Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Prenzlau 1479 zur Anerkennung der branden- 
burgischen Lehnshoheit (Johann Cicero begnügte 
sich 1493 zu Pyritz mit dem Erbfolgerecht, das 
durch den Grimnitzer Vertrag 1529 und den Erb- 
vergleich von 1571 endgültig festgelegt wurde). 
Auch den Erbfolgestreit wegen des schlesischen 
Herzogtums Glogau beendete Albrecht zugunsten 
seines Hauses: im Frieden von Kamenz (1482) 
kam das Fürstentum Krossen (Krossen, Züllichau, 
Sommerfeld und Bobersberg) an seine Tochter, 
die verwitwete Herzogin Barbara und nach deren 
Tod (1515) an Brandenburg, welches dadurch 
auf 42272 qkm anwuchs. Am 24. Febr. 1473 
erließ er zu Kölln an der Spree die berühmte 
Dispositio Achillea. Nach diesem Hausgrund- 
gesetz sollten die Marken als Kurland stets un- 
geteilt in männlicher Linie nach dem Erstgeburts- 
recht forterben, die fränkischen Besitzungen höch- 
stens unter zwei Söhne geteilt werden. Alle 
ererbten Hausbesitzungen sollten unveräußerlich 
bleiben; nur über neu erworbene Gebietsteile sollte 
dem Erwerber freies Verfügungsrecht zustehen. 
Albrecht und Johann Cicero (1486/99) nötigten 
Adel und Städten teilweises Besteuerungsrecht ab: 
ersterer setzte 1473 die Einführung eines Tonnen- 
geldes, letzterer 1488 die Bierziese durch; Umlage 
und Erhebung besorgten allerdings ständische Be- 
amte. Durch Ankauf der Herrschaft Zossen (1493) 
und Heimfall des brandenburgischen Lehens Rup- 
pin (1524) stieg der durch Abzweigung der frän- 
kischen Fürstentümer geschmälerte Besitz wieder auf 
38130 qkm. Joachim I. Nestor (1499/1535) 
demütigte den wegelagernden Adel, erließ 1515 
eine Neuordnung der Städteverfassung und stärkte 
die so wiederhergestellte landesherrliche Gewalt 
wesentlich durch Einführung römischer Rechts- 
grundsätze. Die am 25. April 1506 eröffnete 
Universität zu Frankfurt a. O. lehrte seit 1515 
römisches Recht, und an dem um 1526 neu organi- 
sierten Hof= und Kammergericht sollte es in allen 
Fällen, wo die partikularen Landrechte nicht aus- 
reichten, zur Anwendung kommen; auch der 1527 
erlassenen Constitutio loachimica (neue Erb- 
rechtsordnung) lag es zugrunde. 
Joachim I. war ein entschiedener Gegner der 
Reformation; in seinem Testament, das gegen die 
Bestimmungen von 1473 das Land teilte, ver- 
pflichtete er seine beiden Söhne, der katholischen 
Kirche treu zu bleiben, und ließ sich dieses von 
beiden durch einen Eid geloben. Der jüngere, 
Johann von Küstrin, führte in seinem Gebiet 
(Neumark, Sternberg und Besitzungen in der 
Lausitz und Schlesien; dazu 1558 durch Kauf 
Storkow und Beeskow), das nach seinem Tod 
1571 an die Kurlinie zurückfiel, sofort die Refor- 
mation ein; der ältere, Joachim II. Hektor 
(1535/71), leitete nach seinem Ubertritt zur neuen 
Lehre (1. Nov. 1539) die Aufhebung der Klöster 
und brandenburgischen Bistümer Havelberg, Bran- 
denburg und Lebus ein (1598 Einziehung der 
Stiftsgüter); 1540 erfolgte die Neueinrichtung 
Preußen. 
  
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der kirchlichen Verhältnisse (Kirchenordnung, 1573 
revidiert). Mit den Herzögen von Liegnitz, Brieg 
und Wohlau schloß er 1537 eine Erbverbrüderung, 
deren Rechtsgültigkeit indes der König von Böh- 
men als Lehnsherr bestritt; von Polen erlangte 
er 1569 die Mitbelehnung mit dem Herzogtum 
Preußen samt dem Erbfolgerecht. Sein Sohn 
Johann Georg (1571/98) vereinigte die 
Marken wieder und verminderte mit Hilfe der 
Stände die Schuldenlast; letztere übten, wie schon 
unter seinem Vater, das unbedingte Geldbewilli- 
gungsrecht und hatten auch Anteil an der Landes- 
verwaltung. Sein Testament, das dem ältesten 
Sohn aus der dritten Ehe, Christian, die Neu- 
mark zusprach, wurde von Joachim Friedrich 
(1598/1608) umgestoßen. Entsprechend dem 
Geraer Hausvertrag (1598) befriedigte dieser die 
Ansprüche seiner beiden ältesten Stiefbrüder mit 
den (1603) erledigten fränkischen Fürstentümern, 
wo deren Nachkommen bis 1791 regierten; seinem 
zweiten Sohn Johann Georg trat er 1607 das 
ebenfalls aus der fränkischen Erbschaft stammende 
Herzogtum Jägerndorf ab (1623 von Kaiser Fer- 
dinand II. eingezogen). 1604 wurde der „Ge- 
heime Rat“ begründet, dessen Wirkungskreis außer 
der Kirchen- und Justizverwaltung die gesamte 
innere und äußere Politik umfaßte. Besonders 
letztere erforderte damals mit Rücksicht auf die in 
Aussicht stehenden Anwartschaften besondere Auf- 
merksamkeit. Die Erwerbungen unter Johann 
Sigismund (1608/19), der 1618 zur refor- 
mierten Kirche übertrat, legten den Grund zur 
späteren Machtstellung Brandenburgs. Aus der 
jülich-klevischen Erbschaft gewann er (Verträge zu 
Dortmund, 1609, und Kanten, 1614) Kleve, 
Mark, Ravensberg und Ravenstein (letzteres wurde 
nach dem Erbvergleich von 1666 gegen Geldzah- 
lung wieder abgetreten) und 1618 Preußen, das 
seit 1603 unter der vormundschaftlichen Regierung 
der Kurfürsten von Brandenburg stand, als pol- 
nisches Lehen. 
Unter Georg Wilhelm (1619/40) wurde 
zwar der Besitz (81064 qkm) gewahrt, die landes- 
herrliche Gewalt aber durch seine. schwächliche 
Haltung gegenüber den selbstsüchtigen Ständen 
schwer geschädigt; sein unbeständiges Schwanken 
im Dreißigjährigen Krieg machte Brandenburg zu 
einer „Erbschaft des Jammers und der Schande“. 
Dafür war sein Sohn Friedrich Wilhelm 
(1640/88) die Persönlichkeit, den Staat zu- 
sammenzuhalten und neu zu festigen. Durch 
straffe, gerechte Selbstherrschaft verband er die 
zerstreut liegenden, in Verfassung und Rechten 
verschiedenen Landesteile zu einer einheitlichen, 
starken norddeutschen Macht und verschaffte dieser 
europäische Bedeutung. Ein stehendes Söldner- 
heer (zuletzt 28000 Mann), Beseitigung des Ein- 
spruchs der Stände (besonders der preußischen) 
gegen die neue, schwerere Besteuerung (Akzise, Kon- 
tribution) und ein absolutes, möglichst einheitliches 
Regiment waren die hauptsächlichsten Mittel dazu. 
 
	        
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