Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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weisungen über den Betrag ihrer Beiträge an das 
Reich zu. 
Mit den die Vermehrung der deutschen Flotte 
betreffenden Gesetzen war jedoch diese Periode der 
Mehrüberweisungen endgültig abgetan, von da 
an gab es alljährlich ungedeckte Matrikularbei- 
träge zu bezahlen. Deren Beseitigung sollte 
Reichsschatzsekretär v. Stengel im Jahr 1904 
abermals versuchen, der Reichstag verhielt sich 
wiederum ablehnend, dagegen gelang es demselben 
Herrn v. Stengel im Jahr 1906, ein Gesetz durch- 
zubringen, welches den Bundesstaaten für die un- 
gedeckten Beiträge Stundung gewährte (sog. Fi- 
nanzreform von 1906). Mit dieser Stundung 
wurden jedoch sehr ungünstige Erfahrungen ge- 
macht; als die gestundeten Beträge fällig wurden, 
erklärten sich einzelne Bundesstaaten für unfähig, 
solche zu bezahlen. Infolgedessen wurde abermals 
eine Finanzreformvorlage eingebracht, welche die 
Beiträge auf 80 Pfennig pro Kopf der Bevölke- 
rung beschränken und die Überweisungen (clau- 
sula Franckenstein) aufheben sollte. Der Reichs- 
tag lehnte diese Bindung ab, hielt die Matriku- 
larbeiträge in unbeschränkter Höhe aufrecht und 
hob außerdem die Stundung auf, damit war das 
ursprüngliche Verhältnis wiederhergestellt; die 
clausula Franckenstein wurde ebenfalls auf- 
rechterhalten, jedoch auf den Gesamtertrag der 
Branntweinsteuer (jetzt cu 200 Mill. M jährl.) be- 
schränkt, weil die Mehrheit des Reichstags diesen 
Betrag für ausreichend hielt, den Hauptzweck der 
clausula Franckenstein, einekonstitutionelle Ga- 
rantie für das Zustandekommen des Etats auf ge- 
setzlicher Weise zu bieten, sicherzustellen. Die fünf- 
zehnjährigen Bestrebungen, das Budgetrecht des 
Reichstags und Bundesrats zu schmälern, waren 
dadurch zum fünftenmal abgeschlagen. 
Die bis zum Jahr 1909 aufgelaufenen ge- 
stundeten Matrikularbeiträge wurden dagegen durch 
das Finanzreformgesetz von 1909 den Bundes- 
staaten erlassen und durch eine außerordentliche 
Reichsanleihe gedeckt. 
Außer den nach Art. 70 der Verfassung zu 
zahlenden Matrikularbeiträgen der Bundesstaaten 
bestehen die wichtigsten Einnahmequellen 
des Reichs in den Zöllen, Verbrauchssteuern und 
Stempelabgaben. Die Reinerträge der Reichs- 
post- und Telegraphenverwaltung, der Reichseisen- 
bahnen und die sonstigen Einnahmen an Gebühren 
usw. spielen nur eine untergeordnete Rolle. 
Die Eingangszölle betrugen im Jahr 
1874 nur 108 340 000 M, sie stiegen mit dem 
Reichsfinanzwesen. 
  
Ülbergang zur Schutzzollpolitik 
im Jahr 1880 auf 182 222 000 M " 
, 188»312499000» 
1898 „ 505 440 000 „ und betrugen 
„ 1908 591 000 000 „ 
Von den Verbrauchssteuern sind die 
wichtigsten: die Branntweinsteuer, Brausteuer 
und Zuckersteuer; sie brachten der Reichskasse 
# 77. 
77. 
7. 
  
500 
Jahr "% Branntwein. Brausteuer 6 Luckersteuer 
« 1 N. - M 
  
1874I37078000 
1880 35 366 000 
1888 99 728 000 
20 242 000 50 064 000 
21 576 000 28 046 000 
27 336 000 9 506 000 
1898 119 407 000 30 198 000 96 676 000 
1908 116 800 OOo0, 55 266 000 147 378.000 
Eine weitere wichtige Einnahmegquelle bilden 
die Reichsstempelabgaben, Lotterie-, Wert- 
papier-, Börsenumsatz-, Frachtbrief-, Fahrkarten-, 
Spielkarten= usw. Stempel, auch Verkehrssteuern 
genannt; sie betrugen 
  
im Jahr 1874 erst 6 001 000 M 
, „ 1880 7 714 000 „ 
„ „ 1888 35 560 000 „ 
f„, 1898 65 464 000 „ 
„ „ 1908 108 200 000 „ 
Die Brausteuer in den Bundesstaaten Bayern, 
Baden, Württemberg, Elsaß-Lothringen wird auf 
Grund besonderer Steuergesetze für Rechnung dieser 
Staaten erhoben und nicht an das Reich abgeführt, 
dafür erhält das letztere von den genannten vier 
Staaten eine seiner eignen Einnahme aus der 
Brausteuer entsprechende, pro Kopf der Bevölkerung 
berechnete Ausgleichsabgabe. Ein ähnliches 
Verhältnis besteht für Bayern und Württemberg 
auch bei der Post= und Telegraphenverwaltung; 
diese Staaten haben ihre eignen Betriebsverwal- 
tungen und zahlen für den Gewinn, den sie dar- 
aus erzielen, dem Reich ebenfalls eine Ausgleichs-= 
abgabe. 
Direkte Steuern auf das Einkommen oder 
Vermögen werden bis jetzt im Reich nicht erhoben, 
trotzdem hierzu mehrfach die Anregung gegeben 
worden ist. Die verbündeten Regierungen und 
mit ihnen die Mehrheit des Reichstags vertreten 
den Standpunkt, daß diese Steuerquelle den ein- 
zelnen Bundesstaaten und den Gemeinden vor- 
behalten bleiben soll. 
Dagegen ist im Jahr 190é eine Erbschafts- 
steuer für Erbanfälle an Geschwister und entfern- 
tere Verwandte usw. eingeführt worden. Trotz- 
dem deren Steuersätze sehr hoch sind (4 bis 25% ), 
hat die Erbschaftssteuer nur geringfügige Ergeb- 
nisse gebracht. 
Die Gesamteinnahmen des Reichs be- 
trugen einschließlich der Bruttoerträge der Be- 
triebsverwallungen, denen jedoch fast ebenso hohe 
Betriebsausgaben gegenüberstehen, 
im Jahre 1874 503 305 000 M 
„ „ 1880 599 900 000 „ 
„ 1888 1 023 300 000 „ 
„ 1898 1 815 425 000 „ 
1908 2 525 519 000 , 
1 exklustve der Zuschüsse aus der Kriegskostenentschädi- 
gung. Voranschlag. 
Für das Jahr 1910sind solchemit 2660 560 586 
M veranschlagt. Die Steigerung der Einnah- 
men zwischen dem Jahr 1908 und 1910 ist im 
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