Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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des genommenen Schiffs oder Guts dem Kaptor 
durch Urteil des kompetenten Prisengerichts zu- 
gesprochen worden ist. Was insbesondere die erste 
Voraussetzung anbelangt, so ist eine förmliche Be- 
sitznahme nicht unbedingt notwendig. Streicht der 
Kapitän eines angehaltenen Schiffs dessen Natio- 
nalflagge, weil er weiß, daß es der Wegnahme 
unterworfen ist, so gilt dies als Übergabe des 
Schiffs an den Kaptor, und zwar auch dann, 
wenn dieser keine Leute auf das Schiff entsendet, 
um dasselbe in Besitz zu nehmen. Gleichergestalt 
gilt es als Wegnahme, wenn der Kaptor das 
Schiff nötigt, in einen Hafen des Nehmestaats 
oder eines Verbündeten desselben einzulaufen. In 
der Regel erfolgt aber die Besitznahme dadurch, 
daß der Kaptor nach Konstatierung des feindlichen 
Charakters des Schiffs dieses in Beschlag nimmt, 
um es wegzuführen und von dem zuständigen 
Prisengericht aburteilen zu lassen. Zu diesem Ende 
wird ein Protokoll über die Gründe und die 
näheren Umstände der Aufbringung ausgenommen, 
ein Inventarium, das vom Befehlshaber des 
Kreuzers und dem Kapitän des aufgebrachten 
Schiffs zu unterzeichnen ist, angefertigt und ein 
Osfizier mit der zureichenden Mannschaft an Bord 
des aufgebrachten Schiffs entsendet, um dieses in 
den nächsten Hafen des Nehmestaats zu bringen 
und daselbst aburteilen zu lassen. Verfügt der 
Kaptor nicht über genügende Mannschaft hierzu, 
so kann er sich vom Kapitän des aufgebrachten 
Schiffs das schriftliche Versprechen geben lassen, 
allein das Schiff in den ihm bezeichneten Hafen 
zu führen. Der Befehlshaber eines Kreuzers, der 
ein Schiff aufgebracht hat, hat unter persönlicher 
Verantwortung darüber zu wachen, daß von dessen 
Ladung und Zubehör nichts gelöscht, verkauft, 
vertauscht oder auf irgend eine andere Weise ent- 
fernt werde oder verloren gehe; er hat im Verein 
mit dem Kapitän oder dem Steuermann des auf- 
gebrachten Schiffs dessen Ladung, soweit es tunlich 
ist, unter Siegel und Verschluß zu legen. Die 
Schiffspapiere und das Inventarium sind in einem 
Konvolut mit dem Amtssiegel des Kreuzers und 
dem Siegel des Kapitäns des aufgebrachten Schiffs 
zu verschließen und an die kompetente Behörde des 
Nehmestaats zu adressieren. 
Eine Vernichtung der Prise ist nur im 
Notfall, d. h. nur dann gestattet, wenn die Über- 
führung der Prise in einen sichern Hafen nicht 
ohne erhebliche Gefahr sich ermöglichen oder durch 
die Erhaltung der Prise die eigne Sicherheit des 
Nehmers gefährdet würde. Wird zur Vernichtung 
der Prise geschritten, so ist deren Besatzung die 
Möglichkeit zu geben, ihr Leben zu retten, und 
soweit es tunlich ist, deren Ladung zu bergen. Da 
jede Nehmung bezüglich ihrer Rechtmäßigkeit der 
prisengerichtlichen Beurteilung und Entscheidung 
bedarf, so muß der Kaptor die Papiere einer ver- 
nichteten Prise zum Zweck der Beweisführung 
darüber, daß er das betreffende Schiff mit Recht 
als ein feindliches betrachten und behandeln konnte, 
Prise usw. 
  
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aufbewahren. Fällt das Prisengericht ein frei- 
sprechendes Urteil, so muß der Nehmestaat den 
Eigentümer der vernichteten Prise schadlos halten. 
Ein genommenes Schiff kann vor seiner Ab- 
urteilung durch das kompetente Prisengericht durch 
einen zwischen., seinem Kapitän und dem Kreuzer 
oder Kaper freiwillig abgeschlossenen sog. Los- 
lassungs= oder Ranzionierungsvertrag 
(contrat de rachat, billet de rançon, ransom 
bill) losgekauft werden, sofern der Abschluß solcher 
Verträge nicht durch den Nehmestaat ausdrücklich 
untersagt ist. 
Wird eine Prise vor deren Verurteilung durch 
das zuständige Prisengericht von einem Kreuzer 
oder Kaper des Gegners des Kaptors oder eines 
seiner Verbündeten wiedergenommen, so heißt das 
wiedergenommene Schiff eine Reprise und muß, 
da der Kaptor das Eigentum an der Prise noch 
nicht erworben hat und der Rekaptor durch die 
Wiedernahme nicht mehr Recht erwerben kann, als 
der Kaptor selbst hatte, dem bisherigen Eigen- 
tümer zurückgegeben werden. Die Zurückgabe an 
den Eigentümer erfolgt in der Regel gegen Be- 
zahlung einer Belohnung für die Besatzung des 
Kreuzers bzw. einer Prämie und der Kosten an 
den Kaper. Entgegen diesem wohl einzig richtigen 
Grundsatz, welcher auch von der neuesten Praxis 
der Vereinigten Staaten von Amerika befolgt 
wurde, galt bis in die neuere Zeit als Voraus- 
setzung des Rechts der Reprise, daß das genommene 
feindliche Schiff oder Gut noch nicht derartig in 
Sicherheit gebracht war, daß es nicht unmittelbar, 
d. h. bei Gelegenheit derselben Aktion oder im 
Anschluß an dieselbe, wiedergenommen werden 
konnte. Später wurde das Recht der Reprise nach 
einem 24stündigen oder anderweitig der Zeit nach 
begrenzten Besitzstand als ausgeschlossen erachtet. 
Erfolgt die Wiedernahme einer Prise nach deren 
Verurteilung, so gilt das genommene Schiff als 
neue Prise, welche dem Nehmer zugut kommt und 
der Adjudikation bedarf. 
III. Prisenrecht gegen die AMenkralen. Der 
seekriegsrechtliche Grundsatz, daß feindliches Privat- 
eigentum, welches auf offener See oder in den 
Eigentumsmeeren der Kriegsparteien betroffen 
wird, der Wegnahme unterworfen ist, begründet 
ein Beuterecht der Kriegsparteien an allem auf 
See betroffenen feindlichen Privateigentum, dieses 
mag in Kauffahrteischiffen oder in Waren bestehen. 
Da sich jedoch auf einem feindlichen Handelsschiff 
(d. i. auf einem „unfreien Schiff“) neutrale 
Waren (d. i. „freies Gut“) und umgekehrt auf 
einem neutralen Kauffahrteischiff (d. i. auf einem 
„freien Schiff") feindliche Waren (d. i. „unfreies 
Gut"“) befinden können, so handelt es sich nun 
weiter noch darum, inwieweit dieses Beuterecht 
ausgeübt werden kann: 1) wenn nur das Schiff 
feindlicher Nationalität, die Ladung aber neutrales 
Eigentum ist, und 2) wenn nur die Ladung feind- 
liches Eigentum, das Schiff aber ein neutrales 
ist. Diese Fragen, welche bis in die Mitte des
	        
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