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davon ruhten 1090 Mill. M in den Eisenbahnen,
254 Mill. M in Forsten. Demgegenüber stand
eine Staatsschuld von 913 Mill. M/ (letzte An-
leihe 1902 aufgenommen, die alte Schuld seitdem
ständig getilgt). Der Etat für ein Jahr der Fi-
nanzperiode 1908/09 betrug in Einnahmen und
Ausgaben je 347 Mill. M. Die reinen Erträg-
nisse aus dem Staatsvermögen und den Staats-
anstalten betrugen 56,7 Mill. M. aus Steuern
und Abgaben 65,8 Mill. M. Die höchsten Auf-
wendungen wurden gemacht für Schuldentilgung
und Schuldenverzinsung (40 Mill.), für Kultus
und Unterricht (26.7 Mill.), für Inneres (22,6
Mill. M). Das königliche Hausfideikommiß (ge-
stiftet 1737) ist Eigentum des königlichen Hauses,
ist aber vom Land unzertrennbar und unveräußer-
lich, es geht stets auf den rechtmäßigen Regenten
über (auch beim Erlöschen des albertinischen
Mannesstamms). Daneben besteht noch eine Se-
kundogenitur (seit 1781), welche jeweils der zwei-
ten Linie zugute kommen soll (über deren Ursprung
vgl. Sp. 827).
IV. Kirche und Schule. Staatlich anerkannte
Religionsgesellschaften mit den Rechten einer öffent-
lich-rechtlichen Korporation sind die evangelisch-
lutherische, die römisch-katholische, die reformierte
Kirche und die deutsch-katholischen Glaubensge-
nossen, die sich zu den Glaubenssätzen bekennen,
die auf der Kirchenversammlung in Leipzig Ostern
1845 angenommen wurden (Gesetz vom 2. Nov.
1848 über die Rechtsverhältnisse der deutschkatho-
lischen Glaubensgenossen). Wollen Vereine oder
Genossenschaften einen besondern religiösen Kultus
üben, so bedürfen sie hierzu der staatlichen Ge-
nehmigung durch das Ministerium des Kultus und
öffentlichen Unterrichts. Die Genehmigung wird
erteilt, wenn die in den Statuten festzustellenden
Religionsgrundsätze und Normen für die Religions-
übung mit der Ehrfurcht gegen Gott, dem Gehor-
sam gegen die Gesetze und der allgemeinen Sitt-
lichkeit vereinbar sind und nicht in der geringen
Zahl der Teilnehmer oder in deren Persönlichkeiten
Grund zu Zweifeln über den zweckentsprechenden
Fortbestand liegt. Durch die Bestätigung erlangt
die Religionsgesellschaft das Recht, unter Ober-
aussicht des Staats gottesdienstliche Zusammen-
künfte in dazu bestimmten Räumlichkeiten zu ver-
anstalten und sowohl hier als in Privatwohnungen
der Mitglieder die ihren Religionsgrundsätzen
entsprechenden Gebräuche auszuüben, auch eigne
Prediger und Religionslehrer anzunehmen (Gesetz
vom 20. Juni 1870). Als Dissidentenvereine mit
diesen Rechten sind anerkannt einzelne Apostolische
oder Katholisch-apostolische Gemeinden, die bi-
schöflichen Methodisten, die separierten Evange-
lisch-lutherischen oder umgeänderten Augsburgi-
schen Konfessionsgemeinden, die Tempelgesellschaft
usw. Die Prediger der Dissidentenvereine müssen,
wenn sie den Titel Pfarrer oder Pastor führen
wollen, demselben einen Zusatz beifügen, welcher
zu erkennen gibt, daß sie nicht die Eigenschaft eines
Sachsen.
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geistlichen Amts in einer der anerkannten Kirchen
in Anspruch nehmen.
In katholisch kirchlicher Hinsicht bilden die
Erblande (die 4 alten Kreise, vgl. Sp. 839) und
die Oberlausitz je für sich ein Jurisdiktionsgebiet.
In den Erblanden hatte die Reformation alles
katholische Leben vernichtet. Erst seit der Konver-
sion des Kurfürsten Frkedrich August I. (1697)
und des Kurprinzen (1712) wurde der katholische
Kultus wieder geduldet (1739/51 Bau der Dres-
dener Hofkirche). In der bis 1635 zu Böhmen
gehörigen Lausitz hatte sich der katholische Glaube
teilweise erhalten, nicht zuletzt dank des Wirkens
der der Kirche treu gebliebenen Zisterzienserinnen-
klöster Marienstern (bei Kamenz) und Mariental
(bei Zittau) sowie der katholisch gebliebenen Ka-
noniker in Bautzen (Dekan, Senior, Kantor,
Scholastikus). Die kirchliche Jurisdiktion über die
Lausitz war bei der Abdankung des letzten Bischofs
der Diözese Meißen (1581) von diesem dem De-
kan des St Petristiftes in Bautzen als Admini-
strator des Meißener Bistums in der Lausitz über-
tragen worden. In dessen Händen ist die Juris-
diktion bis heute für die noch sächsischen Teile der
Lausitz verblieben. In dem Traditionsrezeß vom
30. Mai 1635, durch welchen die Lausitz an
Sachsen abgetreten wurde, wurde den bestehenden
katholischen Gemeinden und den beiden Klöstern
Marienstern und Mariental der landesherrliche
Schutz zugestanden. Die industrielle Entwicklung
des Landes im 19. Jahrh. brachte im Verein mit
dem Recht der Freizügigkeit den Erblanden wie
der Lausitz wieder ein Anwachsen der Katholiken.
In den Erblanden wurde 1763 ein eignes Apo-
stolisches Vikariat errichtet, zu dem seit 1877 auch
das Herzogtum Sachsen-Altenburg und seit 1874
bzw. 1889 die beiden Reuß (s. d. Art.) ge-
hören und dessen Inhaber seit 1816 regelmäßig
mit der bischöflichen Würde bekleidet wird. Seit
1831 wurde der Apostolische Vikar für die sächsi-
schen Erblande bis auf zwei Ausnahmen (in dem
einen Fall ernannte der Heilige Vater) gleichzeitig
von den Kanonikern des Bautzener Domstifts zum
Domdekan von Bautzen gewählt. Trotz dieser
Personalunion der beiden obersten Kirchenämter
im Königreich Sachsen sind aber die beiden Juris-
diktionsgebiete mit ihrer zum Teil verschiedenen
Verwaltung nach wie vor bestehen geblieben.
Der zwischen Frankreich und Sachsen geschlos-
sene Friede zu Posen (11. Dez. 1806) brachte
die nominelle Gleichberechtigung der Katholiken
auf bürgerlichem und politischem Gebiet mit den
Anhängern der Augsburger Konfession; das lan-
desherrliche Mandat vom 16. Febr. 1807 und die
deutsche Bundesakte von 1815 (Art. 16) bestätigte
diese Bestimmungen. Das heute noch zu Recht be-
stehende Mandat vom 19. Febr. 1827, das auch
den protestantischen Pfarrzwang aufhob, setzte für
die kirchliche Verwaltung und Gerichtsbarkeit, ein-
schließlich der Ehegerichtsbarkeit, in den Erblanden
das „katholisch-geistliche Konsistorium (drei geist-