Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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nämliche Gesetz bestimmt auch, daß der Religions- 
unterricht konfessionell getrennt erteilt wird, und 
zwar, soweit er nicht nach getroffener Vereinbarung 
zwischen den oberen Schul= und Kirchenbehörden 
von den betreffenden Geistlichen oder einem be- 
sondern Religionslehrer übernommen ist, von dem 
oder den Lehrern der betreffenden Konfession 
(Art. 4). Für Kinder, in deren Religion an den 
Schulen einer Gemeinde kein Unterricht erteilt 
wird, muß, sofern die Zahl der Kinder wenigstens 
zehn beträgt, das Schullokal und die Heizung 
zum Religionsunterricht geboten werden. Beim 
Vorhandensein einer größeren Anzahl solcher Kin- 
der kann eine politische Gemeinde auch angehalten 
werden, die sonstigen Kosten des Religionsunter- 
richts dieser Kinder ganz oder teilweise zu bestreiten 
rt. 7). 
Preußen hat seit dem Ende des 18. Jahrh. 
das ganze Schulwesen an sich gezogen und seine 
Gesetze und Bestimmungen allmählich auch auf 
die später erworbenen Landesteile angewendet. 
Schon das Allgemeine Landrecht vom Jahr 1794 
sagt TI II, P. 12, 81: „Schulen und Universitäten 
sind Veranstaltungen des Staats.“ Die preußische 
Verfassungsurkunde vom 31. Jaon. 1850, Art. 23 
besagt: „Alle öffentliche und private Unterrichts- 
und Erziehungsanstalten stehen unter Aussicht der 
vom Staat ernannten Behörden.“ Radikaler be- 
stimmt das preußische Gesetz vom 11. März 1872: 
„Unter Aufhebung aller in den einzelnen Landes- 
teilen entgegenstehenden Bestimmungen steht die 
Aussicht über alle öffentliche und private Unterrichts- 
und Erziehungsanstalten dem Staat zu. Demge- 
mäß handeln alle mit dieser Aufsicht betrauten Be- 
hörden und Beamte im Auftrag des Staats.“ Zur 
Ausführung dieses Gesetzes sagt der Ministerial- 
erlaß vom 15. März 1872: „Das Gesetz betr. die 
Beausfsichtigung des Unterrichts= und Erziehungs- 
wesens ändert das bisherige Verhältnis, nach 
welchem die Schulaufsicht zumeist als ein Ausfluß 
kirchlicher Amter unmittelbar mit demselben ver- 
bunden war, prinzipiell. Das Recht der Be- 
aufsichtigung gebührt demnach dem Staat allein 
und handeln demzufolge alle mit der Aussicht be- 
trauten Behörden und Beamte im Auftrag des 
Staats.“ — Auf diesen gesetzlichen Bestimmungen 
und Verfügungen beruht die ganze spätere Ein- 
richtung des niederen und höheren Schulwesens in 
Preußen sowie die Einrichtung, Erteilung und 
Leitung des Religionsunterrichts. Die 
Schule, ursprünglich eine Einrichtung der Kirche, 
ist jetzt eine Veranstaltung des Staats geworden. 
Darum hat sie an erster Stelle den Zwecken und 
Zielen des Staats (Heranbildung der Kinder zu 
brauchbaren Gliedern der menschlichen Gesellschaft 
und zu guten Staatsbürgern) zu dienen. Dabei 
will aber der Staat aus naheliegenden wichtigen 
Gründen, daß „dem Volk die Religion erhalten 
werde“. Aus diesem Grund nimmt der Staat die 
Erteilung des Religionsunterrichts in seine An- 
stalten auf, neunt ihn den schulplanmäßigen 
Religionsunterricht. 
  
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Religionsunterricht und überwacht ihn durch seine 
Organe. Den Inhalt und Umfang zu bestimmen, 
überläßt er den anerkannten Religionsgesellschaf- 
ten. — Bei den evangelischen Schulen hat 
der Kultusminister als Vertreter des obersten Bi- 
schofs nach Anhörung des Oberkirchenrats das 
Recht, den Inhalt und Umfang des schulplan- 
mäßigen Religionsunterrichts anzuordnen, wie es 
durch den Ministerialerlaß vom 15. Okt. 1872 ge- 
schehen ist. Bei katholischen Schulen wird 
diese Bestimmung dem Dihzesanbischof überlassen, 
welcher mit den Staatsbehörden die Wahl der 
Lehrbücher in der Religion und biblischen Geschichte 
und des Gesangbuchs sowie die Verteilung des 
Lernstoffs vereinbart. 
An diesem Unterricht sind daher Staat und 
Kirche beteiligt. Ersterer läßt ihn erteilen und über- 
wacht das Außere, letztere hat die Leitung und Be- 
aufsichtigung durch den Pfarrer oder ein anderes 
von ihr berufenes Organ. Neben diesem schul- 
planmäßigen Religionsunterricht besteht für die 
Katholiken wie Protestanten noch ein kürchlicher 
Religionsunterricht zur Vertiefung und Erweite- 
rung des schulplanmäßig erteilten Religionsunter- 
richts sowie zur Einführung in das kirchliche Leben 
und zur Vorbereitung auf den Empfang der hei- 
ligen Sakramente bzw. der Konfirmation (nähere 
Bestimmungen s. unten). Für den schulplanmäßigen 
Religionsunterricht sind in den einklassigen Schu- 
len auf die Unterstufe 4, die Mittel- und Oberstufe 
5 Stunden, in den mehrklassigen je 4 Stunden 
auf allen Stufen angesetzt. Durch Ministerialerlaß 
vom 24. Juli 1884 ist für die evangelischen Schu- 
len bestimmt, daß noch eine Stunde in der Woche 
zum Bibellesen zu verwenden ist. Durch Erlaß 
vom 7. Okt. 1884 ist diese Bestimmung „#in ad- 
äquater Weise auf die katholischen Schulen ausge- 
dehnt“. Seitdem können in allen mehrklassigen 
Schulen wöchentlich 5 Stunden auf den Reli- 
gionsunterricht verwendet werden. Die Prote- 
stanten benutzen die fünfte Stunde zum Bibellesen, 
die Katholiken zur Erklärung der Perikope, des 
Kirchenlieds usw. — Die Pflicht, den ganzen 
schulplanmäßigen Religionsunterricht zu erteilen, 
liegt den vom Staat angestellten und geprüften 
Lehrern ob; jedoch wird den katholischen Lehrern 
nur dann ein Befähigungszeugnis ausgestellt, wenn 
sie die Befähigung, auch in der Religion zu unter- 
richten, in Gegenwart eines bischöflichen Kommis- 
sars nachgewiesen haben. Außerdem muß sich der 
Lehrer auch noch die missio canonica beschaffen. 
In den Diözesen Köln, Trier und Münster ist der 
Religionsunterricht geteilt und der Katechismus 
dem Pfarrgeistlichen, die biblische Geschichte dem 
Lehrer zugewiesen; den kirchlichen Religions- 
unterricht scheint man dort nur teilweise zu be- 
nutzen. Die Protestanten überlassen den schul- 
planmäßigen Unterricht den Lehrpersonen. 
Die Leitung des Religionsunterrichts steht nach 
Art. 24 der Verfassungsurkunde vom Jahr 1851 
den Religionsgesellschaften zu. Die näheren Be-
	        
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