Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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sische Konstitution von 1791 (1. Hauptabschnitt) 
sowie jene von 1793 (Menschenrechte, Art. 21) 
enthielten eine gewisse Anerkennung des Rechts 
auf Arbeit. Schon vorher (1789 und 1790) khatte 
zuerst die Stadt Paris und dann der französische 
Staat die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit 
durch Gründung von ateliers publics und 
ateliers de charité versucht. Beide Unterneh- 
mungen verschlangen hohe Summen, leisteten trotz- 
dem nicht das, was man von ihnen erwartet hatte, 
und stellten ihre Tätigkeit bald ein. Die fran- 
zösische provisorische Regierung von 1848 pro- 
klamierte dann offen das Recht auf Arbeit und er- 
richtete zugleich ateliers nationaux, in denen 
jeder sich meldende Arbeiter (schließlich 87 942) 
beschäftigt wurde. Der Mangel an Mitteln so- 
wie die Unmöglichkeit, von Staats wegen eine un- 
beschränkte Produktion sowie eine Reglung des 
Absatzes der erzeugten Produkte herbeizuführen, 
führte schon nach nur etwa dreimonatigem Bestehen 
am 24. Juni 1848 zur Wiederaufhebung der 
ateliers nationaux und am 15. Sept. 1848 zur 
Verwerfung des Grundsatzes des Rechts auf Arbeit 
mit 596 gegen 187 Stimmen durch die National- 
versammlung. Auch in der deutschen konstituieren- 
den Nationalversammlung zu Frankfurt a. M. 
wurde von dem Abgeordneten Simon aus Trier 
und Genossen ein auf Anerkennung des Rechts 
auf Arbeit abzielender Antrag gestellt, jedoch 
in der Sitzung vom 9. Febr. 1849 nach ein- 
gehender Debatte mit 317 gegen 114 Stimmen 
abgelehnt. Offentlich erörtert wurde das Recht auf 
Arbeit dann erst wieder in der Reichstagssitzung 
vom 9. Mai 1884 durch Fürst Bismarck, der sich 
unter Bezugnahme auf das preußische Landrecht 
für Anerkennung desselben aussprach. Der Ver- 
wirklichung hat er es jedoch auch nicht näher 
geführt. 
In neuerer Zeit ist hauptsächlich in der Schweiz 
eine lebhafte Bewegung zugunsten des Rechts 
auf Arbeit hervorgetreten. Die sozialdemokratische 
Partei stellte als ersten Punkt der Tagesordnung 
für den am 25. und 26. Nov. 1893 in Olten 
stattgehabten Parteitag „die Propaganda für das 
Recht auf Arbeit“ auf, und auch das sozialdemo- 
kratische Programm für die schweizerischen Natio- 
nalratswahlen enthielt eine diesbezügliche For- 
derung. Gleichzeitig brachten die sozialdemokra- 
tische Partei, der Grütliverein und der Gewerk- 
schaftsbund bei der schweizerischen Regierung den 
Antrag auf Aufnahme des Rechts auf Arbeit in 
die Bundesverfassung ein, indem sie die Annahme 
folgender Bestimmung vorschlugen: „Das Recht 
auf ausreichend lohnende Arbeit ist jedem Schweizer 
Bürger gewährleistet. Die Gesetzgebung des Bun- 
des hat diesem Grundsatz unter Mitwirkung der 
Kantone und der Gemeinden in jeder möglichen 
Weise praktische Geltung zu verschaffen. Ins- 
besondere sollen Bestimmungen getroffen werden 
a) zum Zweck genügender Fürsorge für Arbeits- 
gelegenheit, namentlich durch eine auf möglichst 
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl. 
Recht auf Arbeit. 
  
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viele Gewerbe und Berufe sich erstreckende Ver- 
kürzung der Arbeitszeit; b) für wirksamen und un- 
entgeltlichen öffentlichen Arbeitsnachweis, gestützt 
auf die Fachorganisation der Arbeiter; c) für 
Schutz der Arbeiter und Angestellten gegen un- 
gerechtfertigte Entlassung und Arbeitsentziehung; 
d) für sichere und ausreichende Unterstützung un- 
verschuldet ganz oder teilweise Arbeitsloser, sei es 
auf dem Weg öffentlicher Versicherung gegen die 
Folgen der Arbeitslosigkeit, sei es durch die Unter- 
stützung privater Unterstützungsinstitute der Ar- 
beiter aus öffentlichen Mitteln; e) für praktischen 
Schutz der Vereinsfreiheit, insbesondere für un- 
gehinderte Bildung von Arbeiterverbänden zur 
Wahrung der Interessen der Arbeiter gegenüber 
ihren Arbeitgebern und für ungehinderten Beitritt 
zu solchen Verbänden; f) für Begründung und 
Sicherung einer öffentlichen Rechtsstellung gegen- 
über den Arbeitgebern und für demokratische Or- 
ganisation der Arbeit in den Fabriken oder ähn- 
lichen Geschäften vorab des Staats und der Ge- 
meinden.“ Der Bundesrat und die Bundesver- 
sammlung sprachen sich gegen die Annahme dieses 
Antrags aus, und tatsächlich wurde derselbe denn 
auch durch die Volksabstimmung am 3. Juni 
1894 mit 308 209 gegen 75 880 Stimmen ver- 
worfen. 
Die Forderung des Rechts auf Arbeit kann in 
der von ihren Vorkämpfern geforderten Allgemein- 
heit nicht als begründet anerkannt werden, da ein 
Rechtsanspruch der arbeitsfähigen Arbeitslosen, 
vom Staat oder den Gemeinden lohnende Be- 
schäftigung zu erhalten, weder aus dem Naturrecht 
noch aus dem Staatszweck sich ergibt. Sie ist aber 
auch unausführbar. Das Recht auf Arbeit ist von 
den Theoretikern sowohl als auch von jenen, die 
es in der Praxis durchzuführen versuchten, als ein 
subsidiäres, d. h. ein solches bezeichnet worden, das 
nur im Fall unverschuldeter Arbeitslosigkeit seine 
Wirkungen äußert. Anderseits soll es aber im 
Fall seiner Verwirklichung einen klagbaren Rechts- 
anspruch des arbeitsfähigen Arbeitslosen gegen den 
Staat oder die Gemeinde gewähren. 
Der Staat (die Gemeinde) muß also den ar- 
beitsfähigen Arbeiter beschäftigen, falls die Vor- 
aussetzung der unverschuldeten Arbeitslosigkeit ge- 
geben ist. Hierin liegt die erste Schwierigkeit, denn 
es wird nicht immer möglich sein, einwandfrei fest- 
zustellen, ob eine unverschuldete Arbeitslosigkeit 
vorliegt, und ob es dem betreffenden Arbeiter tat- 
sächlich unmöglich war, in Privatbetrieben Arbeit 
zu erlangen. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich 
bei der Zuteilung der Art der Arbeit. Man wird 
hier unterscheiden müssen, ob die Verwirklichung 
des Rechts auf Arbeit in dem erlernten Beruf 
(droit au travail professionel) oder des Rechts 
auf Arbeit schlechthin verlangt wird. Die erstere 
Forderung würde bedingen, daß der Staat Ein- 
richtungen zum Betrieb sämtlicher Produktions- 
zweige träfe. „Ja, es ist kein vernünftiger Grund 
einzusehen, warum nicht der Arzt mit demselben 
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