Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

8 64. Kousularrecht. 729 
Matrikelführung. 
§l12, Abs. 1 des Konsulatsgesetzes bestimmt: „Jeder Reichskonsul hat über die in 
seinem Amtsbezirke wohnenden und zu diesem Behufe (d. h. zur Eintragung in die 
Matrikel) bei ihm angemeldeten Reichsangehörigen eine Matrikel zu führen.“ Die 
Eintragung, so lange sie dauert, hat zur Wirkung, daß dem Eingetragenen sein 
heimathliches Staatsbürgerrecht erhalten bleibt, „auch wenn dessen Verlust lediglich 
in Folge des Aufenthalts in der Fremde eintreten würde“ 1. Eine allgemeine Ver- 
pflichtung für Reichsangehörige, sich beim Konsul zur Eintragung in die Matrikel 
anzumelden, besteht nicht; auch ist diese Eintragung nicht Voraussetzung des An- 
spruchs auf konsularischen Schutz'; jedoch find in den ostafiatischen, türkischen und 
polynefischen Staaten die Reichsangehörigen binnen drei Monaten die Eintragung 
zu bewirken verpflichtet 5W, wenn sie Anspruch auf den konsularischen Schutz machen 
wollen". Die Eintragung in die Matrikel erstreckt sich auch auf die Ehefrau und 
diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Eingetragenen kraft elterlicher 
Gewalt zusteht 5. Auf Erfordern ist über die Eintragung ein Schein (Schutzschein) 
auszustellen, der ebenso wie die Eintragung in die Matrikel alljährlich zu erneuern 
ist“. Löschung in der Matrikel erfolgt aber nicht schon, wenn der Antrag auf Er- 
neuerung des Matrikelscheins nach Ablauf des Kalenderjahres unterbleibt 7, sondern 
erst durch Tod, dauerndes Verlassen des Bezirks, Verlust der Reichsangehörigkeit, 
in den türkischen Staaten durch Uebertritt zum Islam, bei den Schutzgenossen?, 
a) wenn ihr Heimathsstaat ein eigenes Konsulat errichtet, b) wenn eine Schutz- 
genossin die Ehe mit einem nicht zu Schutzgenossen gehörigen Ehemann abschließt, 
c) in Folge von Verbrechen, Vergehen, wiederholter Nichterfüllung der Pflichten 
gegen die Schutzbehörde oder aus anderen Gründen, welche den Schutzbefohlenen als 
des Schutzes unwürdig erscheinen lassen . 
  
Standesamtliche Geschäfte. 
Nach § 1 des Gesetzes, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des 
Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (B.-G.-Bl. 
1870, S. 599), welches als Reichsgesetz im ganzen Reichsgebiete gilt, kann der 
Reichskanzler einem Reichskonful für dessen Amtsbezirk die Ermächtigung 10 ertheilen, 
bürgerlich gültige Eheschließungen von Reichsangehörigen vorzunehmen und die 
Geburten, Heirathen und Sterbefälle von Reichsangehörigen zu beurkunden. Solche 
Ermächtigungen find ertheilt für Spanien und die spanischen Kolonien, Serbien, 
Griechenland, Portugal und dessen Kolonien, Rumänien, Türkei, Egypten und Bul- 
garien, Tunis, Brasilien, Centralamerika, Columbia, Peru, Ecuador, Bolivia, 
Argentinien, San Domingo, China, Japan, Siam, Marokko, Zanzibar, Samoa und 
Tonga, Korea, Paraguay, Persien, Südafrikanische Republik, Italien 11. Die Er- 
mächtigung hat die Wirkung, daß, wenn unter Beobachtung der reichsgesetzlichen 
Vorschriften, namentlich des angezogenen Gesetzes vom 4. Mai 1870 und Art. 40 
des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, die Eheschließung und die 
Beurkundung des Personenstandes erfolgt find, das Deutsche Reich diese als rechts- 
  
1 S. auch Gesetz über die Erwerbung und 1. Mai 1872, §5 7. · 
den Verlust der Bundes= und Staatsangehörig- * Verordnung vom 1. Mai 1872, 8§ 8 bis 
keit vom 1. Juni 1870 (B.-G.-Bl. 1870, S. 355),10, 20. 
§ 21, ferner oben S. 641. 7 Verfügung des Reichskanzlers vom 5. Nov. 
* Verordnung vom 1. Mai 1872, § 23. 1872, bei v. König, S. 112 ff. 
* Verordnung vom 1. Mai 1872, §5, Zorn, s S. weiter unten. 
II, S. 469. ° Verordnung vom 1. Mai 1872, 8§ 18, 19, 
* Vgl. v. König, S. 106. Ein unmittel= Zorn, I, S. 470. 
barer Zwang zur Meldung findet also auchlo Die Ermächtigung liegt nicht schon in der 
dort nicht statt (Erlaß des Kanzlers vom Ernennung zum Konsul, sondern muß aus- 
5. November 1872 bei v. König, S. 104). drücklich ertheilt werden. Sie wird im Central= 
*s Val. Art. 41, IV des Einführungsgesetzes blatt für das Deutsche Reich bekannt gemacht. 
zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Verordnung vom 11 Zorn, Staatsrecht, II, S. 473. 
 
	        
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