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n. Chr. Um diese Zeit spaltete sich die buddhisti-
sche Gemeinde in die beiden Gruppen, genannt
Mahayana und Hinayana. Während das Ma-
hayana als nördlicher Zweig sich über das östlich
gelegene Asien bis nach China und Japan auszu-
breiten begann, stritten innerhalb Indiens selbst
beide Schulen um die Vormacht, um zuletzt ge-
meinsam der stärkeren Macht des Brahmanismus
zu unterliegen und gänzlich vom indischen Boden
zu verschwinden. Die Erinnerung an den Bud-
dhismus lebt nur in den zahllosen Ruinen fort, die
vom hohen Norden Indiens bis tief in den Süden
die Gangeshalbinsel bedecken. Alle Anzeichen weisen
darauf hin, daß der Buddhismus an innerer Kraft-
losigkeit zu Grunde gegangen ist. Zur geistigen
Entwicklung Indiens hat weder seine Moral noch
seine Kultur das Geringste beigetragen. Am aller-
wenigsten vermochte er das soziale und staatliche
Grundübel Indiens, das Kastenwesen zu über-
winden. Obschon der Buddhismus theoretisch die
Kastentheorie bekämpfte, so hat er praktisch doch
nicht das geringste getan, um eine bessere Gestal-
tung der sozialen Verhältnisse herbeizuführen.
Worauf es ihm ankam, war einzig und allein dar-
zutun, daß die Kaste für das Streben nach Er-
lösung wertlos sei. Es ist darum unrichtig, Buddha
als den Aupheber der starren, durch orthodoxe und
aristokratische Anschauungen aufgerichteten Satzun-
gen und als großen Reformator auf sozialem Ge-
biet hinzustellen. Selbst zur Zeit seiner höchsten
Blüte findet sich von einem Einfluß auf die tat-
sächlichen Zustände der Gesellschaft, von einer Mil-
derung der Klassengegensätze durch den Buddhis-
mus keine Spur. Nach wie vor lastete der Fluch
der Kaste auf Indien mit demselben Druck. Einen
religiösen und kulturellen Erfolg hat er nur bei
Völkern anderer Rasse erzielt. Doch wohl zu
merken, in einer Form, welche die Erlösung ohne
Gott durch den gröbsten brahmanischen Götzen-
und Bilderkultus ersetzte und die Moral ohne
Glückseligkeit mit einem Wust des sinnlosesten
Aberglaubens verquickte. Der vermeintliche Spiri-
tualismus, den Buddha im Gegensatz zu den
Brahmanen so sehr betont hatte, führte nach und
nach zu dem geraden Gegenteil. In abenteuer-
lichster Weise mischte er sich mit dem unzüchtigen
Schiwakultus. Der Buddhismus ist nicht mehr
jene pessimistische Leidens- und Entsagungslehre,
welche Buddha erstrebte, sondern eine bunte
Musterkarte des mannigfaltigsten Wahnglaubens,
Aberglaubens und des schmutzigsten und ver-
worfensten Götzendienstes.
3. Birma, Siam, Kambodscha, diese
drei alten Königreiche, welche einst ganz unter dem
religiösen und kulturellen Einfluß des brahmani-
schen und des buddhistischen Indien standen, stellen
in ihrer eignen Bevölkerung noch eine bud-
dhistische Religionsgesellschaft im engeren Sinn
dar. In allen drei Ländern bilden die Bekenner
des Buddhismus eine geschlossene Gemeinschaft,
welche durch das Band ein und derselben Über-
Religionsgesellschaften. (Ostasiatische Religionsgesellschaften.)
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lieferung zusammengehalten werden. Hüterin
dieser Uberlieferung ist überall die buddhistische
Bonzengemeinde, begründet auf der alten bud-
bhistischen Aszetengemeinde und im wesentlichen
nach derselben Verfassung organisiert. Am besten
entwickelt und am straffsten zusammengehalten ist
diese buddhistische Gemeinde als organisierte Re-
ligionsgesellschaft in Birma. Unter einer Be-
völkerung von 8 Mill. gibt es 7 Mill. Buddhisten.
Der birmanische Buddhist ist ganz und ausschließ-
lich dem Glauben an Buddha ergeben. Und die
Bonzengemeinde ist als Pflegerin des Buddha-
kultus schlechthin die religiöse und geistige Macht
des Landes, auch nachdem letzteres unter britisches
Zepter gekommen ist. Das Bonzentum durch-
dringt das Volksleben in einer Weise, daß es die
Seele der Nation geworden. In der Organisa-
tion der birmanischen Bonzengemeinde unterschei-
det man Novizen, ordinierte Bonzen, Vorsteher
der Bonzen. Jedes Kloster hat ein von der Ge-
samtheit der Insassen gewähltes Oberhaupt; die
Klöster eines Distrikts bilden eine Provinzial-
gruppe, die von einem höheren Bonzen geleitet
wird. Über allen Klöstern steht das Ratskollegium
der Sadaw, „Höchste Wächter der Lehre“, das
alle Angelegenheiten nicht bloß der Gesamtheir
der Klöster, sondern der buddhistischen Reli-
gionsgesellschaft in Birma überhaupt seiner Ju-
risdiktion unterwirft. Höchstes Haupt derselben
war früher als erster Bonze des Landes der König
selbst, der seine oberste Gewalt durch einen seiner
Minister ausübte. Jetzt ist diese Gewalt auf einen
von der Gesamtheit der Klöster gewählten und
von dem britischen Gouverneur bestätigten höchsten
Bonzen des Landes übergegangen. Ein beson-
derer Aufsichtsrat überwacht die Verwaltung der
Güter der Pagoden und Klöster und die Instand-
haltung der Bauten. Jeder Birmane muß sich
eine kurze Zeit der Disziplin des Klosters unter-
worfen haben, indem er als Knabe die Kloster-
schule besucht. Ohne diesen Besuch kann er kein
vollberechtigtes Glied der staatlichen Gesellschaft
sein; sein Zeugnis vor Gericht war sogar früher
nicht rechtsgültig. Weil alle einmal durchs
Kloster gegangen sein müssen, so lernen die meisten
Birmanen lesen und schreiben. Daraus erklärt
sich der gewaltige Einfluß des Buddhismus auf
das birmanische Volk bis auf den heutigen Tag.
Das Volk hängt an seinen Buddhas wie an
seinem eignen Wesen. In kultureller Beziehung
ist dieser Einfluß kein ungünstiger gewesen, inso-
fern er eine, wenn zwar sehr oberflächliche, doch
allgemeine Bildung vermittelte. Aber es bleibt
gleichwohl die Kultur des Halbbarbaren. Sie
zeigt sich am deutlichsten in dem abergläubigsten
Geisterkultus, der die Seele der phantastischen
Gebräuche des religiösen Lebens geworden ist. Je
enger jedoch das Volksleben mit dem buddhisti-
schen Kult verwachsen ist, um so zäher ist der
Widerstand gegen das Christentum, das unter der
birmanisch-buddhistischen Religionsgesellschaft nur