734 Zehntes Buch. Answärtige Verwaltung.
anderen Gründen geboten erscheint, sich anzunehmen; sie find hierbei insbesondere
ermächtigt, den Nachlaß zu verfiegeln und zu inventarifiren, den beweglichen
Nachlaß, wenn die Umstände es erfordern, in Verwahrung zu nehmen und öffentlich
zu verkaufen, sowie die vorhandenen Gelder zur Tilgung der feststehenden Schulden
zu verwenden. Während das Deutsche Reich seinerseits den Konsuln fremder
Mächte in seinem Gebiete diese Befugnisse in der Regel versagt!, gestatten seinen
Konsuln solche Befugnisse u. A. Argentinien, China, die niederländischen Kolonien,
Persien, San Salvador, Italien, Spanien, Rußland, Türkei, Braßilien, Griechen-
land, Serbien, Uruguay, Paraguay, Chile, die Südafrikanische Republik, Zanzibar,
Guatemala, Honduras?. .
Andere Amtspflichten.
Die Konsuln haben sich mit Rath aller Reichsangehörigen und Schutzgenossen
in deren Angelegenheiten anzunehmen, deren und des Reiches Interessen zu ver-
treten (§ 11 des Gesetzes). Bei Rechtsstreitigkeiten der Reichsangehörigen unter
sich und mit Fremden sind fie berufen, nicht allein auf Antrag der Parteien den
Abschluß von Verträgen zu vermitteln, sondern auch das Schiedsrichteramt zu über-
nehmen, wenn sie in der durch die Ortsgesetze vorgeschriebenen Form von den
Parteien zu Schiedsrichtern ernannt werden (§ 21). Sie sind nach § 25 ferner
befugt, den in ihrem Amtsbezirk sich aufhaltenden Reichsangehörigen Pässe aus-
zustellen, sowie Pässe zu visiren, die Pässe, welche von fremden Behörden ausgestellt
sind, aber nur zum Zweck des Eintritts in das Reichsgebiet (§ 25 des Konsulats-
gesetzes, § 6, Ziff. 1 des Gesetzes über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867,
B.-G.-Bl. 1867, S. 33). Pässe sollen ertheilt werden (§ 1, Abs. 2 des Gesetzes
über das Paßwesen), wenn der Befugniß zur Reise gesetzliche Hindernisse nicht ent-
gegenstehen. Nach der Allgemeinen Dienstinstruction sollen Pässe, wenn es sich um
Gefährdung der Militärpflicht, der Polizeiaufsicht und der gerichtlichen Untersuchung
handelt, sowie sicherheitsgefährlichen Personen und Bettlern nicht ertheilt werdens.
Hülfsbedürftigen Reichsangehörigen haben fie, ohne daß diese einen Rechtsanspruch
darauf haben, die Mittel zur Milderung augenblicklicher Noth oder zur Rückkehr in
die Heimath nach Maßgabe der ihnen ertheilten Amtsinstruction zu gewähren,
welche letztere die Gewährung verbietet an Deserteure, Personen, die sich der Militär-
pflicht entzogen, Deutsche, welche eine fremde Staatsangehörigkeit erworben haben
oder ohne Erlaubniß in fremde Militär= oder Civildienste getreten find. Die Ge-
währung hat den Charakter eines wieder zu erstattenden Vorschusses, und kann daher
das Gewährte von dem Unterstützten und (nur im Falle) dessen erweislichen Un-
vermögens von Denjenigen, die zur Alimentation des Unterstützten gesetzlich ver-
pflichtet sind"“, wieder eingefordert werden. Die Konsuln als Seemannsämter
dürfen deutschen Kauffahrteischiffen, welche von einem außerdeutschen Hafen nach
einem deutschen Hafen oder nach einem Hafen des Kanals, Großbritanniens, des
Sundes oder des Kattegats oder nach einem außerdeutschen Hafen der Nordsee oder
der Ostsee bestimmt sind, bei Vermeidung von Strafe aufgeben, sie auch zwangsweise
anhalten, deutsche Seeleute 5, welche sich im Auslande in hülfsbedürftiger Lage be-
finden, behufs ihrer Rückbeförderung in die Heimath nach ihrem Bestimmungshafen
mitzunehmen (§ 1 des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung deutscher Kauffahrtei-
schiffe zur Mitnahme hülfsbedürftiger Seeleute, vom 27. Dezember 1872, R.-G.-Bl.
1872, S. 432). Die Mitnahme kann in gewissen Fällen, z. B. wegen Mangels
1 Vgl. Zorn, II, S. 483. 2 S. auch die Verträge mit China, Art. 8.
2 Näheres bei Zorn, II, S. 484, Laband,
II, S. 32. Zwischen dem Deutschen Reiche und
Brasilien ist ein besonderer Vertrag über die
Mitwirkung der beiderseitigen kaufmännischen
Vertreter bei der Regelung von Nachlässen ihrer
Staatsangehörigen am 30. November 1897 bez.
15. Februar 1898 (R.-G.-Bl. 1899, S. 547) ab-
geschlossen.
und Siam, Art. 7, Abs. 2, Zorn, II, S. 480,
Laband, II, S. 21.
4 Erk. des Reichs-Oberhandelsgerichts vom
18. Nov. 1871, Entsch. Bd. IV, S. 89.
5 Auch fremde Seeleute unmittelbar nach
einem Dienste auf einem deutschen Kauffahrtei-
schiffe (6 1, Abs. 2).