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Abteilungen für die Beschwerden (Beschwerde-
abteilungen) gebildet. In den Anmeldeabteilungen
dürfen nur solche technische Mitglieder mitwirken,
welche auf Lebenszeit berufen sind; außerdem
dürfen die technischen Mitglieder nicht in ver-
schiedenen Abteilungen mitwirken. Die Entschei-
dungen der Nichtigkeitsabteilung und der Be-
schwerdeabteilungen erfolgen in der Besetzung von
zwei rechtskundigen und drei technischen, die der
Anmeldeabteilungen in der Besetzung von min-
destens drei Mitgliedern, unter denen sich zwei
technische Mitglieder befinden müssen. Die Be-
stimmungen der Zivilprozeßordnung über Aus-
schließung und Ablehnung der Gerichtspersonen
finden entsprechende Anwendung. Das Nähere
über den innern Dienst, das Zustellungswesen usw.
wird durch kaiserliche Verordnung geregelt. Das
Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Ge-
richte über Fragen, welche Patente betreffen, Gut-
achten abzugeben, sofern in dem gerichtlichen Ver-
fahren voneinander abweichende Gutachten mehrerer
Sachverständigen vorliegen.
2. Voraussetzungen der Patentertei-
lung. Für eine Erfindung wird nur dann ein
Patent erteilt, wenn sie neu ist und eine gewerb-
liche Verwertung gestattet. Als neu gilt eine Er-
findung nicht, wenn sie zur Zeit der behufs Er-
langung eines Patents erforderlichen Anmeldung
(ogl. unter 3) in öffentlichen Druckschriften aus
den letzten 100 Jahren bereits derart beschrieben
oder im Inland bereits so offenkundig benutzt ist,
daß danach die Benutzung durch andere Sachver-
ständige möglich erscheint. In dieser Beziehung
ist den amtlichen Patentbeschreibungen derjenigen
fremden Staaten, in welchen Gegenseitigkeit ver-
bürgt ist, die Vergünstigung zugestanden, daß sie
erst nach Ablauf von drei Monaten seit dem Tag
der Herausgabe den öffentlichen Druckschriften
gleichstehen sollen, sofern das Patent von dem-
jenigen, welcher die Erfindung im Ausland an-
gemeldet hat, oder von seinem Rechtsnachfolger
nachgesucht wird. Diese Bestimmung bezweckt,
vorzugsweise denjenigen, welcher ein Patent für
dieselbe Erfindung in mehreren Staaten nach-
suchen will, gegen die Hindernisse zu schützen,
welche ihm sonst aus der durch die Gesetzgebung
bedingten amtlichen Veröffentlichung seiner Erfin-
dung in dem einen Land bei der späteren Ver-
folgung seiner Patentgesuche in andern Ländern
erwachsen würden (vgl. dazu unter IV, 3). Die
gewerbliche Verwertung kann bestehen entweder in
der gewerbsmäßigen Herstellung des erfundenen
Gegenstandes oder in seinem Gebrauch innerhalb
eines gewerblichen Betriebs. Wenn der Gegen-
stand einer Anmeldung den Inhalt einer früher
angemeldeten Erfindung ganz oder teilweise ver-
wertet, so hat der Anmeldende einen Anspruch
auf Erteilung eines entsprechend beschränkten Pa-
tents, eines sog. Abhängigkeitspatents. Eine
spezielle Art dieses Abhängigkeitspatents bildet das
sog. Zusatzpatent. Ein Patentinhaber nämlich,
Patentrecht.
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der für seine patentierte Erfindung eine Verbes-
serung oder sonstige Ausbildung erfindet, kann
sich für diese Vervollkommnung ein selbständiges
Patent geben lassen, welches den allgemeinen Be-
stimmungen unterliegt; er kann sich aber auch ein
sog. Zusatzpatent erteilen lassen, welches dann
einerseits nicht die Gebührenpflicht eines neuen
Patents zu tragen hat, anderseits aber auch nur
auf die Dauer des Hauptpatents Schutz genießt.
Für Erfindungen, deren Verwertung den Ge-
setzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde,
ferner für Erfindungen von Nahrungs-, Genuß-
und Arzneimitteln sowie von Stoffen, welche auf
chemischem Weg hergestellt werden, soweit die Er-
findungen nicht ein bestimmtes Verfahren zur
Herstellung der Gegenstände betreffen, werden
Patente nicht erteilt. Die Ausnahme hinsichtlich
der Nahrungs= usw. Mittel beruht auf der doppelten
Rücksicht, einmal weil die hohe Bedeutung dieser
Mittel für die Volkswohlfahrt im allgemeinen und
die öffentliche Gesundheitspflege im besondern es
verbietet, die Zugänglichkeit der Mittel zu er-
schweren oder den Preis derselben zu steigern,
sodann aber auch um der Gefahr vorzubeugen,
daß der gesetzliche Schutz unter Irreleitung der
Bevölkerung zu marktschreierischen Zwecken miß-
braucht würde. Beide Bedenken sind dadurch ge-
hoben, daß nicht die Mittel selbst, sondern, wie
geschehen, nur ein bestimmtes Verfahren zu deren
Herstellung für patentfähig erklärt wird. Ent-
sprechendes gilt für die chemischen Stoffe bzw. das
Verfahren zu deren Herstellung. Mittel und Stoffe,
Produkte, die nicht zu den angegebenen gehören,
können demnach patentiert werden (vgl. dazu
unter 4).
3. Verfahren der Patenterteilung.
Das Gesetz erkennt einen Anspruch auf Erteilung
des Patents an, der auf die Erben übergeht und
beschränkt oder unbeschränkt durch Vertrag oder
letztwillige Verfügung auf andereübertragen werden
kann. Der Anspruch steht aber nicht dem Erfinder
zu, sondern demjenigen, welcher die Erfindung
zuerst nach Maßgabe des Gesetzes angemeldet hat.
Eine spätere Anmeldung kann den Anspruch auf
ein Patent nicht begründen, wenn die Erfindung
Gegenstand des Patents des früheren Anmelders
ist. Trifft diese Voraussetzung teilweise zu, so hat
der spätere Anmelder nur Anspruch auf Erteilung
eines Patents in entsprechender Beschränkung, des
Abhängigkeitspatents (ogl. unter 2). Der An-
spruch findet nicht statt, wenn der wesentliche In-
halt der Anmeldung den Beschreibungen, Zeich-
nungen, Modellen usw. eines andern oder einem von
diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Ein-
willigung entnommen und von dem letzteren aus
diesem Grund Einspruch erhoben ist. Hierin liegt
der Schutz, den das Gesetz dem Erfinderrecht im
Stadium des Erteilungsverfahrens gewährt. Hat
nämlich der Einspruch die Zurücknahme oder die
Zurückweisung der Anmeldung zur Folge, so kann
der Einsprechende innerhalb eines Monats seit