243
Die Handelsbeziehungen des Deutschen Reichs
zu Portugal sind geregelt durch den Handels= und
Schiffahrtsvertrag von 1910. Die politischen und
wirtschaftlichen Interessen beider Reiche werden
vertreten durch den deutschen außerordentlichen Ge-
sandten und bevollmächtigten Minister in Lissa-
bon und den portugiesischen außerordentlichen Ge-
sandten und bevollmächtigten Minister in Berlin
sowie durch eine Anzahl von Konsuln.
Portugals Münzsystem fußt auf der Gold-
währung. Münzeinheit ist der Real, der in deut-
scher Reichswährung an Wert zurzeit 3,6 Pfen-
nigen gleichkommt; 1000 Reis oder 1 Milreis
sind = 3,6 Reichsmark. 1000 Milreis nennt
man ein Conto. Goldmünzen werden geprägt zu
10 (Coröa, Krone), 5, 2 und 1 Milreis, Silber-
münzen zu 1000, 500, 200, 100 (Tostäo),
Nickelmünzen zu 50 Reis, Kupfermünzen zu 20,
10 und 5 Reis. Ein Münzreformplan, der an
die Stelle der alten Tausendteilung das Dezimal-
system setzen soll, liegt der Kammer vor. Längen-
maße, Hohlmaße und Gewichte sind die metrischen.
Die Finanzlage Portugals hat sich unter
den beständig wechselnden Ministerien und dem
Staatsbankrott von 1891 immer mehr ver-
schlechtert. Die Staatseinnahmen aus den direkten
(Bank-, Gewerbe-, Häuserrenten-, Grund-, Ein-
kommen= usw.) und indirekten Steuern (Ver-
brauchssteuer und Zöllen) betrugen 1909/10
237,3 Mill., die Ausgaben 268.6 Mill. Reichs-
mark, die Staatsschuld im Jahr 1907 2883
Mill. M.
VII. Der Kokonialbesitz Portugals, nur mehr
ein Rest des früher weit bedeutenderen Besitzes,
übertrifft mit seiner Fläche von insgesamt
2093000 qkm die des Mutterlands um mehr
als das 20fache, mit einer Bevölkerung von
7 256 000 Einwohnern die des Mutterlands um
fast das 1½ fache. Er besteht aus 7 Provinzen
und einem autonomen Distrikt (Timor). In
Afrika besitzt Portugal die Kapverdischen Inseln
(3822 qkm mit 14724 Einwohnern), Guinea
(33 900 qkm mit 17.000 Einw.), die Inseln
S. Thome und Principe (939 qkm mit 42 103
Einw.), Angola (1270 200 qkm mit 3 800 000
Einw.) und Mozambique (761 100 qkm mit
2 300 000 Einw.); in Asien in Indien Goa,
Damäo und Din mit insgesamt 3807 qkm und
531 800 Einw., in China die Stadt Macao
(10 qkm mit 63 990 Einw.) sowie die Osthälfte
der Insel Timor (18989 qkm mit 93 350 Einy).
An der Spitze von Angola, Indien und Mozam-
bique stehen Generalgouverneure, über den andern
Gouverneure, die zugleich die Zivil= und Militär-
gewalt in den Händen haben. In den Cortes
des Mutterlands sind die Kolonien durch 7 Ab-
geordnete vertreten. Jedem Gouverneur steht ein
Gouvernementsrat (conselho de governo), der
aus den höheren Beamten der Kolonie besteht,
und ein Generalsekretär sowie ein Verwaltungs-
tribunal (conselho de provincia) und für die
Portugal.
