Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

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setzte. Dessen Bruder und Nachfolger Heinrich 
der Fromme (f 1541) war jedoch durch den Ein- 
fluß seiner Gemahlin (Katharina von Mecklen- 
burg) für den Protestantismus gewonnen worden. 
Heinrichs Sohn Moritz gehört zu den markantesten 
Fürsten der Reformationszeit. Obwohl Förderer 
des Protestantismus, schloß er sich aus Ehrgeiz 
und Ländergier dem Kaiser gegen die Schmal- 
kaldener an. Infolge der Wittenberger Kapitu- 
lation vom 19. Mai 1547 erhielt er (4. Juni 
1547) die Kurwürde mit Sachsen-Wittenberg 
übertragen (feierliche kaiserl. Belehnung 24. April 
1548 zu Augsburg). Teils der Unwille darüber, 
daß er nicht auch noch Thüringen erhalten, teils die 
Gefangenhaltung seines Schwiegervaters Philipp 
von Hessen durch den Kaiser, teils auch das ab- 
solute Regiment Kaiser Karls V., vor allem aber 
das Streben nach der Errichtung eines protestan- 
tischen Kaisertums, brachten Moritz vom Kaiser 
ab. Er söhnte sich mit den Ernestinern aus, schloß 
ein Bündnis mit Frankreich (1551), indem er die 
lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun 
an Frankreich preisgab, empfing von Frankreich 
Jahrgelder gegen den Kaiser und war insgeheim 
an den verschiedenen Fürstenverschwörungen gegen 
den Kaiser beteiligt, dem er sich äußerlich als treu 
ergebener Anhänger zeigte. Im Frühjahr 1552 
führte er das Heer, mit welchem er in kaiserlichem 
Auftrag die Reichsacht an Magdeburg vollziehen 
sollte (Ubergabe der Stadt Nov. 1551), gegen 
den Kaiser, der sich nur durch schleunige Flucht 
aus Innsbruck der Gefangenschaft entziehen konnte 
und durch Beitritt zum Passauer Vertrag (Aug. 
1552) den evangelischen Reichsständen Reli- 
gionsfreiheit zusichern mußte. Im Alter von 
32 Jahren starb Moritz an einer Wunde, die er 
im Kampf gegen den Markgrafen Albrecht Alci- 
biades von Brandenburg-Kulmbach davongetragen 
(1553). Sein Bruder und Nachfolger August 
(1 1586) brachte die bischöflichen Stifter Merse- 
burg (1561), Naumburg (1564) und Meißen 
(1581) an sich, kaufte von den Grafen von Reuß 
das 1547 verlorene Vogtland zurück (1569) und 
bereitete durch Zwangsverwaltung des Vermögens 
des verschuldeten Grafen von Mansfeld den Heim- 
fall (1780 erfolgten) eines Teiles der Graf- 
schaft Mansfeld an Kursachsen vor. Unter Chri- 
stian I. (1586/91) kam durch den Kanzler Crell 
der Kryptokalvinismus zur Einführung; unter 
Christian II. (1591/1611) wurde Crell jedoch 
gestürzt (enthauptet 1601) und das strenge Luther- 
tum (mit Religionseid) wieder eingeführt. Kur- 
fürst Johann Georg I. (1611/56) sträubte sich 
lange Zeit gegen die Anträge des Schwedenkönigs 
Gustav Adolf (die sächsische Politik neigte trotz der 
religiösen Gegensätze mit Vorliebe nach Osterreich 
bzw. zum Kaiser infolge der wirtschaftlichen Ab- 
hängigkeit Sachsens von den kaiserlichen Erb- 
landen). Erst Tillys Einfall in Sachsen brachte 
ihn auf des Schweden Seite. Nach der Schlacht 
bei Nördlingen (1634) schloß der Kurfürst jedoch 
Sachsen. 
  
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mit dem Kaiser den Frieden zu Prag (80. Mai 
1635), in dem Sachsen unter Belassung der 
säkularisierten Kirchengüter die beiden Lausitz als 
böhmische Lehen und außerdem vier magdeburgische 
Amter erhielt. Die Schweden aber rächten sich durch 
eine zehnjährige Brandschatzung (1645: Waffen- 
stilstand zu Kötzschenbroda; 1650: 270 000 Taler 
Kriegskontribution). Der Westfälische Friede von 
1648, in dem Sachsen die Ansprüche auf Magde- 
burg aufgeben mußte, nahm dem Kurfürstentum 
für immer die Möglichkeit, sich elbabwärts aus- 
zubreiten, und besiegelte das Ubergewicht Preußens. 
Im Jahr 1653 kam das Direktorium des Corpus 
Evangelicorum (s. d. Art.) an Kursachsen. 
Kurfürst Johann Georg II. (1656/80) mußte 
auf Grund des väterlichen Testaments von 1652 
durch Hauptvergleich zu Dresden vom 22. April 
1657 seinen drei jüngeren Brüdern, August, 
Christian und Moritz, Gebiete überlassen, sollte 
allerdings über diese die Oberhoheit behalten. 
August ((1680) stiftete die 1746 erloschene Linie 
Sachsen-Weißenfels, Christian (11691) die 1738 
erloschene Linie Sachsen-Merseburg, Moritz#1681) 
die 1759 erloschene Linie Sachsen -Naumburg- 
Zeitz. Die Gebiete fielen also durch die Gunst 
des Schicksals sämtlich an Kursachsen zurück. 
Der letzte Inhaber der Weißenfelser Lande, der 
Reichsfeldzeugmeister Johann Adolf (I 1746), 
war katholisch geworden, ebenso aus der Naum- 
burg-Zeitzer Linie Moritz Adolf (71759 als Bi- 
schof zu Leitmeritz) und Christian August (k#1725 
als Kardinal und Erzbischof von Gran). 
Schon Herzog Albrecht, der Gründer der alber- 
tinischen Linie, hatte in seinem Testament von 
1499 die Individualsukzession eingeführt, aller- 
dings nur in Gestalt eines Seniorats. Als die 
Kur an die albertinische Linie kam, ließ man die 
für diese (durch die Goldene Bulle) vorgeschriebene 
Form der Individualsukzession nach dem Recht 
der Primogenitur auch für die hausgesetzliche Erb- 
folge gelten, aber nur für die „Kur= und Erb- 
lande“. Erst nachträglich wurde die Primogenitur- 
ordnung auf die „nicht inkorporierten Landen“, 
die nach der Wittenberger Kapitulation noch ge- 
machten Erwerbungen, ausgedehnt, von denen die 
Lausitz die wichtigste war. Neben dem kursäch- 
sischen Landtag für die Kur= und Erblande hatten 
denn auch nur die Markgrafschaften Ober= und 
Niederlausitz eine eigne Ständevertretung. 
Auf Johann Georg II. folgte Johann Georg III. 
(1680/91);erschufein stehendes Heer und stand dem 
Kaiser treu zur Seite gegen Türken (Belagerung 
Wiens 1688) und Franzosen. Ihm folgten seine 
Söhne Johann Georg IV. (1691/94) und Friedrich 
August I. der Starke (1694/1733). Dieser wurde 
17. Juni 1697 zum König von Polen gewählt 
(als August II.) und trat zur katholischen Kirche 
über, ebenso (1712) der Kurprinz Friedrich August. 
Seitdem gehört die albertinische Linie des Hauses 
Wettin wieder der katholischen Kirche an. Friedrich 
August I. machte sich in Finanzfragen von den
	        
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