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aus 11, der für Gotha aus 19 Mitgliedern.
Diese 30 Abgeordneten zusammen bilden den ge-
meinsamen Landtag. Um eine Majortsierung der
Coburgschen Abgeordneten zum Nachteil ihrer
Landesinteressen zu verhindern, ist zur Gültigkeit
der Beschlüsse des gemeinschaftlichen Landtags die
Zustimmung der Mehrheit der Abgeordneten eines
jeden Herzogtums erforderlich. Die Abgeordneten
werden auf vier Jahre aus allgemeinen indirekten
Wahlen gewählt. Das aktive Wahlrecht besitzt
mit den allgemein üblichen Beschränkungen jeder
selbständige, männliche Staatsangehörige, der das
25. Lebensjahr zurückgelegt hat, einen eignen
Hausstand führt, direkte Staatssteuer zahlt; für
das passive Wahlrecht ist das 30. Lebensjahr
vorgeschrieben. Staatsbeamte haben die Annahme
der Wahl der vorgesetzten Behörde nur anzuseigen.
Präsidenten und Stellvertreter wählen sich die
Landtage selbst. Die in Coburg und Gotha
wohnenden Abgeordneten erhalten täglich 6 M,
die auswärtigen 10 M Diäten und Reisekosten.
Im Fall der Auflösung durch den Herzog ist Neu-
wahl binnen 14 Tagen, Wiederzusammentritt
längstens 6 Monate nach der Wahlausschreibung.
— Jeder Landtag, auch der gemeinschaftliche,
wählt aus seiner Mitte ein Landtagsausschuß
für die Zeit, in der der Landtag nicht tagt;z sein
Mandat dauert auch nach Ablauf der Wahlperiode
(bzw. nach der Auflösung) fort bis zum Zusam-
mentritt des neuen Landtags. Innerhalb seiner
Zuständigkeit hat jeder Landtag das Recht der
Mitwirkung an der Gesetzgebung, einschließlich
des Rechts der Initiative. Wenn über die ge-
meinschaftlichen Ausgabesätze für die nächste Fi-
nanzperiode mit dem gemeinschaftlichen Landtag
oder über den neuen Etat eines Herzogtums mit
dessen Einzellandtag eine Einigung nicht zustande
kommt, so gelten die bisherigen gemeinschaftlichen
Etatssätze auf ein Jahr verlängert.
Oberste Behörde ist das Staatsministerium
(Gesetz vom 17. Dez. 1857); es zerfällt in zwei
Abteilungen mit dem Sitz in Gotha bzw. Coburg
für die besondern Angelegenheiten des betreffenden
Herzogtums. Jede Abteilung hat einen verant-
wortlichen Vorsteher, einer von ihnen (zurzeit
der Vorstand der Gothaer Abteilung) ist zugleich
Staatsminister und Vorsitzender des Gesamt-
ministeriums; seiner Abteilung sind die gemein-
schaftlichen Sachen zugewiesen. Die Abteilung
für Gotha besteht aus 4 Departements. — In
Coburg sind alle 4, in Gotha 3 von den 7 Städten
dem Staatsministerium unmittelbar unterstellt;
für die übrigen Städte und die Landgemeinden
sind die Landratsämter (eins in Coburg, 3 in
Gotha) die vorgesetzte Behörde. Das gothaische
Gemeindegesetz vom 11. Juni 1858 bezieht sich
auf Land= und Stadtgemeinden, das coburgische
Gemeindegesetz vom 22. Febr. 1867 nur auf die
Landgemeinden; von den 4 coburgischen Städten
hat jede eine besondere Stadtordnung. Im wesent-
lichen beruhen die Gemeindegesetze auf der gleichen
Sachsen-Coburg und Gotha.
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Grundlage; Orgaue sind der Gemeindevorstand
(Schultheiß) und der Gemeindeausschuß bzw. in
ganzkleinen Gemeinden die Gemeindeversammlung
Für das Gebiet des Herzogtums Gotha bestehen
1 Landgericht und 8 Amtsgerichte. Das Herzog-
tum Coburg gehört mit seinen 5 Amtsgerichten
zu dem mit Sachsen-Meiningen gemeinschaft-
lichen Landgericht Meiningen (Staatsvertrag vom
17. Okt. 1878 und 27. Nov. 1903), beim Amts-
gericht Coburg besteht jedoch eine Strafkammer.
Oberlandesgericht ist das gemeinschaftliche thü-
ringische Oberlandesgericht zu Jena (Staatsver-
trag vom 19. Febr. 1877 und 27. Nov. 19083).
Ein „Verwaltungsgerichtshof für die Herzogtümer
Coburg und Gotha“ (Sitz Gotha) wurde durch
Gesetz vom 14. Nov. 1899 geschaffen, ein Staats-
und Sompetenzgerichshof durch Gesetz vom 8. April
1879.
Eine staatliche Bank ist die Landeskreditan-
stalt zu Gotha (Ablösungskasse, Hinterlegungs-
stelle usw.). Handelskammern bestehen für das
Herzogtum Coburg (seit 1895) und für Gotha
(1896). Eine Handwerkskammer (1900) besteht
für beide Herzogtümer gemeinschaftlich, eine Land-
wirtschaftskammer (1909) für Gotha.
Jedes Herzogtum hat seine selbständige Finanz-
verwaltung und seinen eignen zweijährigen Etat
(in der Finanzperiode 1909/11 balancieren die
jährlichen Einnahmen und Ausgaben in Coburg
mit je 1,21 Mill., in Gotha mit je 4,03 Mill. M).
Daneben besteht ein gemeinschaftlicher zweijähriger
Etat (in der Finanzperiode 1909/11 Einnahmen
und Ausgaben je 2.39 Mill.). Der Beginn der
Finanzperiode der drei Etats ist ein gleichzeitiger.
Die Staatsschulden betrugen 1909 in Coburg
bzw. Gotha 1,89 bzw. 2,48 Mill. M; ihnen steht
ein Vermögen von 1,36 bzw. 2,21 Mill. M gegen-
über.
Hinsichtlich der Rechtsverhältnisse der Domä-
nen ist zwischen Coburg und Gotha zu unter-
scheiden. In Coburg, wo sie ungefähr ½ des
Gebiets umfassen, sind sie nach dem Gesetz vom
29. Dez. 1846 Fideikommißgut des herzoglichen
Hauses, die Reinerträge fließen jedoch je zur Hälfte
in die Landes= und in die herzogliche Kasse (nach
dem Domänenkassenetat 1909/13 jährlich je
110 700 AM). Die UÜberweisungen an die Staats-
kasse sollen zur Tilgung der Landesschuld dienen;
durch Gesetz vom 21. Febr. 1855 wurde die
Schuldentilgungsperiode auf das Jahr 1919 fest-
gesetzt; der Beitrag zur Staatskasse soll alsdann
nur ⅛ betragen. In Gotha, wo die Domänen
u¼ des Gebiets ausmachen, hatie das Abkommen
vom 1. März 1855 die gleichen Bestimmungen
wie das Coburger von 1846. Mit dem Übergang
der Regierung an die englische Nebenlinie fürchtete
man jedoch im Volk, daß bei einem eventuellen
Thronverzicht die gesamten Domänen als privat-
rechtlich sich vererbendes Fideikommiß dem Staat
verloren gingen. Durch das (durch Landtagsbe-
schluß vom 13. Febr. 1903 angenommene) Gesetz