Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Autorität als der des Gesetzes unterworfene Ge- 
richte ausgeübt.“ Dieser Artikel hob nach seinem 
Wortlaut wie nach der Absicht der Gesetzgeber die 
Gerichtsbarkeit der Polizei grundgesetzlich auf und 
übertrug die Aburteilung der Polizeivergehen den 
Gerichten. In demselben Sinn bewegt sich das 
Gesetz über die Polizeiverwaltung vom 11. März 
1850. Es übertrug im § 5 für den ganzen Um- 
fang der Monarchie den mit der örtlichen Polizei- 
verwaltung beauftragten Behörden die Befugnis, 
nach Beratung mit dem Gemeindevorstand orts- 
polizeiliche, für den Umfang der Gemeinde gül- 
tige Vorschriften zu erlassen und gegen deren 
Nichtbefolgung Geldstrafen bis zum Betrag von 
3 Reichstalern, unter Genehmigung der Bezirks- 
regierung bis zum Betrag von 10 Reichstalern, 
anzudrohen. Die Aburteilung der Übertretung 
dieser Vorschriften übertrug es dem Richter: „§ 7. 
Die Polizeirichter haben über alle Zuwiderhand- 
lungen gegen polizeiliche Vorschriften zu erkennen“, 
und fügte nur die Einschränkung hinzu, daß die 
Richter „dabei nicht die Notwendigkeit oder Zweck- 
mäßigkeit, sondern nur die gesetzliche Gültigkeit 
jener Vorschriften nach den Bestimmungen dieses 
Gesetzes in Erwägung zu ziehen“ haben. 
Dieser Rechtszustand hatte nur Bestand, soweit 
das französische Recht galt. Für die übrigen Teile 
der Monarchie erging das Gesetz über die vor- 
läufige Straffestsetzung wegen Ubertretungen vom 
14. Mai 1852, welches die Aburteilung der Über- 
tretungen wiederum dem Richter nahm und ein 
Polizeistrafverfahren endgültig einführte. Die 
Grundsätze desselben sind folgende: Wer die Po- 
Polizeivergehen ufw. 
  
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fügung erlassen hat. Wenn innerhalb der zehn- 
tägigen Frist kein Antrag auf gerichtliche Ent- 
scheidung erfolgt, so ist die Strafe rechtskräftig 
und wird ohne weiteres vollstreckt. Dieses Gesetz 
hat durch Verordnung vom 25. Juni 1867 auch 
in den 1866 neu erworbenen preußischen Landes- 
teilen Gesetzeskraft erlangt. Ahnliche Bestim- 
mungen ergingen in andern Staaten; so in Baden 
durch das Gesetz vom 28. Mai 1864. 
Eine einheitliche Reglung für das ganze Deut- 
sche Reich, jedoch nicht positiv, sondern nur 
limitativ, brachte die Reichsjustizgesetzgebung von 
1879. Zwar bestimmte 8 1 des Gerichtsverfas- 
sungsgesetzes allgemein: „Die richterliche Gewalt 
wird durch unabhängige, nur dem Gesetz unter- 
worfene Gerichte ausgeübt."“ Doch ließ § 453 ff 
der Strafprozeßordnung in dem Abschnitt „Ver- 
fahren nach vorangegangener polizeilicher Straf- 
verfügung“ das Strafverfügungsrecht der Polizei 
wieder allgemein zu und überließ dessen Reg- 
lung den Landesgesetzen mit der Maßgabe, daß 
dieses Recht nur auf Übertretungen sich beziehen, 
daß keine andere Strafe als Haft bis zu höch- 
stens 14 Tagen, Geldstrafe bis zu 150 M und 
eine etwa verwirkte Einziehung verhängt werden 
dürfte; endlich daß gegen die Strafverfügung 
binnen einer Woche Antrag auf richterliche Ent- 
scheidung mit folgendem schöffengerichtlichen Ver- 
fahren zugelassen werden müßte. Von dieser Er- 
laubnis haben alle deutschen Staaten inzwischen 
Gebrauch gemacht. Die meisten haben die Be- 
fugnis der Polizeibehörden zum Erlaß von 
Strafverfügungen auf alle Übertretungen aus- 
  
lizeiverwaltung in einem bestimmten Bezirk aus= gedehnt, welche mit Geldstrafe bis zu 150 M und 
zuüben hat (also heute für die kleinsten Verwal= Haft bis zu 14 Tagen gebüßt werden können. 
tungsbezirke die Bürgermeister und Amtsvorsteher, Einige haben diese Befugnis nur auf gewisse Über- 
in großen Städten die Polizeipräsidenten, für die 
Kreise die Landräte), ist befugt, wegen der in diesem 
Bezirk verübten, sein Ressort betreffenden Über- 
tretungen die Strafe vorläufig durch einseitige 
Verfügung ohne vorherige Anhörung des Be- 
schuldigten festzusetzen. Diese Strafe darf 5 Taler 
Geldbuße oder 3 Tage Gefängnis nicht über- 
schreiten. Erachtet der Polizeiverwalter eine höhere 
Strafe für gerechtfertigt, so muß die Verfolgung 
dem Polizeianwalt überlassen und von diesem vor 
den Gerichten durchgeführt werden. Gegen eine 
solche Strafverfügung findet die Beschwerde bei 
der vorgesetzten Polizeibehörde nicht statt. Es steht 
aber dem Angeschuldigten frei, innerhalb zehn 
Tagen nach der Zustellung auf gerichtliche Ent- 
scheidung anzutragen. Dadurch tritt die polizei- 
liche Strafverfügung außer Kraft, und der Richter 
urteilt nun über die Sache im gewöhnlichen, für 
Übertretungen festgesetzten Verfahren. Er ist be- 
fugt, sowohl freizusprechen als auch auf eine an- 
dere Strafe zu erkennen. Auf demselben Weg ist 
die Ungültigkeit einer Polizeiverordnung geltend 
zu machen, wenn etwa die Polizei bei deren 
Erlaß ihre Befugnis überschritten und dann auf 
Grund einer solchen Verordnung eine Strafver- 
  
tretungen und auf ein geringeres Strafmaß, 50 
oder 36 Al. beschränkt. In Preußen erging für 
den ganzen Umfang der Monarchie das Gesetz 
vom 23. April 1883, betreffend den Erlaß polizei- 
licher Strafverfügungen wegen Übertretungen, 
welches somit diese Einrichtung auch auf die Rhein- 
provinz überträgt. Es schließt sich wesentlich an die 
Grundsätze des preußischen Gesetzes vom 14. Mai 
1852 anz es bezieht sich im allgemeinen auf alle 
Übertretungen im Sinn des § 1 des R.St. G. B. 
(s. oben); jedoch beschränkt es die festzusetzende 
Geldstrafe auf 30 M und die Haft auf zwei Tage; 
es schließt die Befugnis der Polizei aus bei Über- 
tretungen, für welche die Rheinschiffahrts-, Elb- 
zoll= und Gewerbegerichte zuständig sind, bei 
Übertretungen der Vorschriften über die Erhebung 
öffentlicher Abgaben oder Gefälle und bergpolizei- 
licher Vorschriften. Trotzdem bleibt der Kreis der 
polizeilichen Strafbefugnis ein sehr weiter. Er 
umfaßt außer den Übertretungen des Strafgesetz- 
buchs diejenigen der Gewerbeordnung, des Feld- 
und Forstpolizeigesetzes, des Personenstandsge- 
setzes, des Viehseuchengesetzes, die Schulversäum- 
nisse usw., dann diejenigen aller Regierungs= und 
Ortspolizeiverordnungen. Zuden Behörden, welche
	        
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