Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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mindestens 1000, in den andern Städten von 
300 Rubeln besitzen, die Inhaber von gewerblichen 
und handelsgewerblichen Unternehmungen, die den 
höheren Steuerklassen unterliegen; 
3. von der zweiten Versammlung der städti- 
schen Wähler: die Inhaber von Immobilien und 
gewerblichen Unternehmungen, die den Zensus für 
die erste Klasse nicht erreichen, Besitzer von eignen 
Wohnungen, Personen, die seit einem Jahr im 
Kreis leben und im Dienst des Staats, der Land- 
schaften oder städtischen und ständischen Institu- 
tionen Gehalt oder Pension beziehen (mit Aus- 
nahme der niederen Bediensteten und Arbeiter); 
4. von der Versammlung der Gemeindedele- 
gierten: jede Gemeinde entsendet 2 Wahlmänner, 
die von den Gemeindevertretungen zusammen mit 
den Delegierten der Hofbesitzer (je 1 auf 10) aus 
der Zahl der bäuerlichen, zum Bestand der Wolost 
gehörigen Hofbesitzer gewählt werden; 
5. von der Versammlung der Delegierten der 
Kosakenstanitzen (je 2 aus jeder Stanitza) in jenen 
Gouvernements, in denen solche existieren; die 
Delegierten werden von der Stanitzenversammlung 
gewählt; 
6. in bestimmten Gouvernements von der Ver- 
sammlung der Arbeiterdelegierten: in jedem ge- 
werblichen Unternehmen mit mindestens 50 männ- 
lichen Arbeitern wählen die Arbeiter 1 Vertreter, 
in Unternehmen mit mehr als 1000 Arbeitern je 
1 Vertreter für jedes Tausend (der Vertreter 
muß mindestens 6 Monate im Unternehmen be- 
schäftigt sein). 
Die in diesen 6 Kurien gewählten Wahlmänner 
(deren Zahl für jeden Kreis und jede Kurie fest- 
gesetzt ist) wählen in der Gouvernementshauptstadt 
in der Regel zuerst in corpore einen Duma- 
abgeordneten aus der Zahl der bäuerlichen Wahl- 
männer, dann (mit Ausnahme von Archangelst 
und dem Donkosakengebiet) einen Abgeordneten 
aus der Zahl der Grundbesitzer, hierauf in 
23 Gouvernements einen Abgeordneten aus den 
Wahlmännern der ersten o der zweiten städtischen 
Kurie, in den übrigen Gouvernements je einen 
Abgeordneten aus der ersten und der zweiten 
städtischen Kurie; in 3 Gouvernements wird ferner 
je 1 Abgeordneter aus den Kosakenwahlmännern, 
in 6 Gouvernements je 1 aus den Arbeiter- 
delegierten gewählt. Erst nach der Wahl dieser 
Abgeordneten werden die übrigen auf das Gou- 
vernement entfallenden Mandate nach freier Wahl 
aus der Zahl der gesamten Wahlmänner besetzt. 
b) In den mit dem Recht besonderer Vertre- 
tung ausgestatteten 7 Städten St Petersburg, 
Moskau, Warschau, Kijew, Lodz, Riga und Odessa 
(nach der früheren Wahlordnung waren es 26) 
findet die Wahl der Dumaabgeordneten direkt 
statt in 2 Wählerklassen, von denen jede je 1 (in 
St Petersburg je 3, in Moskau je 2) Abgeor- 
neten wählt. Zur ersten Wählerkurie zählen die 
Besitzer von unbeweglichem Eigentum von be- 
stimmtem Mindestwert (in St Petersburg und 
Rußland. 
  
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Moskau 3000, sonst 1500 Rubel) und Personen, 
die im Stadtgebiet wenigstens 1 Jahr lang ein 
Handels= oder Industrieunternehmen besitzen, das 
zu den höheren Steuerklassen gehört; zur zweiten 
Kurie die Besitzer von Immobilien und Gewerbe- 
betrieben, die nicht zur ersten Klasse gehören, 
Personen, die seit einem Jahr Grundgewerbe- 
steuer für persönlichen Gewerbebetrieb oder staat- 
liche Mietssteuer entrichten, seit einem Jahr eine 
eigne Wohnung haben, und die im Staatsdienst 
oder im Dienst von ständischen und städtischen 
Körperschaften stehenden besoldeten oder Pension 
beziehenden Personen mit Ausnahme der untersten 
Dienstgrade und Arbeiter. Der Wahlmodus ist 
in allen Abstufungen geheim. 
Die Zahl der Dumaabgeordneten beträgt 442 
(früher 524), nämlich 403 für die 50 eigentlichen 
russischen Gouvernements, 14 für die polnischen 
Provinzen (früher 37; davon einer von der rus- 
sischen Bevölkerung Warschaus, einer von der 
griechisch-katholischen Bevölkerung der Gouverne- 
ments Lublin und Sjedlez zu wählen), 10 für den 
Kaukasus (früher 29) und 15 für das Asiatische 
Rußland (früher 44). Gegenüber dem früheren, 
freiheitlicheren Wahlrecht hat das geltende das 
national-russische Element und den freien Grund- 
besitz stark bevorzugt, was sich in der Zusammen- 
setzung der dritten Duma deutlich offenbart. 
IV. Verwaltung. Die oberste Verwaltung 
steht dem Kaiser allein zu und wird von diesem 
durch mehrere voneinander unabhängige Körper- 
schaften ausgeübt: durch den Dirigierenden Senat, 
das Ministerkomitee und die diesen verwandten 
sog. Hauptverwaltungen, durch den Heiligen Synod 
und die Reichskontrolle. 
Der Dirigierende Senat wurde von 
Peter d. Gr. zur Kontrolle der gesamten Verwal- 
tung eingesetzt; seit Errichtung des Reichsrats ist 
er in der Hauptsache nur mehr oberster Gerichts- 
hof in Justiz= und Verwaltungssachen. Er zer- 
fällt in 8 voneinander unabhängige Departements 
(Kollegien). Das erste ist zuständig für Registrie- 
rung und Publikation der Gesetze, Prüfung von 
Begnadigungssachen und Beschwerden über gesetz- 
widrige Verfügungen der Verwaltungsbehörden, 
das zweite in bäuerlichen, das dritte in Grund- 
eigentumssachen usw.; daneben besteht je ein Kas- 
sationsdepartement für Zivil= und für Strafsachen, 
die zusammen den höchsten Gerichtshof des Reichs 
bilden usw. Für die Aburteilung politischer Ver- 
gehen und geheimer Verbindungen wird eine Be- 
hörde aus 5 Senatoren und 1 Vorsitzenden be- 
stellt, zu denen noch 4 vom Kaiser alljährlich 
ernannte Mitglieder treten. In manchen Fällen 
werden Senatoren vom Kaiser mit außerordent- 
lichen Revisionen der Verwaltungen beauftragt. 
Die Mitglieder des Senats werden meist aus den 
höheren Beamten entnommen. 
Der Ministerrat besteht nach dem Organi- 
sationsgesetz von 1906 aus den Chefs der einzelnen 
Ministerialverwaltungen, auch wenn sie nicht den
	        
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