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Auch gewährte die chinesische Regierung den deutschen Truppen das Durchmarsch-
recht durch den bezeichneten Umkreis. Ueberdies verpflichtete sich die chinefische
Regierung, während der Pachtdauer am Pachtgebiete keinerlei Hoheitsrechte aus-
zuüben und deren Ausübung vollständig der deutschen Regierung zu überlassen.
Durch kaiserliche Anordnung vom 27. April 1898 ist demnach Kiautschou zum
Schutzgebiet erklärt. In diesem Gebiete gelten sowohl das Gesetz über die Konsular-
gerichtsbarkeit wie das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete 1.
8) Am 3. Juni 1898 trat Spanien an das Deutsche Reich die volle Landes-
hoheit über die nördlich von Neu-Guinea gelegenen Karolinen = Inseln mit
den Palau und den Marianen, die Insel Guam ausgenommen, in einer Größe
von zusammen etwa 3500 Ouadratkilometern gegen 25 Millionen Pesetas ab. Durch
Kaiserlichen Erlaß vom 18. Juli 1898 wurden diese Inselgruppen unter gleichen
Schutz gestellt und durch Verordnung vom gleichen Tage bestimmt, daß das Gesetz
über die Konsulargerichtsbarkeit vom 1. Januar 1901 an zur Anwendung kommt.
9) Durch das deutsch-englische Abkommen vom 14. November 1898 bezüglich
der Samoa-Gruppe wurden die Interessensphären in der Südsee und in Togo
abgegrenzt und von Großbritannien zu Gunsten Deutschlands auf alle Rechte an
den Inseln Upolu und Savaii, einschließlich des Rechts, dort eine Marine= und
Kohlenstation zu errichten, und des Rechts auf Exterritorialität, verzichtet. Dagegen
verzichtete Deutschland zu Gunsten der Vereinigten Staaten von Nordamerika auf
alle Rechte an der Insel Tutuila und auf die anderen östlich des 171. Längen-
grades von Greenwich gelegenen Inseln der Samoa-Gruppe und trat von der
deutschen Salomons--Gruppe die südöstlich von Bougainville gelegene Gruppe der
Howe-Inseln an Großbritannien ab. Diesem Abkommen haben die Vereinigten
Staaten von Nordamerika zugestimmt. Demgemäß sprach der Kaiserliche Erlaß,
betreffend die Erklärung des Schutzes über die Samoainseln westlich des 171. Längen-
grades w. B., vom 17. Februar 1900 (R.-G.-Bl. 1900, S. 135) aus, daß der
Kaiser im Namen des Reichs diese Inseln unter Kaiserlichen Schutz nimmt. Dieser
Erlaß ist, wie die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 26. März 1900 (R.=
G.-Bl. 1900, S. 136) ausspricht, auf den betreffenden Samoainseln verkündet, und
find diese Inseln am 1. März 1900 in deutschen Besitz übergegangen. Ein zweiter
Kaiserlicher Erlaß, betreffend die Rechtsverhältnisse in Samoa, vom 17. Februar
1900 (R.-G.-Bl. 1900, S. 136) verordnete sodann auf Grund des Gesetzes, be-
treffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (R.-G.-Bl. 1888, S. 75),
daß das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 11. Juli 1879 in Gemähbeit
des § 2 des Schutzgebietsgesetzes in dem Schutzgebiete von Samoa mit den im
Folgenden vorgesehenen Abänderungen zur Anwendung kommt (§ 1). Dieser Ge-
richtsbarkeit unterliegen alle Personen, welche in dem Schutzgebiete wohnen oder
sich aufhalten, oder bezüglich deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb
des Schutzgebietes nach den zur Geltung kommenden Gesetzen begründet ist, die Ein-
geborenen jedoch nur, soweit sie dieser Gerichtsbarkeit unterstellt sind. Der Gouverneur
bestimmt mit Genehmigung des Reichskanzlers (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abthei-
lung), wer als Eingeborener im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist, und in-
wieweit auch Eingeborene der Konsulargerichtsbarkeit zu unterstellen sind (§ 2).
Die nach § 2 des Schutzgebietsgesetzes für die Rechtsverhältnisse an unbeweglichen
Sachen, einschließlich des Bergwerkseigenthums, maßgebenden Vorschriften finden
keine Anwendung, und find der Reichskanzler (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abthei-
lung) und mit dessen Genehmigung der Gouverneur bis auf Weiteres befugt, die
zur Regelung dieser Verhältnisse erforderlichen Bestimmungen zu treffen (§ 3). Es
finden ferner über das Hauptverfahren in Strassachen vereinfachende Vorschriften
Anwendung (§ 4). Nach § 6 wird als Berufungs= und Beschwerdegericht an Stelle
des Reichsgerichts eine Gerichtsbehörde zweiter Instanz in Apia errichtet. Nach
§ 7 bestimmt der Gouverneur in jedem Falle, ob die Todesstrafe durch Erschießen
oder Erhängen zu vollstrecken ist. Nach § 9 findet das Gesetz, betreffend die Ehe-
1 S. weiter unten.