Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

740 Zehntes Buch. Answärtige Berwaltung. 
Eingeborenen werden somit in den Konsulargerichtsbezirken ebenso bestraft, als ob 
sie im Deutschen Reiche selbst begangen find. Soweit die Vorschriften der bezeichneten 
Gesetze, z. B. die Grundbuchordnung, Einrichtungen und Verhältnisse voraussetzen, 
an denen es für die Konsulargerichtsbarkeit fehlt, finden sie, und zwar schon ipso 
jure, keine Anwendung, doch können durch Kaiserliche Verordnung die hiernach 
außer Anwendung bleibenden Vorschriften näher bezeichnet, auch andere Vorschriften 
an deren Stelle getroffen werden (§ 20). Allgemein steht somit dem Kaiser das 
Recht nicht zu, die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen von der 
Befolgung der Reichsgesetze zu dispensiren. Ausnahmsweise können jedoch durch 
Kaiserliche Verordnung die Rechte an Grundstücken, das Bergwerkseigenthum, sowie 
die sonstigen Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vor- 
schriften gelten, abweichend von den im Reiche geltenden Vorschriften geregelt 
werden (§ 21). Ebenso kann durch Kaiserliche Verordnung bestimmt werden, in- 
wieweit die Vorschriften der Gesetze über den Schutz von Werken der Literatur und 
Kunst, von Photographien, von Erfindungen, von Mustern und Modellen, von Ge- 
brauchsmustern und von Waarenbezeichnungen in den Konsulargerichtsbezirken Anwen- 
dung finden oder außer Anwendung bleiben (§ 22). Daß in den Konsulargerichtsbezirken 
an die Stelle des Landesfiskus der Reichsfiskus, an die der Landes-Centralbehörde 
der Reichskanzler tritt, daß Geldstrafen, soweit der Kaiser Abweichendes nicht 
bestimmt 1, zur Reichskasse fließen, die Polizeibefugnisse dem Konsul zustehen, ebenso, 
daß die Geldstrafe in die Landeskasse fließt, wenn sie mit Rücksficht auf die besondere 
Staatsangehörigkeit eines Betheiligten verhängt wird, versteht sich nach Lage der 
allgemeinen Gesetzgebung von selbst und ist in den §§ 23 und 24 näher bestimmt. 
Bezüglich der Schutzgenossen unterscheidet § 25, ob fie keinem Staate angehören 
oder ob sie einem fremden Staate angehören. Soweit die Staatsangehörigkeit in 
Betracht kommt, werden sie im ersteren Falle nach den Vorschriften beurtheilt, die 
für die keinem Bundesstaate angehörenden Deutschen gelten?, im letzteren nach den 
für Ausländer geltenden. 
Inwieweit die Konsulargerichtsbezirke im Sinne der für sie geltenden Reichs- 
gesetze als deutsches Gebiet oder Inland oder als Ausland anzusehen find, kann 
durch Kaiserliche Verordnung bestimmt werden (§ 26)5; desgleichen (§ 27), inwieweit 
in einem Konsulargerichtsbezirke die von der dortigen Staatsgewalt erlassenen Vor- 
schriften neben den deutschen Gesetzen als Gesetze des Ortes anzusehen find. Zu- 
stellungen an die der Konfulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen, sofern fie in 
einer im Konsulargerichtsbezirke vor den Konful oder das Konsulargericht gehörenden 
Sache oder in nicht-gerichtlichen Sachen auf Betreiben einer in dem Bezirke befind- 
lichen Person zu geschehen haben, erfolgen nach den Vorschriften über Zustellungen 
im Inlande, doch können fie, wenn die Befolgung dieser Vorschriften mit Schwierig- 
keiten verbunden ist, durch den Konsul nach den Vorschriften über Zustellungen im 
Auslande bewirkt werden. Im Uebrigen erfolgen Zustellungen im Konsulargerichts- 
bezirk an die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen nach den Vor- 
schriften über Zustellungen im Auslande, und zwar in gerichtlichen Angelegenheiten 
mittelst Ersuchens des Konsuls und in nicht-gerichtlichen Rechtsangelegenheiten auf 
einen von den Betheiligten an ihn zu richtenden Antrag (§ 28). 
In Abänderung des § 47 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 
10. Juli 1879“ bestimmt § 30 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 
7. April 1900 (R.-G.-Bl. 1900, S. "i „Neue Gesetze“ (welchen Inhalts auch 
immer, bürgerliche oder Strafgesetze) „erlangen in den Konsulargerichtsbezirken, die 
in Europa, in Egypten oder an der afiatischen Küste des Schwarzen oder des Mittel- 
ländischen Meeres liegen, mit dem Ablaufe von zwei Monaten, in den übrigen 
Konsulargerichtsbezirken mit dem Ablaufe von vier Monaten nach dem Tage, an 
dem das betreffende Stück des Reichs-Gesetzblatts oder der Preußischen Gesetz- 
Sammlung in Berlin ausgegeben worden ist, verbindliche Kraft, soweit nicht für 
  
1 Also z. B. nicht bestimmt, daß fie für den 
Konsulargerichtsbezirk verwendet werden. 
2 S. auch oben S. 49. 
2 S. auch oben S. v70 ff. 
4 Oben S. 176. 
 
	        
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