Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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sonst regierungsfähigen Agnaten zu. Er über- 
nimmt ohne weiteres die Regentschaft, er muß 
aber sofort die Kammern berufen zu einer gemein- 
samen Sitzung, die alsdann über die Notwendig- 
keit der Regentschaft zu entscheiden haben. Wenn 
ein regierungsfähiger Agnat nicht vorhanden ist, 
so hat das Staatsministerium die Kammern zu 
berufen. Nach der bayrischen Verfassung findet 
die „außerordentliche Reichsverwesung mit Zustim- 
mung der Stände, welchen die Verhinderungs- 
ursachen anzuzeigen sind“, statt. Diese Zustim- 
mung wird vom berufenen Regenten unter verant- 
wortlicher Mitwirkung des Staatsministeriums 
eingeholt. 
Gegenstand der Anerkennung des Landtags ist 
nicht die Person des Regenten, sondern die Tat- 
sache der Notwendigkeit der Regentschaft. Wenn in 
Württemberg beim König bzw. beim Thron- 
folger zur Zeit des Thronanfalls Regierungs- 
behinderung vorhanden ist, so muß binnen Jahres- 
frist der „Geheime Rat“ eine Versammlung sämt- 
licher im Königreich anwesenden volljährigen, 
nicht mehr unter väterlicher Gewalt stehenden 
Prinzen des königlichen Hauses mit Ausschluß 
des zunächst zur Regentschaft berufenen Agnaten 
veranlassen. (Der „Geheime Rat“ ist ein beraten- 
des Zentralorgan der Staatsregierung, bestehend 
aus den Ministern und den vom König ernannten 
Räten; er ist zugleich Vormundschaftsrat für die 
Erziehung des minderjährigen Königs und Fa- 
milienrat des königlichen Hauses.) Die vom Ge- 
heimen Rat einberufene Versammlung der Agnaten 
soll dann auf vorgängiges Gutachten des Ge- 
heimen Rats durch einen nach absoluter Mehrheit 
zu fassenden Beschluß mit Zustimmung der Stände 
über den Eintritt der gesetzmäßigen Regentschaft 
entscheiden. 
Im Königreich Sachsen hat das Gesamt- 
ministerium das Verfahren zwecks Einleitung der 
Regentschaft zu betreiben, und zwar „längstens 
binnen sechs Monaten“; es beginnt durch die 
Berufung eines Familienrats, der aus sämtlichen 
landesanwesenden volljährigen Prinzen des könig- 
lichen Hauses mit Ausschluß des zur Regentschaft 
berufenen Agnaten besteht. Dem Familienrat 
wird ein Gutachten des Ministeriums vorgelegt, 
welches den Fall erörtert; spricht sich der Familien- 
rat für Einsetzung der Regentschaft oder, wie es in 
Sachsen heißt, Regierungsverwesung aus, so muß 
der Beschluß den Ständen zur Genehmigung vor- 
gelegt werden. Ahnlich ist die Einleitung der Re- 
gentschaft in Sachsen -Coburg-Gotha 
geregelt. Für Baden fehlen alle einschlägigen 
gesetzlichen Vorschriften. 
In den Großherzogtümern Mecklenburg 
tritt im Fall der Minderjährigkeit des zur Regie- 
rung berufenen Thronfolgers eine gesetzliche Vor- 
mundschaft und die Regentschaft des nächsten 
Agnaten ein. In einer Reihe kleinerer Staaten 
fehlt es ebenfalls an gesetzlichen Bestimmungen 
über die Regentschaft, so in Sachsen-Weimar, 
Regentschaft. 
  
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Sachsen-Meiningen, den beiden Schwarzburg u. a. 
Über die Regentschaft im Herzogtum Braun- 
schweig s. d. Art. Braunschweig Bd I, Sp. 1024. 
5. Beendigung der Regentschaft. Ein 
Zwang oder eine Verpflichtung zur Übernahme 
der Regentschaft besteht nicht; bedingt ist ihre 
Fortführung durch Leistung des Regenteneids, der 
die Rechte und Pflichten des Regenten normiert. 
Die Regentschaft oder Regierungsverwesung 
endigtau seiten des vertretenen Monarchen mit 
dessen Tod oder Abdankung, mit der Erlangung 
der Volljährigkeit und mit dem Aufhören der Un- 
möglichkeit, zu regieren; auf seiten des Regenten 
mit dem Verzicht, mit der Unmöglichkeit der Fort- 
führung der Regentschaft (Eintritt der Regierungs- 
unfähigkeit), mit dem Eintritt eines näher zur 
Regentschaft berechtigten Agnaten, endlich mit der 
Verheiratung der Königin-Witwe oder Mutter 
des Landesherrn, wenn diese die Regentschaft führt. 
Das Verfahren bei Beendigung der Regentschaft 
ist das gleiche wie bei der Einführung derselben. 
Da die Regierungshandlungen des Regierungs- 
oder Reichsverwesers rechtlich Regierungshand- 
lungen des Monarchen selbst sind, so müssen sie 
auch als solche von dem zur Regierung gelangten 
Fürsten anerkannt werden. 
6. Die staatsrechtliche Stellung des 
Regenten. Die Frage nach der staatsrechtlichen 
Stellung des Regenten ist eine in der staatsrecht- 
lichen Literatur viel umstrittene. Die einen, so 
Anschütz u. a., sehen die Regentschaft an als eine 
unmittelbare Organschaft dergestalt, daß der Re- 
gent die dem Monarchen zustehende Regierungs- 
gewalt nicht in Unterordnung unter den Mon- 
archen, auch nicht in Ableitung aus dem Mon- 
archenrecht, sondern unmittelbar auf Grund der 
Verfassung handhabe; sie sprechen der Vorschrift 
der meisten Verfassungen, daß der Regent die dem 
Monarchen zustehende Gewalt „im Namen"“ des 
Monarchen ausübe, nur formale Bedeutung zu, 
die den Regenten nur verpflichte, den Regierungs- 
akten bzw. seiner Unterschrift die Formel „im 
Namen usw.“ vorauszuschicken, die nur dem Mon- 
archen die ihm gebührenden Ehrenrechte wahren 
solle. Der Regent sei Organ des Staats, nicht 
Stellvertreter der Monarchenpersönlichkeit, auch 
nicht im staatsrechtlichen Sinn. Zwischen ihm 
und dem Monarchen, für den er regiert, walte 
überhaupt kein Rechtsverhältnis ob, also auch kein 
Verantwortlichkeitsverhältnis. — Andere Staats- 
rechtslehrer, wie v. Seydel (Das Staatsrecht des 
Königr. Bayern, 1903), Göz (Das Staatsr. des 
Königr. Württemberg, 1908), Otto Mayer (Das 
Staatsr. des Königr. Sachsen, 1909), Walz (Das 
Staatsr. des Großh. Baden, 1909) u. a., sehen auch 
während der Dauer der Regentschaft im Mon- 
archen den Träger der Staatsgewalt und erklären 
die rechtliche Stellung des Regenten für Untertan- 
schaft; der Bestand der Regentschaft ist vom Be- 
stand der Herrschaft des Monarchen, für den er 
Regent ist, abhängig. Die gesetzmäßigen Regie-
	        
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