Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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des Mittelstands. Durch das Gesetz vom 30. Mai 
1908 betr. die Erleichterung des Wechselpro- 
testes sind die Postbeamten in den Hreis der 
Protestbeamten einbezogen worden. Zugleich ist 
darin die Haftpflicht der Postverwaltung bei Aus- 
führung von Protestaufträgen geregelt. Gemäß 
8 3 des genannten Gesetzes ist mit Zustimmung des 
Bundesrats vom Reichskanzler durch die Bekannt- 
machung vom 5. Aug. 1908 angeordnet worden, 
daß vom 1. Okt. 1908 ab die Postverwaltung die 
Erhebung von Wechsel= und Scheckprotesten unter 
einigen Beschränkungen übernimmt. Die Summe 
ist auf 800 M beschränkt. Die Postverwaltung 
haftet dem Auftraggeber für die ordnungsmäßige 
Ausführung des Protestauftrags nach den all- 
gemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts über 
die Haftung eines Schuldners für die Erfüllung 
seiner Verbindlichkeit (§ 4 des Gesetzes betr. die 
Erleichterung des Wechselprotestes). Die Natural- 
übersendung von Geldbeträgen ist zum großen 
Teil verdrängt durch den Postanweisungsverkehr. 
Er hat sich in Deutschland zu großer Vollkommen= 
heit entwickelt. Durch Erhöhung des zulässigen 
Meistbetrags, durch Ermäßigung der Gebühr, 
durch die Einführung des Giroverfahrens für ein- 
und auszuzahlende Postanweisungsbeträge, schließ- 
lich durch Zulassung telegraphischer Postanwei- 
sungen ist in der Postanweisung eines der be- 
quemsten und einfachsten Zahlungsmittel geschaffen. 
Durch Einführung des Giroverfahrens hat dieser 
erleichterte Geldaustausch sich eng der neuzeitlichen 
Wirtschaftsentwicklung angeschlossen; an Stelle der 
Barwerte sind auch hier die Buchwerte getreten. 
Am 1. Jan. 1909 ist im deutschen Reichspost- 
gebiet, in Bayern und Württemberg der Post- 
Überweisungs= und Scheckverkehr ein- 
geführt worden. Hierdurch ist die Zahlung durch 
Schecks oder Überweisungen den weitesten Kreisen 
ermöglicht; der Bargeld= und Postanweisungs- 
verkehr wird erheblich eingeschränkt; der gesamte 
Zahlungsverkehr spielt sich für alle teilnehmenden 
Kreise bequem, sicher und billig ab. Als Unter- 
lage für den Post-Uberweisungs= und Scheck- 
verkehr dient die Postscheckordnung vom 6. Nov. 
1908. Im Reichspostgebiet bestehen an 9 Orten 
Postscheckämter, außerdem 3 in Bayern und 1 in 
Württemberg. Jedermann, jede Handelsfirma, 
öffentliche Behörde, juristische Person usw. wird 
zur Teilnahme am Post-Uberweisungs= und Scheck- 
verkehr zugelassen. Die Einzahlungen können 
bewirkt werden: mittels Zahlkarten, mittels Post- 
anweisung und durch Überweisungen von einem 
andern Postscheckkonto. Die Rückzahlungen 
erfolgen: durch ÜUberweisung auf ein anderes Post- 
scheckkonto und mittels Schecks. Die Gebühren 
sind in mäßigen Grenzen gehalten. Eine Ver- 
zinsung der Guthaben findet nicht statt. Der 
Austritt ist jederzeit gestattet. Die Postverwaltung 
leistet für rechtzeitige Buchung der Einzahlungen 
auf den Karten und für rechtzeitige Ausführung 
der dem Postscheckamt mittels Überweisungen und 
  
  
Post ufw. 
  
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Schecks erteilten Aufträge keine Gewähr. Für die 
auf Zahlkarten eingezahlten Beträge haftet die 
Postverwaltung in der gleichen Weise wie für 
Postanweisungen. 
Am 1. Febr. 1910 ist zwischen dem Deutschen 
Reich, Osterreich = Ungarn und der Schweiz ein 
Postgiroverkehr in der Weise eingerichtet worden, 
daß jeder Inhaber eines Scheckkontos bei einem 
deutschen Postscheckamt von seinem Konto Be- 
träge auf ein Scheckkonto bei dem K. K. Post- 
sparkassenamt in Wien oder der Königl. Ungari- 
schen Postsparkasse in Budapest oder den schwei- 
zerischen Postscheckbureaus überweisen kann; ebenso 
kann auch der Inhaber eines Scheckkontos, das 
bei einer der genannten ausländischen Verwal- 
tungen geführt wird, ÜUberweisungen auf ein deut- 
sches Postscheckkonto in Auftrag geben. 
Der Paketpostverkehr läßtsich in Deutschland 
bis zum 17. Jahrh. zurückführen. Er hat für die Be- 
darfsversorgung der Bevölkerung und für die Ver- 
wertungbestimmter Produkte einzelner Erzeugungs- 
gebiete durch Anwendung der Einheitstaxe und 
des Fünfzonentarifs, durch Einführung einfacher 
Versendungsweise mittels Paketadresse, durch viel- 
fache Erleichterungen in Bezug auf Verpackung 
und Verschluß eine große Bedeutung erlangt. Die 
Personenbeförderung durch die Post, 
welche früher, selbst noch zu Beginn des 19. Jahrh., 
von Wichtigkeit war, ist in der Neuzeit nur noch 
als Ergänzung der Eisenbahnen aufzufassen; sie 
wird meistens nur auf solchen Strecken unterhalten, 
die von den Eisenbahnen nicht versorgt werden 
können. Die Post vermittelt den Absatz der 
Wechselstempelmarken und der statistischen Wert- 
zeichen. Sie ist hervorragend beteiligt bei Aus- 
führung der sozialpolitischen Gesetzgebung durch 
Verkauf der Versicherungsmarken und Auszahlung 
der Renten. 
III. Vostrecht, Tarifwesen. Die Entwick- 
lung des Postwesens hat es mit sich gebracht, daß 
man es in allen zivilisierten Ländern als einen 
Ausfluß der Landeshoheit betrachtet und ihm dem- 
entsprechend im Weg der Staatsgesetzgebung eine 
mehr oder minder bevorrechtete Stellung einräumt. 
Es entstanden daraus das Postregal und der 
Postzwang. Unter Postregal versteht man die 
Befugnis des Staats oder des Reichs, die Beför- 
derung von Personen und Sachen in dem durch 
Gesetz oder Gewohnheitsrecht festgesetzten Umfang 
ausschließlich vorzunehmen. Ein Postregal für 
die Beförderung von Personen besteht seit dem 
Reichspostgesetz in Deutschland nicht mehr. Der 
Postzwang ist der Ausfluß des Postregals. Man 
versteht unter Postzwang die Verpflichtung des 
Publikums, sich bei Reisen oder Versendung von 
Sachen der Posten des Staats oder des Reichs 
zu bedienen. Der Postzwang erstreckt sich nach 
dem Reichspostgesetz vom 28. Okt. 1871 und der 
Novelle vom 20. Dez. 1899 in Deutschland auf 
verschlossene Briefe und politische Zeitungen in 
dem durch das Reichspostgesetz näher begrenzten
	        
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