Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

672 Neuntes Buch. Die Reichsbeamten und die Reichsbehörden. 
insoweit diese Beschäftigung vor Erlangung der Anstellung in einem Reichs= oder 
unmittelbaren Staatsamte herkömmlich war #. 
Ueber die Frage der Dienstunfähigkeit und ihres Beginnes entscheidet die 
oberste Reichsbehörde oder die höhere Behörde, welcher von dieser die Befugniß dazu 
übertragen ist. Bei den Beamten, welche eine Kaiserliche Bestallung? erhalten 
haben, ist die Genehmigung des Kaisers zur Versetzung in den Ruhestand — nicht 
zur Festsetzung der Pension — erforderlich (§ 54). 
Das Activitätsgehalt hört auf und die Penfion beginnt — wenn nicht auf 
Antrag des Beamten ein früherer Zeitpunkt festgesetzt ist — mit dem Ablauf des 
Vierteljahres, welches auf den Monat folgt, in welchem dem Beamten die Ent- 
scheidung über seine Versetzung in den Ruhestand und die Höhe der ihm zustehenden 
Pension bekannt gemacht worden ist (§ 55). Die Pensionen werden monatlich im 
Voraus gezahlt (§ 56). 
Der Pensionär ist frei von jeder Dienstpflicht; ob er im Reichsdienste oder 
sonst eine Wiederbeschäftigung annimmt, hängt von seinem freien Willen ab. 
Nimmt er sie an, so bedarf es keiner neuen Anstellung. Dem Disciplinarverfahren 
unterliegt er nach Reichsrecht nicht. Selbst durch strafgerichtliches Urtheil kann er 
nicht die Pension, sondern nur das Recht auf Titel, Rang, Orden und Ehrenzeichen 
verlieren. 
Das Recht auf den Bezug der Pension? ruht: 1) wenn ein Pensionär das 
deutsche Indigenat verliert, bis zur etwaigen Wiedererlangung desselben"; 2) wenn 
und solange ein Pensionär im Reichs= 5 oder im Staatsdienste* ein Dienst- 
einkommen bezieht, insoweit, als der Betrag dieses neuen Diensteinkommens unter 
Hinzurechnung der Penfion den Betrag des von dem Beamten vor der Penfionirung 
bezogenen Diensteinkommens" übersteigt (§ 57). Erdient ein Pensionär, welcher 
in eine an sich zur Penfion berechtigende Stellung des Staatsdienstes eingetreten 
ist, in dieser Stellung eine Pension, so findet neben derselben der Fortbezug der auf 
Grund dieses Gesetzes gewährten Pension nur in dem durch §57, Nr. 27 begrenzten 
Umfange statt (§ 59). 
Versorgung von Wittwen und Waisen der Reichsbeamten. 
Für die Versorgung der Wittwen und Waisen gilt das Gesetz, betreffend die 
Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, 
vom 20. April 1881 (R.-G.-Bl. 1881, S. 85). Das Gesetz ist bezüglich der 
Pflicht zur Entrichtung der Wittwen= und Weaisengeldbeiträge durch das Gesetz, 
betreffend den Erlaß der Wittwen= und Waisengeldbeiträge von Angehörigen der 
Reichs-Civilverwaltung, des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 5. März 
1888 (R.-G.-Bl. 1888, S. 65) dahin geändert, daß diese Pflicht beseitigt ist. 
Für die Hinterbliebenen der seit dem 1. April 1897 Verstorbenen gilt daneben das 
Gesetz wegen anderweiter Bemessung der Wittwen= und Waisengelder vom. 17. Mai 
1897 (R.-G.-Bl. 1897, S. 455) 58. Diese Gesetze versorgen nur Hinterbliebene 
solcher Beamten der Civilverwaltung, welche Diensteinkommen oder Wartegeld aus 
der Reichskasse beziehen und welchen beim Eintritt der Voraussetzungen der Ver- 
setzung in den Ruhestand nach erforderlicher Dienstzeit Pension aus der Reichskasse 
gebühren würde, sowie in den Ruhestand versetzter Beamten der Civilverwaltung, 
  
1 Val. Pieper S. 183. Z des Repräsentations= und des sonstigen Dienst- 
2 Nicht bloß einen Charakter (Titel). aufwandes bestimmt find oder waren, auch 
* Sowohl die auf Grund Rechtsanspruchs Orts-= und Ernennungszulagen; vgl. Erk. des 
Elangten wie gnadenweise bewilligten (§§ 37, Reichsgerichts vom 11., Funk 1885 in Gruchot's 
Satz 2, 39, 68, 75, letzter Absatz). Beiträgen, Bd. XIX, S. 953, sowie Min.-Bl. 
* IIn Unterschiede vom Wartegeldempfänger f. die ges. innere Verwaltung 1877, S. 67, 1876, 
kann der Pensionär auch im Ausland seinenS. 239, 1885, S. 165. 
Wohnsitz nehmen. .. 7! Oben S. 668 ff. 
6* Nicht im Kommunal= oder Privatdienste. *# Eingeführt durch Kaiserliche Verordnung 
*Bei der Gegenüberstellung des neuen und vom 26. Vuli 1897 (R.-G.-Bl. 1897, S. 613) 
alten Diensseinkommens scheiden auf beiden auch für die Reichsbeamten. 
Seiten die Bezüge aus, welche zur Bestreitung 
 
	        
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