Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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diger Menge vorkommen, zum Teil in außer- 
ordentlicher Menge. Die reichsten Lager von Eisen- 
erzen finden sich im Bezirk Jekaterinoflaw bei 
Kriwoi Rog, das an 10 der Gesamterzeugung 
liefert, dann im Ural, in Polen, im Altai, im 
Kaukasus usw.; Kohlen kommen vor im Donez= 
gebiet, in Polen und im Ural, Zink im Ussuri- 
gebiet und im Ural, Gold im Altai, im Amur- 
gebiet und in den sibirischen Flüssen, Kupfer im 
Ural, im Kaukasus und in Sibirien, Naphtha bei 
Baku und Grosny. Die Produktion betrug 1908;: 
24 766 560 t Steinkohlen, 49 877 kg Gold, 
65 094 t Zink, 8605 414 t Naphtha; 190 9: 
5116,6 kg Platin und 18455 4 Kupfer. 
Die Industrie ist vorwiegend bäuerliches 
Hausgewerbe, namentlich Wolle, Leinen und Hanf 
werden fast in ganz Rußland im Haus versponnen; 
auch die Fabrikation von Lederwaren ist sehr weit 
als Hausindustrie verbreitet. Die Anfänge der 
Fabrikindustrie reichen in das 17. Jahrh. zurück, 
doch nahm sie erst seit etwa 40 Jahren, seit der 
Aufhebung der Leibeigenschaft und infolge des 
Schutzes durch Einfuhrzölle, einen bedeutenden 
Aufschwung. Die modernen Formen des fabrik- 
mäßigen Großbetriebs wurden unvermittelt vom 
Westen übernommen. Die Textilindustrie hat sich 
besonders in St Petersburg und um Lodz sowie 
in den Gouvernements um Moskau und in Wla- 
dimir entwickelt. Die Eisenindustrie hat im An- 
schluß an die Eisenlager eine große Ausdehnung 
erreicht und vermag den einheimischen Bedarf fast 
völlig zu decken. Sie erzeugte 1909: 2871320 t 
Roheisen (/16 in Südrußland, 3/106 im Ural), 
3129510 t Eisen= und Stahlhalbfabrikate, 
2621 360 t fertiges Eisen und Stahl. Die Zucker- 
industrie hat ihren Mittelpunkt in den Gouverne- 
ments Kijew, Wolhynien, Podolien, Kurstk usw. 
(1909 erzeugten 277 Fabriken 1144 150 t), die 
Petroleumindustrie im Kaukasus, die Mllerei 
besonders im Süden und im Wolgagebiet, die 
Holzindustrie in den Teilen nördlich von St Pe- 
tersburg und im Gouvernement Archangelsk. Von 
Bedeutung ist ferner die Herstellung von Brannt- 
wein, die Brauerei, die Fabrikation von Tabak, 
Zündhölzern, Papier, Chemikalien, Ton= und 
Glaswaren usw. 
Der Handel ist im Innern stark entwickelt, 
besonders in den Großstädten und den größeren 
Flußhäfen; zu seiner Belebung dienen zahlreiche 
Jahrmärkte und Messen, von denen namentlich 
Nischnij Nowgorod und Irbit von überragender 
Bedeutung sind. Der Handel mit dem Ausland 
über die europäische Grenze, über die Schwarze 
Meer= und Kaukasusgrenze sowie mit Finland 
(das gegenüber Rußland Zollausland ist) weist in 
der Ausfuhr große Schwankungen auf je nach dem 
Ausfall der Ernte, während die Einfuhr gleich- 
mäßiger bleibt; jene betrug im Durchschnitt 1904 
bis 1908: 1212,8 Mill. M Lebensmittel, 754,4 
Mill. / Rohmaterialien und Halbfabrikate, 57,05 
Mill. M Fabrikate, 49,5 Mill. A/ Vieh; 1909 
  
Rußland. 
  
