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will das Gesetz vom 12. Juli 1900 bieten, indem
es gestattet, daß, soweit für die Errichtung von
Rentengütern die Vermittlung der Generalkom-
mission eintritt, der zur Abstoßung der Schulden
und Lasten der aufzuteilenden oder abzutrennenden
Grundstücke und zur erstmaligen Besetzung der
Rentengüter mit den notwendigen Wohn= und
Wirtschaftsgebäuden erforderliche Zwischenkredit
aus den Beständen des Reservefonds der Renten-
bank bis zum Betrag von 10 Mill. M gewährt
werden kann. Große Erfolge waren, wie voraus-
zusehen, dieser Maßregel nicht beschieden, denn sie
beseitigte nach der Seite der Rentengutsausgeber
nicht die geschilderten Ubelstände. Gerade in dem
auf dieses Gesetz folgenden Jahr 1901 ging die
Rentengutsbildung auf weniger als die Hälfte des
Jahresdurchschnitts der bis dahin abgelaufenen
Zeit zurück. Im übrigen ergibt sich die Renten-
gutsbildung durch die Generalkommissionen bis
zum Ende des Jahrs 1907 aus der in dem Art.
Kolonisation, innere (Bd III, Sp. 371/374) auf-
genommenen Tabelle. Es sei dazu bemerkt, daß
im Jahr 1908 noch 1228 Rentengutsstellen aus-
gegeben sind, von denen 410 unter 1 ha Größe
und von diesen wiederum 280 für nichtlandwirt-
schaftliche Arbeiter bestimmt sind.
In neuerer Zeit haben sich behufs Förderung
der innern Kolonisation (s. d. Art.) gemeinnützige
Gesellschaften um die Rentengutsbildung verdient
gemacht.
c) Um den Bestand der einmal errichteten
Rentengüter nach Möglichkeit zu sichern, ist für
alle vom Staat oder durch Vermittlung der Ge-
neralkommission oder Ansiedlungskommission be-
gründeten Rentengüter durch Gesetz vom 8. Juni
1896 das Intestatanerbenrecht (ogl. d. Art. n-
erbe) eingeführt worden.
2. In Mecklenburg ist nach der Verord-
nung vom 24. Mai 1898, betreffend die Ver-
mehrung des mittleren und kleineren Grundbesitzes
auf dem platten Land, ebenfalls die Möglichkeit
geschaffen, Rentengüter zu bilden. Soweit die
Errichtung im Domanium erfolgen soll, ist jedes-
malige landesherrliche Anordnung vorbehalten.
Für die Errichtung durch Ausgabe aus ritter-
schaftlichen Gütern dagegen bedarf der Renten-
gutsvertrag der jedesmaligen landesherrlichen Be-
stätigung und die Weggabe über ein bestimmtes
Maß hinaus sowie die Zerteilung eines ganzen
Guts außer jener auch noch der vorgängigen Zu-
stimmung des engeren Ausschusses der Ritter= und
Landschaft. Wird das bestimmte Maß eingehalten,
so ist für die Abveräußerung weder der lehnsherr-
liche noch der agnatische Konsens erforderlich, aber
das für das abgegebene Grundstück erlegte Geld
wird als Lehnsvermögen angesehen. Die Besitz-
stellen müssen frei sein von den Hypothekenschulden
des Guts, aus dem sie gebildet werden; ander-
seits ist die Verschuldbarkeit der gebildeten Besitz-
stellen, wenn sie auf mindestens 37½ Scheffel
bonitiert sind, beschränkt. Das Recht, die Ab-
Rentenkauf — Repressalien.
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lösung der Rente zu verlangen oder zu bewirken,
kann von der Zustimmung beider Teile abhängig
gemacht werden; ist nichts in dieser Beziehung
bestimmt, so kann der Besitzer nach vorgängiger
Kündigung mit landesüblicher Frist die Rente ab-
lösen; der Rentengläubiger dagegen hat das Recht,
die Ablösung zu verlangen außer dem Fall der
Zwangsversteigerung auch dann, wenn der andere
Teil gekündigt hat oder wenn infolge einer Ver-
schlechterung des Grundstücks die Sicherheit der
Rentenschuld gefährdet ist und diese Gefährdung
binnen angemessener Frist nicht wieder beseitigt
wird. Für die Rentengüter gilt die Intestaterb-
folge in die Bauerngüter der Domänen gemäß den
Verordnungen vom 24. Juni 1869 und 4. Mai
1872. Für die Ausführung der Verordnung ist
eine „Ansiedlungskommission“ in Schwerin er-
richtet, bestehend aus fünf Mitgliedern, zwei aus
der Ritterschaft und eines aus der Landschaft. Die
Kommission ist, wie die preußische Generalkom-
mission, nur Vermittlungsstelle, deren Verfahren
gebühren= und stempelfrei ist. Im übrigen siehe
auch hier den Art. Kolonisation, innere.
Literatur. Gerber-Cosack, System des deutschen
Privatrechts (1895) §§ 140 ff; Buchenberger,
Agrarwesen u. Agrarpolitik (1892); Paasche, Erb-
pacht u. R., in den Jahrbüchern für Nationalöko-
nomie u. Statistik, N. F. XIV 209 ff; Waldhecker,
Die preuß. Rentengutsgesetze nach Theorie u. Pra-
xis (1894); Chüden, Die Rentengutsbildung in
Preußen (1896); Stier-Somlo, Zur Gesch. u. rechtl.
Natur der R. (1896); Aal, Das preuß Rentengut
(1901); Linschmann, Das preuß. Rentengut (1904).
Vgl. auch die Lit. bei Art. Kolonisation, innere.
Wellstein.)
Rentenkauf s. Grundlasten (Bd II,
p. 944).
Repressalien. Repressalien sind Gewalt-
maßregeln, wodurch sich ein Staat unter Vermei-
dung des Kriegsfalls für ein ihm von einem an-
dern Staat oder dessen Einwohnern zugefügtes
Unrecht Genugtuung und für den daraus ent-
standenen Schaden Ersatz verschafft. In diesem
Sinn bezeichnete schon die ältere Völkerrechts-
doktrin Repressalien als Mittel der Selbsthilfe,
wodurch Personen oder Sachen einer gegnerischen
Partei der einstweiligen Verfügung des sein Recht
verfolgenden oder verteidigenden Gegenteils unter-
worfen werden. Die Bezeichnung „Repressalien“
ist von reprehendere, reprendere, zurückneh-
men, zurückholen, Rückgewalt ausüben, herzuleiten,
daher auch der ursprüngliche Ausdruck Reprehen-
salien, Reprensalien der sinngemäße ist, während
der später übliche „Repressalien"“, irrtümlich mit
reprimere in Zusammenhang gebracht, das bisto-
rische Moment in dem Begriff verdunkelt hat.
Dem antiken Staatsrecht, namentlich jenem der
Römer, war ein Repressalienrecht unbekannt. Mit
unbeugsamer Festigkeit entschied das römische
Volk seine Streitfälle mit andern Völkerschaften
durch Krieg und nach Kriegsbrauch. Im festen
Gefüge der römischen Staatsordnung war für