Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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staatliches Institut ist in Reuß j. L. ferner die 
Landrentenbank (für Ablösung der Grundlasten 
usw., geschaffen 1876). Nicht zum Staatsgut 
gehört in beiden Ländern das vorwiegend aus 
Forsten bestehende Kammergut (Haus-, Doma- 
nial= und Familiengut des fürstlichen Hauses), das 
von der mit Behördeneigenschaft ausgestatteten, 
von der Landesregierung völlig unabhängigen 
Fürstlichen Kammer verwaltet wird. Zur Schad- 
loshaltung des Staats für seinen endgültigen 
Verzicht auf seine Mitansprüche am Kammergut 
wurde in Reuß j. L. (Gesetz vom 23. Nov. 1880) 
der Landesdomanialfonds (1 Mill. M) begründet, 
der auf einen Teil des Kammerguts hypothekarisch 
für den Fiskus sichergestellt ist und aus der Kam- 
merkasse mit 4% verzinst wird. In Reuß ä. L. 
regelt der von der Landesregierung und der Kam- 
mer geschlossene (nicht veröffentlichte) Intraden- 
vertrag vom 21. April 1868 die Entschädigung, 
welche der Staat an die Kammer für Überlassung 
einer Reihe von Einkünften zu zahlen hat. In 
Reuß ä. L. besteht noch das Bergregal. Im 
Staatshaushaltsetat von Reuß j. L. der Finanz- 
periode von 1908/10 sind die jährlichen Ein- 
nahmen verzeichnet mit 2,63 Mill. M. die jähr- 
lichen Ausgaben mit 2,57 Mill. M (darunter 
0,55 Mill. M für Reichszwecke); die Staatsschuld 
betrug 1909: 1,04 Mill. M. Im Hauptfinanz- 
etat für 1909 von Reuß ä. L. balancieren Ein- 
nahmen und Ausgaben (davon 0.48 Mill. für 
Reichszwecke) mit 1,52 Mill. M; Staatsschulden 
sind nicht vorhanden. 
Die Militärkontingente bilden mit dem von 
Schwarzburg-Rudolstadt das II. und III. Batail= 
lon des 7. Thüringischen Infanterieregiments 
Nr 96, das zur 38. Division des XI. Armeekorps 
gehört (Militärkonvention vom 15. Sept. 1873). 
Das Landeswappen beider Linien hat vier 
Felder. Zwei schwarze Felder links oben und rechts 
unten zeigen je einen aufrecht stehenden Löwen, 
zwei silberne Felder rechts oben und links unten 
einen goldenen Kranich. Schwarz, Rot, Gelb sind 
die Landesfarben. Jedes der beiden Länder ver- 
leiht ein Zivilehrenkreuz (3 Klassen) und ein Ehren- 
kreuz (4 Klassen). 
4. Kirche und Schule. Der Genuß der 
staatsbürgerlichen Rechte ist unabhängig vom re- 
ligiösen Glaubensbekenntnis. In Reuß ä. 
(landesherrliche Verordnung vom 6. Nov. 1886) 
dürfen jedoch gemeinschaftliche gottesdienstliche 
UÜbungen nur unter bestimmten Voraussetzungen 
abgehalten werden. In Reuß j. L. besteht die be- 
sondere Bestimmung, daß die Religion nie als 
Vorwand gebraucht werden darf, um sich irgend 
einer gesetzlichen Verbindlichkeit zu entziehen. Auf- 
züge bei kirchlichen Festlichkeiten bedürfen in beiden 
Fürstentümern, wenn sie in der hergebrachten Weise 
stattfinden, weder einer vorgängigen Genehmigung 
noch einer Anzeige. 
Landeskirche ist die evangelisch-lutheri- 
sche Kirche. In Reuß ä. L. übt der Landesherr 
  
Reuß. 
  