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dagegen 1944,6 bzw. 899,21, 53,35 und 54 
Mill. M. die Einfuhr 1909: 1703 Mill. Jr. 
Hauptgegenstände der Einfuhr waren Maschinen 
und Apparate (213,3 Mill. Al), Rohbaumwolle 
(189,2), Rohwolle (84,8), Tee (62,3, ohne Ziegel- 
tee), Steinkohlen (61,4), Roh-Kautschuk und 
Guttapercha (52,1) usw., der Ausfuhr Weizen 
(829,7), Gerste (358,3), Holz (272,4), Flachs 
und Werg (146,8), Hafer (133,5), Butter 
(104,6), Roggen (73,8), Olkuchen (72,7), Naphtha 
und Fprodukte (70,4), Mais (67,2), Kleie (57 
Mill. M) usw. Die wichtigsten Verkehrsländer 
waren Deutschland (45,8% der Einfuhr, 28,2% 
der Ausfuhr), Großbritannien (16,2 und 21,1%), 
die Niederlande (1,12 und 13,8 %), Frankreich 
(6,23 und 6,5%), Osterreich-Ungarn (8,4 und 
4,4 % ) und Finland (4,2 und 3,8 /,). Deutsch- 
land bezieht aus Rußland hauptsächlich Getreide, 
Eier, Holz, Flachs, Hanf, Rauchwaren, Häute, 
Tiere usw. und liefert dahin besonders Maschinen, 
Metallwaren, chemische und pharmazeutische Pro- 
dukte, Textilwaren, Rohstoffe für die Industrie 
(Baumwolle, Wolle, Seide usw.), Instrumente, 
bearbeitete Häute usw. 
Verkehr. 1908 liefen in den russischen Häfen 
11011 Schiffe mit 10 760 279 Registertonnen 
ein, 10 926 Schiffe mit 10 645“555 R.-T. aus; 
der Anteil der russischen Flagge betrug 15,8 % 
der Schiffe und 10,9% des Raumgehalts. Die 
eigne Handelsflotte besaß 1910: 3363 Schiffe 
mit 1046 981 R.-T. (26,7 % der Schiffe mit 
63,2 % des Raumgehalts sind Dampfer). Die 
Eisenbahnen wurden anfänglich von privaten 
Unternehmern gebaut, wobei der Staat für die 
Verzinsung des aufgewandten Kapitals Bürgschaft 
leistete; 1880 waren erst 4 ½/2% der Bahnen im 
Staatsbesitz. Seit Alexander III. wurde mit dem 
Bau von Staatsbahnen und dem Ankauf der 
Privatbahnen begonnen und seither fortgeführt; 
doch wird der Bau von Privatbahnen vom Staat 
noch immer unterstützt. Für die große Ausdehnung 
des Reichs ist das Bahnnetz noch ziemlich dünn; 
vorhanden waren 1909: 71 780 km, davon 
54899 im Europäischen Rußland; 52 600 km 
waren im Besitz des Staats. Die Überschüsse der 
Betriebsausgaben über die Roheinnahmen sind 
seit 1900 (426,3 Mill. Rubel) ständig gefallen 
(1906 nur 308,3 Mill. Rubel), hauptsächlich 
wegen der vornehmlich aus strategischen Gründen 
gebauten asiatischen Bahnen, die bedeutende Zu- 
schüsse erfordern. — Die Zahl der Chausseen 
ist in Rußland gering (außer in den Ostseepro= 
vinzen), die vorhandenen vielfach in sehr schlechtem 
Zustand. 1907 gab es nur 16 000 km vom Staat 
gebaute und unter dem Ministerium für Verkehrs- 
wege stehende Hauptstraßen. Einen gewissen Ersatz 
bieten die Binnenwasserstraßen, an denen Ruß- 
land sehr reich ist; im Europ. Rußland gibt es an 
125 100 km, im Asiatischen an 118900 km (davon 
25 800 bzw. 34600 km für Dampfer fahrbar), die 
trotz ihrer Primitivität einen jährlichen Verkehr von
	        
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