§ 37).
Wird ein Beamter vor Ablauf von zehn Dienstjahren und nicht in Folge eines
Betriebsunfalles im Dienste oder bei Ausübung oder aus Veranlassung des Dienstes
dauernd dienstunfähig, so kann ihm bei vorhandener Bedürftigkeit durch Beschluß
des Bundesrathes eine Pension (bis zur Höhe von fünfzehn Sechzigsteln) # entweder auf
bestimmte Zeit oder lebenslänglich bewilligt werden (§ 39).
Die Pension beträgt, wenn die Versetzung in den Ruhestand nach vollendetem"
zehnten, jedoch vor vollendetem elften Dienstjahre eintritt, fünfzehn Sechzigstel und
steigt von da ab mit jedem weiter zurückgelegten Dienstjahre um ein Sechzigstel
des pensionsfähigen Diensteinkommens bis zum Hoöchstbetrage von fünfundvierzig
Sechzigsteln. Ueberschießende Thalerbrüche werden auf volle Thaler nach oben ab-
gerundet? (§ 41).
Der Berechnung der Pension wird das von dem Beamten (bis zu der bekannt
gegebenen Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand) zuletzt bezogene Dienst-
einkommen, soweit es nicht zur Bestreitung von Repräsentations= oder Dienst-
aufwandskosten gewährt wird, nach näherer Vorschrift in § 42 des Gesetzes zu
Grunde gelegt. Insbesondere werden schwankende Diensteinkommen nach dem
Durchschnitte der letzten drei Jahre berechnet, bleiben bloß zufällige Diensteinkünfte
wie widerrufliche Tantisèmen, Kommissionsgebühren, außerordentliche Remunerationen,
Gratificationen, Orts= und Stellenzulagen, nicht zur Berechuung, wird freie Dienst-
wohnung, sowie die anstatt freier Wohnung gewährte Miethsentschädigung stets mit
dem Durchschnittsbetrage des Wohnungsgeldzuschusses berechnet, soll von dem Be-
trage, um den das ermittelte pensionsfähige Einkommen 12 000 Mark übersteigt,
nur die Hälfte in Anrechnung gebracht werden.
Die Penfion für die einstweilen in den Ruhestand versetzten Beamten wird von
dem zur Zeit ihrer Versetzung in den Ruhestand bezogenen gesammten Diensteinkommen
berechnet . Ueber alle auf die Bemessung der Pension Bezug habenden Fragen ist
der Rechtsweg offen 7.
Bei einem Beamten, welcher früher ein mit einem höheren Diensteinkommen
verbundenes Amt bekleidet und dieses Einkommen wenigsteus ein Jahr lang be-
zogen hat', soll die Pension nach dem höheren Einkommen berechnet werden, wenn
1 Ueber diesen Begriff f. oben S. 240 f.
2 Und demgemäß Gehalt und Wohnungs-
geldzuschuß beziehen (vgl. Reichs-Centralbl. 1882,
. 123, Min.-Bl. für die gese innere Verwal-
tung 1882, S. 225, 261, 1883, S. 5, 1884,
S. 48). Ob die Stelle im Besoldungsetat auf-
geführt ist, kann im Rechtswege geprüft werden
(Erk. des Reichsgerichts vom 27. Mai 1881 in
Gruchot's Beiträgen, Bd. XXVI, S. 1115).
2 & 41, Abs. 3 des Gesetzes.
4* Es kommen also nur bis auf den letzten
Tag vollendete Dienstjahre in Ansat.
S And dann in Mark umgerechnet, Pieper,
Diese vom Reichstage hinzugefügte Schluß-
daß auch der Wartegeldempfänger, wenn er
dienstunfähig wird oder das 65. Lebensjahr voll-
endet hat, seine Pensionirung verlangen, an-
dererseits aber auch die Reichsregierung in solchem
Falle dessen Pensionirung herbeiführen kann und
sodann, daß bei Berechnung der Pension einer-
seits nicht das Warkegeld, ondern das Dienst-
einkommen zu Grunde zu legen ist, welches bei
Bestimmung des Wartegeldes maßgebend war
(§ 26), also unter Ausschluß aller während der
Wartegeldzeit der früheren Amtsstellung etwa
zugeflossenen Besoldungserhöhungen (Sten. Ber.
S. 185, 186, 914).
7 S. weiter unten. Z
8 Und außerdem ein Amt bis zur Pensionirung
bestimmung soll klarstellen (ieper S. 155),/ geführt hat.