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Einst war der alte Held an der Tafel des Königs etwas eingenickt. Einer der Gäste
wollte ihn wecken. Der König aber sagte: „Laßt ihn ruhig schlafen, er hat oft genug für
uns gewacht."“
Gedicht: Joachim Hans von Zieten usw.
d. Friesrich als Landesvater.
1. Beilung der Kriegswunden. Der Siebenjährige Krieg hatte große
Opfer an Geld und Menschen gefordert. Dazu waren namentlich in Schlesien
die Fluren vielfach verwüstet und die Dörfer niedergebrannt worden. Gleich
nach Beendigung des Krieges ließ daher der König den verarmten Bauern die
Häuser aufbauen (in Schlesien an 8000), auch gab er ihnen Vieh und Saatkorn
zur Bestellung des Ackers. Dazu verteilte er Geld an die Bewohner (die Schlesier
erhielten an neun Millionen 460). Sehr viel Geld gab der König von seinen
eigenen Ersparnissen her. „Das Geld gehört nicht mir, sondern dem Lande.“
pflegte er zu sagen.
1783 war die Stadt Greifenberg abgebrannt. Friedrich hatte ihr eine große Summe
zum Wiederaufbau der Häuser geschenkt. Als ihm die Bewohner dafür ihren Dank aus-
sprachen, sagte er: „Ihr habt nicht nötig, euch dafür bei mir zu bedanken. Es ist meine
Schuldigkeit, meinen verunglückten Untertanen aufzuhelfen. Dafür bin ich da.“
2. Bebung des Hcherbaues. Sodann richtete der König sein Augen-
merk auf den Landbau. Auf seinen Domänen versuchte er den Wein= und
Seidenbau und führte auch die Kartoffel ein. Als 1745 eine Hungersnot aus-
brach, schenkte er einzelnen Ortschaften ganze Wagen voll Kartoffeln zum Anbau.
Aber die Bauern hatten kein Zutrauen zu dem neuen Gewächse. In Pommern
ließen sie die Kartoffeln tagelang auf dem Marktplatze in Kolberg stehen. Das
verdroß den König so sehr, daß er seine Dragoner aufsitzen und die trägen
Bauern mit der blanken Klinge in die Stadt treiben ließ. Erst nach und nach
wurde der Kartoffelbau allgemeiner.
Auf einer Reise in Schlesien kam der König einst durch schöne Kartoffelfelder. Das
freute ihn sehr. Er ließ den Wagen halten und die Bauern zu sich rufen: „Na, hat euch
der Hunger endlich zu Verstand gebracht?" sagte er. „Da merkt's euch, daß ich euch
nichts Schädliches anrate, sondern es gut mit euch meine. Künftig folgt beizeiten!“
In wüste und sumpfige Gegenden zog Friedrich Kolonisten aus Holland herbei.
Diese trockneten die Sümpfe aus (besonders an der Oder, Warthe und Netze) und
verwandelten sie in blühende Felder und Wiesen. In Westpreußen, das ihm bei
der Teilung Polens (1772) zugefallen war, hob er die Leibeigenschaft der Bauern
auf, zog auch 11000 deutsche Ansiedler herbei, so daß an Stelle der polnischen
Wirtschaft bald deutscher Fleiß und deutsches Wesen trat.
3. Recht und Gerechtigkeit. Zwei Dinge waren es besonders, die den
König zum Liebling des gemeinen Volkes machten: einmal war er der große
Siegesheld und sodann ein durch und durch gerechter Landesvater. Bei ihm
gab es kein Ansehen der Person. Mit Vorliebe vertrat er das Recht des
armen Mannes, zuweilen sogar in solchen Fällen, wo der Arme nicht zweifellos
recht hatte.
So wurde einst der Müller Arnold von seinem Gutsherrn, einem Grafen, verklagt,
weil er die Mühlvacht nicht gezahlt hatte. Der Müller aber weigerte sich, diese zu zahlen,
da ein benachbarter Gutsherr so viel Wasser aus dem Mühlbache in seinen Fischteich leite,
daß er nicht mahlen könne. Das Gericht untersuchte die Sache und verurteilte den