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seine Episkopalrechte durch das Konsistorium, in 
Reuß j. L. durch die Abteilung für Kirchen= und 
Schulsachen. Die Kirchengemeinden haben eine 
presbyteriale Verfassung (Reuß ä. L.: Gesetz vom 
7. April 1880, Reuß j. L.: Gesetz vom 30. Nov. 
93 
J. 
Die Katholiken in Reuß j. 2. standen bis 
1869 unmittelbar unter der Propaganda. Durch 
deren Dekret vom 27. Jüni 1869 wurden sie ohne 
offizielle Verständigung der Landesregierung dem 
Bischof von Paderborn unterstellt. Als 1883 die 
Katholiken der Stadt Gera eine Missionsstelle mit 
ständigem Geistlichen wünschten, machte die Regie- 
rung ihre Zustimmung von der Übertragung der 
Jurisdiktion an den Apostolischen Vikar im König- 
reich Sachsen abhängig. Diese erfolgte durch Pro- 
pagandadekret vom 7. Okt. 1889. Nach längeren 
Verhandlungen zwischen dem Apostolischen Vika- 
riat und der Regierung wurde durch fürstliches 
Reskript vom 15. Juni 1894 das Statut der rö- 
misch-katholischen Gemeinde zu Gera vom 1. Juni 
1894 anerkannt. Die Gemeinde erhielt die Rechte 
einer juristischen Person (privatrechtlichen Cha- 
rakters). Zur Pfarrei Gera gehören außer der 
Stadt Gera die Dörfer Debschwitz und Pforten, 
dem Pfarrer von Gera ist jedoch die Ausübung 
geistlicher Funktionen an nicht zur Pfarrei ge- 
hörenden Orten nicht verwehrt, ebensowenig Geist- 
lichen der Nachbarländer (der Pfarrer von 
Plauen i. V. [Königreich Sachsen] pastoriert in 
Schleiz, der Pfarrer von Weida [Sachsen-Wei- 
mar in Triebes). Die gedeihliche Fortentwicklung 
der katholischen Verhältnisse scheitert am Geld- 
mangel, Staat und Gemeinden leisten keinerlei 
Unterstützung, die Erhebung einer Kirchensteuer 
ist nicht gestattet. Staat und Gemeinden bezahlen 
den Etat der evangelisch-lutherischen Kirchen aus 
ihren Mitteln. Eigene Kirchensteuern gibt es nicht. 
Die Katholiken tragen zu gleichen Teilen bei, ohne 
das Recht einer Rückvergütung an ihre Kirchenkasse. 
Gesuche um Abänderung sind bislang ergebnislos 
geblieben. — In Reuß ä. L. wurden die Ka- 
tholiken durch die Bemühungen der 1822 mit dem 
Fürsten Heinrich XIX. vermählten katholischen 
Fürstin Gasparina von Rohan-Rochefort durch 
Schreiben der Wiener Nuntiatur vom 15. März 
1822 dem Erzbischof von Prag unterstellt. Durch 
— 
□ 
L. päpstliches Breve vom 18. März 1874 kamen sie 
unter die Jurisdiktion des Apostolischen Vikars 
in Sachsen. Seit 1897 besteht die Pfarrei Greiz. 
Das Statut der römisch-katholischen Gemeinde zu 
Greiz vom 12. April 1897 fand am 7. Juni 1897 
die fürstliche Bestätigung, gleichzeitig erfolgte die 
Verleihung der juristischen Person Grivatrecht- 
lichen Charakters). Der Geistliche zu Greiz hält 
auch Gottesdienst zu Fraureuth, auch Geistliche 
der Nachbarländer (Pfarrer von Steben lBayernl, 
Pfarrer von Werdau (Sachsen.) sind an der Vor- 
nahme geistlicher Handlungen nicht gehindert. Zur 
Veranstaltung von Gottesdienst in der Diaspora 
des Fürstentums ist jedoch landesherrliche Geneh-
	        
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