Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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Schulen bestehen, steht dem Geistlichen jedes Be- 
kenntnisses der Eintritt in die Schule behufs Über- 
wachung des Religionsunterrichts der zu seinem 
Bekenntnis gehörenden Kinder zu (Art. 44). 
In Österreich muß nach dem Staats- 
grundgesetz von 1867 für den Religionsunterricht 
in den Schulen von der betreffenden Kirche oder 
Religionsgesellschaft Sorge getragen werden. Dem 
Staat aber steht rücksichtlich des gesamten Unter- 
richts= und Erziehungswesens das Recht der ober- 
sten Leitung und Aufsicht zu (Art. 17). Der 
gleiche Grundsatz wird an die Spitze des Gesetzes 
dom 25. Mai 1868 (8 1) gestellt, durch welches 
grundsätzliche Bestimmungen über das Verhältnis 
der Schule zur Kirche erlassen werden. Unbeschadet 
dieses staatlichen Aufsichtsrechts bleibt aber die 
Besorgung, Leitung und unmittelbare Beaufsich- 
tigung des Religionsunterrichts und der Religions- 
übungen für die verschiedenen Glaubensgenossen 
in den Volks= und Mittelschulen der betreffenden 
Kirche oder Religionsgesellschaft überlassen (8 2). 
Religionsbücher können von den zur Leitung und 
Beaufsichtigung des Unterrichtswesens berufenen 
staatlichen Organen nur dann die erforderliche 
Genehmigung erhalten, wenn sie von der bezüg- 
lichen konfessionellen Oberbehörde für zulässig er- 
klärt worden sind (8§ 7). Auch das Gesetz vom 
14. Mai 1869, durch welches die Grundsätze des 
Unterrichtswesens bezüglich der Volksschulen fest- 
gestellt wurden, enthält ähnliche Bestimmungen: 
„Der Religionsunterricht wird durch die betreffen- 
den Kirchenbehörden besorgt und zunächst von ihnen 
überwacht. Die dem Religionsunterricht zuzu- 
weisende Anzahl von Stunden bestimmt der Lehr- 
plan. Die Verteilung des Lehrstoffs auf die ein- 
zelnen Jahreskurse wird von den Kirchenbehörden 
festgestellt. Der Religionslehrer, die Kirchen- 
behörden und Religionsgenossenschaften haben den 
Schulgesetzen und den innerhalb derselben erlas- 
senen Anordnungen der Schulbehörden nachzu- 
kommen. Die Verfügungen der Kirchenbehörden 
über den Religionsunterricht und die religiösen f 
Übungen sind dem Leiter der Schule durch die 
Bezirksschulaufsicht zu verkünden. An jenen Orten, 
wo kein Geistlicher vorhanden ist, welcher den Re- 
ligionsunterricht regelmäßig zu erteilen vermag, 
kann der Lehrer mit Zustimmung der Kirchen- 
behörde verhalten werden, bei diesem Unterricht 
für die seiner Konfession angehörigen Kinder in 
Gemäßheit der durch die Schulbehörde erlassenen 
Anordnungen mitzuwirken. Falls eine Kirche oder 
Religionsgesellschaft die Besorgung des Religions- 
unterrichts unterläßt, hat die Landesschulbehörde 
nach Einvernehmung der Beteiligten die erforder- 
liche Versügung zu treffen“ (8 5). 
Fast in allen Staaten sind die neueren Bestim- 
mungen über das Schulwesen und insbesondere 
über den Religionsunterricht beeinflußt von der 
gegenwärtigen Zeitbewegung, d. h. von einem ge- 
waltigen Ansturm gegen den christlichen Glauben. 
Während früher Staat, Kirche und Gemeinde ein- 
Religionsverbrechen. 
  
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trächtig zusammenwirkten, um eine religiös-sitt- 
liche Jugend heranzubilden, hat eine von den po- 
litischen Parteien beeinflußte Gesetzgebung der 
Kirche allmählich den ihr von Gott gegebenen Ein- 
fluß auf die Jugend zu entziehen gesucht und ein 
Geschlecht herangebildet, welches sich nicht mehr 
leiten läßt von der Gottesfurcht und der Haltung 
der göttlichen Gebote, sondern von dem Streben 
nach dem Umsturz auf dem Gebiet des Staats und 
der Kirche. Durch den Abfall vom Glauben ist 
der Sozialdemokratie der Weg bereitet: Ohne 
feste Mitwirkung der Kirche in der Volksschule 
gibt es aber kein Mittel zur wirksamen Bekämp- 
fung des Unglaubens und der Umsturzbewegung. 
Was wir darum von der Volksschule verlangen 
müssen, ist Wiederherstellung der Mitaufsicht der 
kirchlichen Organe über die Volksschule, ungehin- 
derte Wiederüberlassung des Religionsunterrichts 
an die Kirche (die von ihr berufenen Geistlichen 
und Lehrer), die Wiederherstellung des maßgeben- 
den Einflusses der Kirche auf die Anstellung, 
Disziplin und Entlassung der Volksschullehrer. 
Literatur. Brown, Stellung des Staats zur 
Kirche in Bezug auf R. in Preußen, England u. 
den Ver. Staaten (1891); Hübsch, Die Reformen 
auf dem Gebiet der Volksschule im ehemaligen Hoch- 
stift Bamberg (1891); Schöberl, Lehrbuch der kath. 
Katechetik (1890); Plieschko, Der R. u. die konfes- 
sionellen Verhältnisse der Volksschule im Lichte des 
Schulrechts (1905); Hildebrandt u. Quehl, Verord- 
nungen betr. das Volksschulwesen in Preußen 
(1908); Giebe-Hildebrandt, Verordnungen betr. 
das Volksschulwesen sowie die Mittel= u. die höhere 
Mädchenschule in Preußen (51898), dazu zwei um- 
fassende Nachträge (1901 u. 1903); Rintelen, Die 
Volksschule in ihrem Verhältnis von Staat u. 
Kirche (1908); Antoni, Die preuß. Volksschulgesetz- 
gebung 1 (21908); Reukauf, Vorfragen zur Reform 
des R. in der Volksschule (1909; Bdl der sprotest.] 
Sammlung: Religionspädagog. Bibliothek, hrsg. 
von Spanuth); F. Brandis, Der Volksschulunter- 
richt der kath. Kinder in den deutschen Bundes- 
staaten (1910, Frankf. Zeitgem. Broschüren XXIX, 
t 7); F. X. Schulfreund, Der R. in der preuß. 
Volksschule (1909). lHuppert, rev. Nacke.] 
Religionsverbrechen. Unter Religions- 
verbrechen verstehen wir hier diejenigen von der 
staatlichen Rechtsordnung mit Strafe bedrohten 
Übeltaten, welche in einer Verletzung des Rechts- 
guts der Religion, d. h. der Pflichten gegen Gott 
bestehen. Den Gegensatz zu den Religionsver- 
brechen bilden einmal alle von der kirchlichen 
Rechtsordnung mit kirchlichen Strafen bedrohten 
Verfehlungen (delicta ecclesiastica), z. B. Si- 
monie, geistliche Standes= und Amtsbergehen. 
Nicht zu den Religionsverbrechen gehören ferner 
die vom Staat mit Strafe bedrohten Übeltaten, 
bei welchen es sich um Verletzung solcher sittlichen 
Pflichten, welche das Verhältnis des Menschen zu 
sich selbst oder zum Nebenmenschen betreffen, also 
um Verletzung nichtreligiöser Güter handelt, deren 
Wahrung durch Satzungen der Religion beson- 
ders eingeschärft ist; zu diesen letzteren Delikten 
 
	        
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