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Sicherheit der Thronfolge sowie der übereinstim-
mende Wortlaut aller älteren und neueren Haus-
gesetze fordern wirkliche, nicht bloß fingierte ehe-
liche Geburt, welche allen Legitimierten, auch den
sog. Mantelkindern, abgeht“ (Hermann Schulze,
Das preußische Staatsrecht 1 (18721 182; ders.,
Lehrbuch des deutschen Staatsrechts 1 (1881.)
215). Mit ihm stimmen alle andern Staatsrechts-
lehrer überein, so Anschütz a. a. O. 572, für
Bayern M. v. Seydel a. a. O. 191: „Zur Thron-
folgefähigkeit wird u. a. erfordert: Geburt aus
rechtmäßiger Ehe. Nicht thronfolgefähig sind da-
her sowohl die vor der Ehe Erzeugten, aber in der
Ehe Geborenen, als auch die durch nachherige
Ehe Legitimierten. Die Frage, ob eine Ehe recht-
mäßig ist, und ob Zeugung in der Ehe vorliegt,
ist nach bürgerlichem Recht zu beantworten.“ Eben-
sowenig wird nach § 8 der Verfassungsurkunde
des Königreichs Württemberg ein außerehelich ge-
borener Nachkomme und dessen Aszendenten auch
in dem Falle der Legitimation durch nachfolgende
Ehe oder durch Reskript des Staatsoberhauptes
sukzessionsfähig (ugl. v. Sarwey a. a. O. 42).
Das gleiche gilt für die Erbfolge im großher-
zoglich badischen Hause (vgl. Wielandt, Das
Staatsrecht des Großherzogtums Baden (18951,
27) usw. Auch das österreichische pactum succes-
sorium vom Jahre 1703 hat die Legitimierten
von jeder Erbfolge ausgeschlossen.
5. Die Volljährigkeit der Prinzen.
Die Goldene Bulle VII § 4 hat für die Kur-
fürsten den Volljährigkeitstermin auf das voll-
endete 18. Lebensjahr festgesetzt. In den meisten
Landesverfassungen und Hausgesetzen ist heute der
Volljährigkeitstermin für alle Prinzen des Hauses
festgestellt, und zwar gilt hierfür in Preußen,
Bayern, Sachsen, Württemberg und Baden,
Sachsen-Weimar, Braunschweig, Oldenburg,
Schwarzburg-- Sondershausen für den Thronfolger
das vollendete 18. Lebensjahr, für die übrigen
Kinder das zurückgelegte 21. Lebensjahr. In den
herzoglich sächsischen Häusern, in Anhalt, Reuß
und Waldeck gilt als Volljährigkeitstermin das
vollendete 21. Lebensjahr, in Mecklenburg das
zurückgelegte 19. Lebensjahr.
6. Vormundschaft. In den meisten deut-
schen Staaten führt der regierende Herr die Ober=
vormundschaft über die minderjährigen Mitglieder
des fürstlichen Hauses, so in Preußen, Bayern,
Württemberg, Baden usw. Die von den Prinzen
ernannten Vormünder ihrer Kinder bedürfen der
Bestätigung des Familienoberhauptes; wo diese
nicht gewährt wird, oder wo der Vater keinen Vor-
mund ernannt hat, bestimmt der Familienchef die
Vormundschaft. In einigen Staaten, z. B. in
Württemberg, haben die Vormünder vor der höch-
sten Landesbehörde in Vormundschaftssachen (der
Zivilkammer des Oberlandesgerichtes) Rechenschaft
zu legen. Die Entmündigung eines Prinzen
wird in den meisten deutschen Fürstenhäusern durch
den Familienrat ausgesprochen.
Fürst ufw.
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7. Die vermögensrechtlichen Ansprüche
der Mitglieder der regierenden Häuser.
Diese bestehen in Geldbezügen aus Staatsmitteln
in Form von Apanage, Sustentation, Wittum,
Nadelgeldern, Einrichtungsgeldern, Mitgabe oder
Ausstattung. Mit der Abschaffung der Landes-
teilungen erhielten die nachgeborenen Söhne eine
auf ihre Nachkommen bis zum Aussterben der-
selben vererbliche Versorgung; dieselbe bestand in
einem paragium, d. h. in unter der Landeshoheit
des Allesten besessenen Gütern, oder in einer Apa-
nage genannten Rente. welche gegenwärtig die
gewöhnliche Form der Versorgung bildet. Auch
kommen besondere Formen der Feideikommisse,
Seniorate und Sekundogenituren vor. Die Höhe
der Apanagen wurde schon durch die Goldene
Bulle und überhaupt zu Zeiten des römisch-deut-
schen Reiches nach billigem Ermessen bestimmt,
und es fand das Pflichtteilsrecht auf dieselben keine
Anwendung. Auch haben, soweit die Gesetze der
einzelnen Häuser nichts anderes verfügen, die
Söhne des regierenden Fürsten kein Recht auf eine
Apanage, solange dieser lebt, sondern es hat ihnen
ihr Vater den standesgemäßen Unterhalt zu ge-
währen. Nach seinem Tode hat der Thronfolger
die Apanagen zu leisten, soweit nicht die Haus-
gesetze verordnen, daß die neuen Apanagen aus
den Beträgen der bereits bestehenden zu leisten
sind. Soweit Paragien oder Fideikommißstiftungen
nicht bestehen oder die Domänen des Herrscher-
bauses nicht ausreichen, muß die Staatskasse die
Apanagen ganz oder zum Teil tragen, wobei das
Bewilligungsrecht der konstitutionellen Körper-
schaften gewahrt bleibt. Die neueren Hausgesetze
haben aber den Söhnen des Souveräns schon bei
dessen Lebzeiten, z. B. von ihrer Volljährigkeit
an, Apanagen gewährt und dieselben in verschie-
dener Weise festgestellt. In Osterreich z. B. wird
jedem Erzherzoge und jeder Erzherzogin ohne
Unterschied, also auch den Sprossen der Seiten-
linien, eine solche von jährlich 20 000 Gulden ge-
währt, und zwar vom Tage der Geburt an. Neben-
bezüge aus Amtern u. dgl. oder aus besondern
Titeln dürfen nicht in die Apanage eingerechnet
werden. Auch für die Söhne nachgeborner Prin-
zen tritt in Ermanglung anderer Bestimmungen
der Apanagenbezug erst bei ihres Vaters Tode
ein, der sie bis dahin zu unterhalten hat, falls er
selbst schon Apanage bezog. Auch haben die Prin-
zen von ihrer Apanage die Aussteuer ihrer Töchter
und die Wittümer in ihrer Linie zu leisten, und es
können die Apanagierten nicht letztwillig über das
ihnen als Apanage Zugewiesene disponieren. Fer-
ner sind die Apanagen bisweilen ganz oder zum
Teil der Beschlagnahme durch Gläubiger entzogen,
z. B. in Württemberg (Hausgesetz von 1828
§ 25), Sachsen (Hausgesetz von 1837 § 18),
Baden (Apanagegesetz von 1839 § 14).
Was die unvermählten Prinzessinnen anlangt,
so haben die Prinzen des regierenden Hauses für
den standesgemäßen Unterhalt ihrer Töchter zu