244
Finanzsachen ein Finanzinspektor zur Seite. Die
Gerichtsorganisation entspricht im allgemeinen der
des Mutterlands; an höheren Gerichtshöfen sind
in den Kolonien vorhanden die Appellhöfe zu
Loanda, Mozambique und Goa. Die Finanzen
erfordern seit vielen Jahren Zuschüsse von seiten
des Mutterlands; das Kolonialbudget für 1909/10
veranschlagt die Einnahmen auf 40,5, die Aus-
gaben auf 43,97 Mill. Ik. Da Portugal finanziell
nicht reich genug ist, um selbst seinen Kolonial-
besitz intensiv zu entwickeln, ist es seit Beginn der
1890er Jahre dazu übergegangen, seine Kronlän-
dereien an private Gesellschaften abzutreten und sich
an dem Ergebnis dieser Gesellschaften meist durch
Aktienbesitz zu beteiligen. Die Hoheitsrechte dieser
Gesellschaften sind hinsichtlich der Verwaltung im
Innern und nach außen hin von seiten der Re-
gierung ziemlich beschränkt, während die Legis-
lative gemeinsam durch Regierung und Gesell-
schaft ausgeübt wird. Unter diesen Gesellschaften,
die Landkonzessionen bis zu 20 Mill. ha besitzen,
sind die vier größten die COompanhia de Mozam-
bique, die Companhia de Nyassa, die Com-
panhia da Zambezia und die Companbia de
Mossamedes. — Über die Kolonialpolitik der
Portugiesen val. auch d. Art. Kolonien.
Literatur. Geschichte: Gesamtdarstellungen
von Fortia d’ Urban et Mielle (10 Bde, Par.
1828/30), Schäfer (5 Bde, 1836/54; bis 1820),
Bouchot (Par. 1854), Barboza de Pinho (7 Bde,
Liss. 1873/77), Oliveira Martins (2 Bde, ebd.
1887), M. Stephens (Lond. "1908), Mezzocapo
(I Neapel 1908). Mittelalter: Herculano (4 Bde,
1846/63), Mac Murdo u. Monteiro (3 Bde, Lond.
1888/91; beide bis Alfons III.). 17./18. Jahrh.:
Rebello da Silva (5 Bde, Liss. 1860/71); Duhr,
Pombal (1891). 19. Jahrh.: Giedroye (Par.
1876); Luz Soriano, Guerra civil e estabeleci-
mento do governo parlamentar (14 Bde, Liss.
1866/84); Arriaga, Revolucäo de 1820 (4 Bde,
Porto 1886/89); Goblet d'Alviela, Etablissement
des Cobourg en P. (Brüssel 1869); Bernardez
Branco, P. e os estrangeiros (2 Bde, Liss. 1879);
Oliveira Martins, P. contemporaneo (2 Bde, ebd.
1895). Sammlung von Staatsverträgen u. diplo-
matischen Akten von Santarem (18 Bde, Par.
1842/62) u. de Castro (Liss. 1856 ff). — All-
gemeines: J. v. Minutoli, P. u. seine Kolo-
nien (2 Bde, 1855); Diccionario abbreviado de
chorographia, topographia etc. de P. (3 Bde,
Liss. 1867); Aldama-Ayala, Compendio geogra-
fico-estadistico (Madrid 1880); Willkomm, Die
Pyrenäische Halbinsel (1884); Braga, Etnografia
portugueza (2 Bde, Liss. 1885); J. F. da Silva,
Diccionario bibliogr. portug. (7 Bde u. 10 Sup-
plemente, ebd. 1858/1900); Le P. 8éogr., ethno-
log., administratif, Gconom. etc. (Par. 1900);
Calderaio, P. von der Guadiana bis zum Minho
(1903); Quillardet, Espagnols et Portugais chez
eunx (Par. 1905); Censo da populacäo do Reino
de P. (3 Bde, Liss. 1905 f); P. Jousset, L' Espagne
et le P. (Par. 1907); G. de Bauregard u. L. de
Fouchier, Voyage en P. (ebd. 1908); Notas sobre
P. (offizielle Schrift für die Ausstellung in Rio de
Janeiro; 2 Bde, Liss. 1908); W. H. Koebel, P.,