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lich zweimal unter dem Vorsitz des Metropoliten
von Bukarest zusammen. Die Wahl der Metro-
politen und Bischöfe steht einem aus den Metro-
politen, den Bischöfen, Titularerzpriestern und
sämtlichen orthodoxen Abgeordneten und Sena-
toren zusammengesetzten Wahlkörper zu; die Wahl
erfolgt in geheimer Abstimmung. Das Land ist
in acht Eparchien (Diözesen) eingeteilt, von denen
Ungro-Wlachien (Sitz in Bukarest) und die von
Moldau und Suceava (Sitz in Jasi) an ihrer
Spitze Metropoliten haben; der Erzbischof von
Bukarest ist der Primas des ganzen Landes. Die
Ausbildung der Geistlichen erfolgt in zwei staat-
lichen und einem privaten Seminar sowie auf der
theologischen Fakultät der Universität Bukarest.
Außer den Weltgeistlichen gibt es an 860 Mönche
in 46 Männerklöstern und an 2300 Nonnen in
45 Frauenklöstern, die sämtlich vom Staat unter-
stützt werden, ferner an 25 Privakklöster.
Für die katholische Kirche, deren Anhänger zum
großen Teil Ausländer sind, bestehen ein Erzbis-
tum in Bukarest mit 33 Pfarreien und ein Bistum
in Jasi mit 28 Pfarreien; die Ausbildung der
Geistlichen erfolgt in drei Seminarien. Die we-
nigen Niederlassungen der weiblichen Orden wid-
men sich der Krankenpflege oder der Erziehung der
weiblichen Jugend. Die Lutheraner (13 490)
bilden in den einzelnen Städten und Dörfern
Gemeinschaften, die von je einem aus ihrer Mitte
gewählten Ausschuß geleitet werden, die Kalviner
(6748) hängen von der kalvinischen Kirche Un-
garns ab, die Armenier von dem Patriarchen in
Konstantinopel. Die aus Rußland eingewanderten
Lippowaner oder Raskolniken bilden vier verschie-
dene Sekten. Die Juden besitzen an 600 Synagogen
und Bethäuser, ihre Gemeinden werden von frei
gewählten Ausschüssen geleitet.
Unterrichtswesen. Die Volksbildung steht
noch auf ziemlich niedriger Stufe, da nach der
Zählung von 1899 nur 22% der über 7 Jahre
alten Bevölkerung lesen und schreiben konnten (von
den männlichen Bewohnern 32, von den weiblichen
10 % ); seither hat sich der Prozentsatz der An-
alphabeten etwas verringert, da neben den Volks-
schulen zahlreiche Schulen für Erwachsene und für
die Angehörigen des Heers entstanden sind und
auch der Schulzwang strenger gehandhabt wird.
Der Volksschulunterricht ist obligatorisch vom 7.
bis 14. Jahr und unentgeltlich für alle Rumänen,
ebenso ist auch der höhere Unterricht frei; die
4460 Volksschulen, die 1907 bestanden, waren
aber von kaum / der schulpflichtigen Kinder be-
sucht. Für die Heranbildung von Schullehrern
bestehen 4 Seminarien für Lehrer und 2 für
Lehrerinnen, außerdem eine private Normalschule
der Gesellschaft für Unterweisung des rumänischen
Volks. Das Aufsichts= und Überwachungerecht
steht ausschließlich dem Staat zu, der es durch
Schulrevisoren (in jedem Bezirk in der Regel einer)
und Schulinspekioren (im ganzen Land 5) aus-
übt. Die Unterhaltung der Volksschule fällt teils
Rumänien.
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der Gemeinde teils dem Staat zur Last. — Für
die höhere Bildung bestehen Gymnasien mit
4 Jahreskursen (an 25), Lyzeen mit 5 Jahres-
kursen (20), für die Mädchen 10 höhere Mädchen-
schulen; Spezialschulen sind die Handelsschulen
1. und 2. Grads (11), die höheren und niederen
Gewerbeschulen (45), die Handwerkerelementar-
schulen und die gewerblichen Mädchenateliers
(28). Für den Hochschulunterricht gibt es 2 Uni-
versitäten in Bukarest und Jasi, eine tierärztliche
Hochschule und eine Brücken= und Wegebau-
Landesschule zur Heranbildung der für die tech-
nische Staatsverwaltung nötigen Beamten. Von
den Kulturanstalten Rumäniens sind noch zu
nennen die Rumänische Akademie, das Staats-
archiv, das Museum für Altertumskunde, das für
Naturgeschichte, der Botanische Garten, die öffent-
lichen Bibliotheken der Akademie und Universi-
täten, die Zentralbibliothek in Jasi, die der
Universitätsstiftung Karls I., die Bibliothek „V.
A. Urechia“ in Galatz; von den wissenschaftlichen
Vereinen das Rumänische Athenäum, die Geo-
graphische Gesellschaft, die Gesellschaft für Natur-
wissenschaft, die der Arzte und Naturforscher in
Jasi usw.
V. Wirtschaftliche Perhälknisse. Die Haupt-
quelle des rumänischen Nationalvermögens bildet
die Landwirtschaft. Von großer wirtschaft-
licher und politischer Bedeutung ist die außer-
ordentlich ungleiche Verteilung des Bodens. Nach
einer amtlichen Statistik für 1905, von der die
privaten Erhebungen und Resultate Creangas (ogl.
unten Literatur) in einigen Punkten nicht un-
wesentlich abweichen, waren 1905 3319 695 ha
oder 41,66 % der gesamten anbaufähigen Fläche,
die 7968296 ha betrug, in den Händen von
1.015 302 Besitzern, die je bis zu 10 ha Land
besaßen, 861 409 ha (10,81 ) im Besitz von
38 699 Eigentümern, die 10/100 ha hatten,
785 719 ha (9,86 %) im Besitz von 2608 Eigen-
tümern, die 100/500 habesaßen, und 3001 473ha
(37,66 %) in den Händen von 1563 Grund-
herren, die über 500 ha innehaben. 1908/09
betrug die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe
1079 503 mit 5955 892 ha bebauter Fläche,
davon 0,4% Großbetriebe (über 100 ha) mit
31,3 % der Fläche. Rumänien ist demgemäß das
klassische Land der Latifundien, die hauptsächlich
in der Ebene sich finden, während der Kleinbesitz
meist im Gebirge verbreitet ist. An 300 000 Bauern
besitzen überhaupt kein Land, sondern sind ge-
zwungen, als Taglöhner zu arbeiten oder eine
Parzelle Landes zu pachten, von den Kleinbauern
hatten 291 800 nur zwischen ½ und 2 ha. In
den Großgrundbesitz teilen sich der Staat, öffent-
liche Wohltätigkeitsanstalten und Gesellschaften und
Private. Nur etwa ein Drittel des Großgrund-
besitzes wird von den Besitzern selbst bewirtschaftet,
der größere Teil (62% ) ist, während die Besitzer
in Bukarest, Paris oder andern Städten leben, ver-
pachtet, und zwar in der Regel auf kurze Fristen