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Ministerium (zwei Glieder) übertragen. Das
Konsistorium wurde 1869 aufgehoben und die
Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten einer
Ministerialabteilung übertragen. Die Kirchen-
gemeindeordnung beruht auf dem Patent vom
8. Febr. 1877, eine Synodalordnung gibt es
nicht. Die Einführung von General= und Spe-
zialsynoden ist bisher am Widerstand des Land-
tags gescheitert.
Die Rechtsverhältnisse des Staats gegenüber
der katholischen Kirche haben bisher eine ge-
setzliche Reglung nicht gefunden. Seit den 1820er
Jahren sorgte für die Befriedigung der religiösen
Bedürfnisse der Katholiken in der Stadt Alten-
burg ein Geistlicher aus Leipzig. Durch Reskript
der Propaganda vom 27. Juni 1869 erhielt ohne
offizielle Verständigung der Regierung der Bischof
von Paderborn die Jurisdiktion über die Katho-
liken des Landes, die aber durch Propaganda-
dekret vom 19. Sept. 1877 an den Apostolischen
Vikor im Königreich Sachsen übertragen wurde.
Das Gemeindestatut der „katholischen Gemeinde
in Altenburg" vom 1. Febr. 1876 erhielt am
18. März 1876 die Bestätigung des Landesherrn
als juristische Person des privaten Rechts. Mit-
glied der Gemeinde ist, wer seinen Eintritt erklärt
und in das vom Vorstand zu führende Mitglieder-
verzeichnis ausgenommen ist. Kirchenrechtlich gilt
die Altenburger Gemeinde als Filiale der katho-
lischen Pfarrei zu Leipzig. Die von der Regierung
unterstützten wiederholten Bemühungen zur Er-
langung der Stellung einer öffentlich-rechtlichen
Korporation scheiterten an dem Widerspruch des
Landtags. Die Anstellung eines ständigen Geist-
lichen in der Stadt Altenburg wurde unter Fest-
setzung der staatlichen Hoheitsrechte durch Mini-
sterialreskript vom 12. Febr. 1877 genehmigt
(abgeändert 11. Aug. 1880). Die Verordnung,
die Bildung neuer Religionsgesellschaften betreffend,
vom 24. Jan. 1871, nach der die Geistlichen neu-
gebildeter Religionsgesellschaften eigentliche Paro-=
chialhandlungen nicht verrichten dürfen, ist gegen-
über den Katholiken bis heute nicht zur Anwendung
gelangt. Der Altenburger Geistliche sowohl wie
auch andere Geistliche (aus Gera (Reuß j. L.) und
Zipsendorf lim preußischen Kreis Zeitz)) verrichten
kirchliche Funktion einschließlich des Religions-
unterrichts in sieben Orten (außer Altenburg) des
Herzogtums. Über die Kirchhöfe gibt es keine
bezüglich der Katholiken ausgesprochene Bestim-
mungen, jedoch steht dem katholischen Geistlichen
nichts im Weg, rite die Beerdigungen vorzu-
nehmen. Eine Ausnahme macht die Friedhofs-
ordnung in Meuselwitz (Stadt). Hier ist es dem
katholischen Geistlichen nicht erlaubt zu predigen
und streng genommen auch nicht gestattet, das
Vaterunser zu beten.
Die öffentlichen Volksschulen sind sämtlich
evangelisch-lutherisch, sie werden von Schulgemein-
den errichtet und unterhalten. Die Katholiken
müssen anteilmäßig gleichviel beitragen wie die
Sachsen-Coburg und Gotha.
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Protestanten. Die Ortsschulaufsicht durch Geist-
liche ist durch Gesetz vom 27. Dez. 1907 aufge-
hoben, sie wird vom Schulvorstand auf drei Jahre
einer geeigneten Persönlichkeit übertragen (ausge-
nommen sind die Lehrer der betreffenden Schul-
gemeinde), doch kann auch die obere Schulbehörde
bei einer Schule mit mehreren Lehrern den Leiter
dieser Schule damit beauftragen. Dem durch
den Schulvorstand gewählten Ortsschulinspektor
steht die Aufsicht über den fachmännischen Teil
des Unterrichtsbetriebs nicht zu. — Eine private
katholische Volksschule (1910: 220 Kinder) besteht
seit 1902 in dem Dorf Rositz Landratsamt Alten-
burg), doch wird diese Schule seit 1908 mangels
an Mitteln nur von den Kindern im Alter von 8
bis 13 Jahren besucht. Der Staat zahlte in den
Jahren 1908/09 und 1909/10 je einen Zuschuß
von 800, im Jahr 1909/10 von 1200 M (bis
dahin nichts). Die Gemeinde Rositz hat bisher
einen Zuschuß verweigert. Die Einrichtung einer
privaten katholischen Schule in Altenburg (120
schulpflichtige katholische Kinder) scheiterte bisher
am Mangel an Unterhaltungskosten.
Literatur. Sachse, Die Fürstenhäuser S.-A.
mit Rücksicht auf die altenburg. Landesgesetze
(1826); Braun, Gesch. der Burggrafen von Alten-
burg (1868); ders., Erinnerungsblätter aus der
Gesch. Altenburgs 1526/1826 (1876). Amende,
Landeskunde (1902); Mälzer, Die Landwirtschaft
im Herzogtum Altenburg (1907); Sonnenkalb,
Staatsrecht des Herzogt. S.-A., in Marquardsens
Handbuch des öffentl. Rechts III (1884); Hässel-
barth, Staats= und Verwaltungsrecht des Herzogt.
S.-A. (1909); Albrecht, Das Domänenwesen im
Herzogt. S.-A. (1905); Brandt, Der Bauer u. die
bäuerlichen Lasten im Herzogt. S.-A. vom 17. bis
19. Jahrh. (1907); J. u. E. Löbe, Gesch. der Kir-
chen u. Schulen (3 Bde, 1884/91); Sammlung der
auf die Landeskirche des Herzogt. S.-A. sich be-
ziehenden Bestimmungen, hrsg. von Geyer (reicht
bis 1905); Freisen, Staat u. kath. Kirche usw. II
(1906) 327 ff; derf., Der kath. u. protest. Pfarr-
zwang (1906) 104 ff. Für Bibliographie: Löbe,
Altenburgica (1878). (Sacher.]
Sachsen-Coburg und Gotha. 1. Ge-
schichte. Gotha war bei der Erbteilung von
1641 dem größeren thüringischen Gebiet zugeteilt
worden, welches Ernst der Fromme erhielt (val.
d. Art. Sachsen-Weimar-Eisenach). Beim Aus-
sterben der Altenburger Linie (1672) fiel ihm
ferner der größere Teil der Altenburger Erbschaft
(darunter auch Coburg) zu. Ernst der Fromme
(71625) ist der Stammvater sämtlicher herzog-
lichen Linien des ernestinischen Hauses. Er hinter-
ließ sieben Söhne, die das väterliche Erbe auf-
teilten; Friedrich I. (7 1691) gründete die Linie
Sachsen-Gotha, auch Gotha-Altenburg genannt,
Bernhard I. (1 1706) die Linie Sachsen-Mei-
ningen (s. d. Art.), Ernst (1 1715) die Linie
Sachsen-Hildburghausen (s. d. Art. Sachsen-
Altenburg), Johann Ernst (71 1729) die Linie
Saalfeld, seit 1735 Coburg-Saalfeld (s. unten).
Von den weiteren drei Söhnen Ernsts des Frommen