353 Privatbeamte. 354
Erwerbstätige
. Berufszugehörige
Berufsabteilung Jahr im Hauptberuf 6 s
Grundzahl 9 Grundzahl 5%
. . . . 1907 2639 2.74 — 3375— 1,
A. Sriischa. Gärtnerei und Tierzucht, Forstwirtschaft 1895 . 29.529 1. 431 + 43 - + 2
und Fischeer 1882 + 32168 + 427 + 39883 — 1,18
11907 422262 K— 160,10 + 981 205X 130,62
B. Industrie, einschließlich Bergbau und Baugewerbe 15 1 69 16620 + 479 r*— + 176,84
liss? — 586 931 — 592,40 + 1461027/.538,48
1907 + 244002 + 93.16 + 4690 8837 76,07
2 2 1 * I
Genande z#und Verkehr, einschließlich Gast= und Schank- 1899 120359 + 85.03 —+ 267037 T 76.17
... 1882 +364 36811 +257,41 + 736 874) + 210,18
viel größer, aber auch sehr viel schwerer feststellbar
sind als die Qualitätsunterschiede bei der körper-
lichen Arbeit. Allerdings ist der hier berührte
Unterschied heute nicht mehr so groß, wie man
prima facie glauben sollte. „Sich unabhängig
machen von bestimmten Personen“, das ist ein
oberster Grundsatz moderner Geschäftspraxis; man
bemüht sich, wie die körperliche so auch die Kopf-
arbeit zu schematisieren, damit auch hier der ein-
zelne ohne jede Schwierigkeit durch einen andern
ersetzt werden kann. Man denke an die Tätigkeit
der Bureaubeamten, etwa in einer großen Bank,
die jahrelang immer nur ein bestimmtes Buch oder
Konto zu führen haben. Ebenso sind die meisten
Techniker nur „Teilarbeiter in einem engen Spe-
zialgebiet“. Diese Arbeitsteilung hat sozial alle
die Nachteile, die mit der Arbeitsteilung bei der
Handarbeit verbunden sind. Sie ist auch eine
Hauptursache dafür, daß wir eine Privatbeamten=
bewegung haben, und diese Bewegung wird wieder,
ähnlich wie die Arbeiterbewegung, die Mechani-
sierung des Arbeitsprozesses beschleunigen.
In Verbindung mit der riesigen Ausdehnung
der volkswirtschaftlichen Produktion ist die größere
Spezialisierung der Arbeit auch Grund dafür,
daß der Prozentsatz der Angestellten gegenüber den
Hand= und Maschinenarbeitern so stark und rasch
steigt. Nach einem 1906 von Oechelhäuser gehal-
tenen Vortrag auf der Hauptversammlung des
Vereins Deutscher Ingenieure kamen damals auf
1000 Arbeiter 33/38 Beamte in Stahl= und
Hüttenwerken, 56/66 in Spinnereien, 83/100 in
Webereien, 62/125 in Schiffswerften, 80/250 in
Maschinenfabriken, 140/165 in chemischen Fa-
briken. Für das Verhältnis zwischen Arbeitern und
Beamten in der Elektrizitätsindustrie macht Oechel-
häuser keine Angaben. Lüdemann nimmt an, daß
in diesem umfangreichen Zweig unserer in-
dustriellen Produktion auf 3/5 Arbeiter ein An-
gestellter kommt. Dieser großen Nachfrage steht
aber ein noch viel größeres Angebot gegenüber.
Trotz der größeren sozialen und materiellen Wert-S
schätzung, die unzweifelhaft, namentlich im Lauf
des letzten Menschenalters die körperliche Arbeit
gefunden hat, gilt sie doch immer noch als minder
fein gegenüber der geistigen Arbeit. Die Folge ist,
daß ein starker Strom von Arbeitsuchenden sich
den technischen und kaufmännischen Bureaus zu-
wendet mit der naturgemäßen Folge, daß an Be-
zahlung und Behandlung recht geringe Ansprüche
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl.
gestellt werden, wenn man nur siegreich aus der
Konkurrenz hervorgeht. Überaus charakteristisch
ist eine Außerung des amerikanischen Konsuls
Harris in Mannheim, der vor einigen Jahren an
seine Regierung amtlich berichtete: „Das Deutsche
Reich bildet eine Klasse von Gebildeten heran, für
die es keine Beschäftigung zu angemessenem Ein-
kommen hat, da das Gesetz von Angebot und Nach-
frage hier wie überall angewandt werden kann.
Es besteht ein künstlich geschaffenes Proletariat,
und die verschiedenen Industrien sind außer-
stande, diese überflüssigen Kräfte zu bezahlen."“
Der sog. neue Mittelstand steht hinsichtlich „wirt-
schaftlicher Unabhängigkeit, Wertung der geistigen
Leistung, Freiheit des Handelns“ dem Unter-
nehmertum gegenüber ungünstiger als die Arbeiter-
klasse, so urteilt der Sozialdemokrat Heine in den
Sozialistischen Monatsheften (1908, S. 926).
Das, was an Tatsachenmaterial vorliegt, scheint
solche pessimistischen Urteile zu rechtfertigen. Im
Okt. 1903 veranlaßten Organisationen der Pri-
vatangestellten zur besseren Aufklärung über die
wirtschaftliche Lage dieser Berufskreise statistische
Erhebungen. Von 200 000 ausgegebenen Frage-
bogen wurden 157 390 beantwortet. Das Reichs-
amt des Innern ließ die Fragebogen bearbeiten,
wobei 154 843 Fragebogen als brauchbar erklärt
wurden, d. h. für die statistischen Feststellungen
kamen die Antworten von rund 25% derjenigen
622.000 Personen in Betracht, die nach der Be-
rufsstatistik von 1895 als Privatangestellte in
Landwirtschaft, Bergbau und Hüttenwesen, In-
dustrie, Handel und Verkehr zu gelten haben. So
dürftig auch das Resultat der Enquete ist, und so
vorsichtig man sein muß, wenn man aus dem
Zahlenmaterial allgemeine Schlußfolgerungen
ziehen will, esergibt sich doch jedenfalls daraus, daß
die materielle Lage der Privatangestellten sehr viel
zu wünschen übrig läßt. Die dem Reichstag vor-
gelegte Denkschrift stellt als Ergebnis der Er-
hebungen folgendes Resultat fest (s. Tabelle auf
hp. 355).
Eine Statistik Dr Jaeckels über die Lage der
technischen Privatbeamten Großberlins hat er-
geben, daß sich das Einkommen der technischen
Privatangestellten im Jahr 1906 bei 4,5% auf
weniger als 1200 M beliefen, 32,61% hatten
1200/1800 M, 30,38% 1800/2400 M, 14,18%
2400/3000 M, 8,09% 3000/3600 M und
9,86 % 3600 àl und darüber. Das durchschnitt-
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