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Die poln. Aufstände seit 1830 in ihrem Zusammen-
hang mit den internat. Umsturzbestrebungen (1880);
v. Moltke, Darstellung der innern Verhältnisse
Polens (1832); Chr. Meyer, Geschichte des Landes
Posen (1881); ders., Geschichte der Provinz Posen
(1891); G. A. Noah, Die staatsrechtliche Stellung
der Polen in Preußen (21864); W. Schücking, Das
Nationalitätenproblem, polit. Studie über die P.
(1908, hrsg. von der Gehestiftung); Die deutsche
Ostmark, Aktenstücke u. Beiträge zur P. Alldeut-
scher Verband (1894).
Dr E. Schmidt, Geschichte des Deutschtums im
Land Posen unter polnischer Herrschaft (1904);
L. Trampe, Ostdeutscher Rassenkampf (1907);
Wegener, Der wirtschaftl. Kampf der Deutschen mit
den Polen um die Provinz Posen (1903); Zwanzig
Jahre deutscher Kulturarbeit. Tätigkeit u. Auf-
gaben neupreußischer Kolonisation in Westpreußen
u. Posen: Denkschrift des preuß. Staatsmini-
steriums (1907). [Marx.]
Politik. 1. Begriff. Der Name Politik
bedeutet ursprünglich den gesamten Umfang des auf
den Staat, staatliches Leben und staatliche Einrich-
tungen bezüglichen Wissens; allmählich aber hat
sich daneben eine engere Bedeutung ausgebildet,
deren wissenschaftliche Abgrenzung nicht überall in
gleicher Weise vollzogen wird. Nach Bluntschli soll
darunter verstanden werden „die Theorie des staat-
lichen Lebens und seiner Veränderungen im Gegen-
satz zu der Rechtswissenschaft als der Theorie der
staatlichen Zustände"; nach Mohl „die Wissenschaft
von den Mitteln, durch welche die Zwecke der Staa-
ten so vollständig als möglich in der Wirklichkeit
erreicht werden“. Von diesen beiden Definitionenist
die erstere nach Inhalt und Fassung ungenügend.
Eine Theorie des staatlichen Lebens würde doch
auch die allgemeinsten Voraussetzungen und Bedin-
gungen dieses letzteren zu erörtern haben, also den
in der sittlichen Ordnung und der Natur des
Menschen begründeten Zweck des Staats über-
haupt und die bei allen Kulturvölkern mehr oder
minder gleichmäßig wiederkehrenden Einrichtungen
und Funktionen des staatlichen Lebens, wodurch
die Grenzen zwischen Politik und allgemeiner
Staatslehre wieder aufgehoben wären. Soll aber
ausschließlich an die Veränderungen des staatlichen
Lebens gedacht werden, so würde man von einer
Theorie derselben nur insofern sprechen können,
als sich etwa aus der Geschichte eine gewisse Ge-
setzmäßigkeit dieser Veränderungen ableiten oder
ein Einblick in die Faktoren gewinnen ließe, welche
sich in der Vergangenheit als bestimmend für den
Ablauf derselben erwiesen haben; die Politik ging
somit in der Geschichte auf. Dazu kommt, daß wir
bei dem Namen der Politik ja nicht ausschließ-
lich an wissenschaftliche Erörterungen denken, son-
dern ebensosehr, wenn nicht weit mehr, an das
praktische Handeln, an die Staatsklugheit, die wir
von den Inhabern der Regierungsgewalt ver-
langen, oder die überlegene Staatskunst, die wir
einem hervorragenden Staatsmann zuschreiben.
Daß nun die Staatsmänner aus der Geschichte
lernen könnten und sollten, ist ebenso gewiß, wie
Politik.
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es selten ist, daß einer wirklich daraus gelernt hat;
immerhin aber würden geschichtliche Betrachtungen
mit der wirklichen staatsmännischen Tätigkeit nur
in einem loseren und entfernteren Zusammenhang
stehen, als man von einer Wissenschaft der Politik
zu erwarten hätte. Sie können einen wichtigen
Teil derselben, aber sie können nicht das Ganze
ausmachen. Weit besser ist die von Mohl auf-
gestellte Definition; auch sie bedarf indessen noch
einer schärferen Präzisierung.
Gibt es eine Wissenschaft der Politik im Unter-
chied von der Politik als Staatskunst, aber doch
auch mit einer bestimmten Beziehung auf diese,
so leuchtet ohne weiteres ein, daß die erstere Nor-
men und Anhaltspunkte für die letztere, d. h. für
die praktische Tätigkeit des Staatsmanns, ent-
halten muß. Aber sie steht hier nicht allein, denn
Normen für die politische Betätigung enthält
auch die Moral, enthalten Staatsrecht und Völker-
recht. Das Verhältnis der Moral zur Politik
wird weiter unten einer besondern Erörterung
unterzogen werden; für jetzt genügt es, darauf
hinzuweisen, daß die Moral einerseits weiter reicht
als die Politik, sofern sie sich ja nicht nur auf das
Leben des Staats und im Staat erstreckt, son-
dern in erster Linie auf das Leben der Indivi-
duen, und daß sich anderseits dem Staatsmann
zahlreiche Fragen darbieten, zu deren sachgemäßer
Entscheidung die Moral ihm ihrer Natur nach
eine Anleitung nicht bietet. Das Staatsrecht so-
dann umfaßt diejenigen Rechtsnormen, durch welche
die Funktionen, Verpflichtungen und Befugnisse
der sämtlichen Glieder des Staats und ihrer gegen-
seitigen Uber- und Unterordnung geregelt werden,
sei es, daß sich diese Sätze mit logischer Notwen-
digkeit aus dem allgemeinen Wesen des Staats
und der Besonderheit seiner einzelnen Gattungen
ergeben (allgemeines Staatsrecht), sei es, daß sie
in bestimmten einzelnen Staaten tatsächlich in
Geltung sind (positives Staatsrecht). Das Völker-
recht endlich begreift in sich die Normen für den
Verkehr selbständiger Staaten untereinander, wo-
bei der gleiche Unterschied Platz greift, daß dieselben
entweder aus den allgemeinsten Grundsätzen der
Sittlichkeit und des Rechts abgeleilet sind oder auf
Grund ausdrücklichen oder stillschweigenden Über-
einkommens einer größeren oder kleineren Anzahl
von Staaten positive Geltung besitzen.
Der Unterschied gegen die Politik liegt auf der
Hand. Rechtssätze schränken die Willkür des
Staatsmanns ein; er darf sie nicht verletzen, er
ist in seinem politischen Handeln an bestimmte
Formen und Einrichtungen gebunden, dagegen
erwartet er von der Politik Belehrung darüber,
wie er innerhalb der vom Recht gezogenen
Schranken seine Handlungen einzurichten habe.
Im Staats-= und Völkerrecht knüpft die wissen-
schaftliche Erörterung an ein Gegebenes an, sei
dies ein von der Vernunft als gültig anerkanntes,
sei es ein auf Grund positiver Satzung in Gel-
tung stehendes. Ihre Aufgabe ist, aus den ge-
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