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200 000 t Gußwaren im Wert von 45 Mill. M.
Erzeugnisse aus Schweißeisen für mehr als
3 Mill. M, aus Flußeisen für über 23 Mill. M).
Sachsen gehört zu den ersten Industrieländern der
Erde. An erster Stelle steht die Textilindustrie
(330000 beschäftigte Personen), es folgen das Be-
kleidungsgewerbe (157000) die Maschinenindustrie
(134000) die Nahrungsmittelindustrie (111000),
die Metall beitungsindustrie (85 000), die
Industrie der Holz= und Schnitzstoffe (74.000),
der Steine und Erden (64 000) usw. Sehr be-
deutend sind auch die Papierindustrie (40 000 be-
schäftigte Personen) und die polygraphischen Ge-
werbe (32000). Im Handelsgewerbe waren 1907:
192 000, im Verkehrsgewerbe 30 000, in der
Gast= und Schankwirtschaft 64000 Personen tätig.
Dem Verkehr dient neben den 1908: 263) km
Eisenbahnen (sämtlich Staatsbahnen) die Elb-
schiffahrt. Die wichtigsten Banken sind die Dres-
dener Bank, die Sächsische Bank (Notenbank), die
Leipziger Hypothekenbank, die Landeskultur-Ren-
tenbank, der Erbländische Ritterschaftliche Kredit-
verein (Leipzig).
III. Verfassung und Berwaltung. Die
Krone ist erblich im Mannesstamm des Sachsischen
Fürstenhauses nach dem Recht der Erstgeburt und
der agnatischen Linealfolge vermöge Abstammung
aus ebenbürtiger Ehe. In Ermanglung zur Nach-
folge berechtigter Prinzen geht die Krone auf eine
aus ebenbürtiger Ehe stammende weibliche Linie
ohne Unterschied des Geschlechts über. Der König
wird mit Abschluß des 18. Jahrs volljährig, er
muß die Verfassungszusage leisten und kann ohne
Zustimmung der Stände weder Oberhaupt eines
andern Staats werden, Erbanfälle ausgenommen,
noch seinen wesentlichen Aufenthalt außerhalb Lan-
des nehmen. Die Zivilliste, zurzeit 3,55 Mill. M,
wird für die Regierungszeit des Königs gemeinsam
von diesem und dem Landtag festgesetzt. Sie ist
nach der Verfassung als Aquivalent für die den
Staatskassen auf die Dauer der jeweiligen Re-
gierungszeit überwiesenen Nutzungen des könig-
lichen Domänenguts zu betrachten. Der neue
König darf die Nutzungen der Kammergüter wie-
der an sich ziehen, wenn die Stände nicht min-
destens eine Zivilliste bewilligen, welche der im
Jahr der Verfassung mit 500 000 Talern ver-
abschiedeten an Höhe wenigstens gleichkommt. Die
Gebührnisse und Apanagen der Prinzen und Prin-
zessinnen sind, ebenso wie die gesamte Verfassung
des königlichen Hauses durch Hausgesetz vom
30. Dez. 1837 geregelt; aus der Staatskasse wer-
den an Apanagen gezahlt: 524 564 M.
Der Landtag besteht aus zwei Kammern.
Die Erste Kammer (letzte Anderung 1863)
wird gebildet aus den volljährigen Prinzen des
königlichen Hauses, aus je einem Vertreter der
Schönburgschen Rezeß= und Lehnsherrschaften, den
Besitzern der Herrschaft Wildenfels, der Standes-
herrschaften Königsbrück und Reibersdorf, aus je
einem Vertreter des Hochstifts Meißen, des Kol-
Staatslexikon. IV. 3. u. 4. Aufl.
Sachsen.
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legiatstifts Wurzen und der Universität, aus dem
evangelischen Oberhofprediger, dem Superinten-
denten in Leipzig, dem Dekan des katholischen
Domstifts St Petri in Bautzen, aus zwölf von
den Ritterguts= und großen Grundbesitzern ge-
wählten Gutsbesitzern, zehn vom König ernannten
Nittergutsbesitzern, den Oberbürgermeistern der
Städte Dresden und Leipzig, sechs Bürgermeistern
von durch den König zu bestimmenden Städten
und aus fünf vom König nach freier Wahl auf
Lebenszeit zu ernennenden Mitgliedern. Der ka-
tholische Bischof gehört der Ersten Kammer nur
an, wenn er gleichzeitig der Dekan des Bautzener
Domstifts ist. Das Recht des Königs, fünf Mit-
glieder zu ernennen, hat es ermöglicht, daß In-
dustrie und Handel eine wenn auch geringe Ver-
tretung finden. In der in Aussicht genommenen
Reform sollen Handel, Gewerbe, Industrie und
Technische Hochschule mehr zur Geltung kommen.
Die Zweite Kammer besteht nach dem Ge-
setz vom 5. Mai 1909 aus 91 auf 6 Jahre nach
einem Pluralwahlsystem gewählten Abgeordneten
(48 auf das Land, 43 auf die Städte, davon je
7 auf Dresden und Leipzig, auf Chemnitz 4).
Wählen kann jeder männliche Sachse, der 25 Jahre
alt ist, 2 Jahre die sächsische Staatsangehörigkeit
besitzt, direkte Staatssteuer zahlt und ein halbes
Jahr nur im Ort der Listenaufstellung seinen
Wohnsitz hat. Jeder Wahlberechtigte hat eine
Grundstimme, zu der bis drei Zusatzstimmen treten
können.
Zwei Stimmen haben die Wahlberechtigten,
a) die ein Einkommen von mehr als 1600 M haben;
b) die aus öffentlichem Amt oder aus privater
dauernder Anstellung ein Einkommen von mehr
als 1400 M beziehen; c) die zur Gewerbekammer
oder zum Landeskulturrat wählen dürfen und aus
ihrem Betrieb ein Einkommen von mehr als
1400 M beziehen; d) die bei Abschluß der Wähler-
liste als Eigentümer oder gesetzlich nutzungsberech-
tigt in Sachsen Grundbesitz haben, auf dem min-
destens 100 Steuereinheiten haften, vorausgesetzt,
daß das Gesamteinkommen des Wählers 1250 M
übersteigt; e) die beim Abschluß der Wählerliste als
Eigentümer oder gesetzlich Nutzungsberechligte in
Sachsen Grundbesitz haben, von dem mehr als 2ha
der Land= oder Forstwirtschaft oder dem Obstbau
oder mehr als 0,5 ha der Gärtnerei oder dem Wein-
bau dienen; 1) die ihre wissenschaftliche Bildung
durch Zeugnisse, die für den einjährig-freiwilligen
Militärdienst genügen, nachweisen können.
Drei Stimmen haben die Wahlberechtigten,
a) die ein Einkommen von mehr als 2200 NM zur
Staatseinkommensteuer versteuern; b) die im Sinn
Litera Ab,c ein dienstliches oder gewerbliches Ein-
kommen von mehr als 1900 M beziehen; c) die,
ohne sich in öffentlichem oder privatem Dienstver-
hältnis zu befinden, aus einer wissenschaftlichen
oder höheren künstlerischen Tätigkeit (als Rechts-
anwälte, Arzte, Hochschullehrer, Ingenieure, Künst-
ler, Schriftsteller oder in ähnlicher Lebensstellung)
mehr als 1900 J Einkommen beziehen; d) die
Grundbesitz im Sinn Litera A d haben, auf dem
über 150 Steuereinheiten haften, vorausgesetzt, daß
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