Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

861 
bedürfen Orden, welche sich in den Dienst der 
Wohllätigkeit, z. B. der Krankenpflege stellen, zur 
Errichtung von Stationen keiner behördlichen Ge- 
nehmigung. 
Die Volksschulen sind evangelisch--lutherisch, 
sie werden von den politischen Gemeinden unterhal- 
ten. Private katholische Volksschulen ohne staatliche 
oder kommunale Unterstützung gibt es in Gotha 
(seit 1857, 1910 etwa 100 Kinder) und in Co- 
burg (seit 1807, 1900 gegen 100 Kinder). Die 
Trennung von Kirche und Schule erfolgte schon 
1863 (Aufhebung der geistlichen Ortsschulauf- 
sicht). Nach dem gothaischen Gesetz vom 26. Juni 
1872 und dem coburgischen Gesetz vom 27. Okt. 
1874 sind Schulbehörden der Schulvorstand, das 
Schulamt (Schulinspektor) und das Staatsmini- 
sterium. Die Fortbildungsschulpflicht wurde durch 
diese Gesetze gleichfalls eingeführt. 
Literatur. Galletti, Gesch. u. Beschreibung 
des Herzogt. Gotha (5 Tle, 1779/1824); Gruner, 
Histor.-statist. Beschreibung des Fürstent. Coburg 
saalfeld. Anteils (5 Bde, 1793/1809); Schultes, 
S.-C.-Saalfeldische Landesgesch vom Jahr 1425 
bis auf die neueren Zeiten (2 Bde, 1818/21); Beck, 
Gesch. des gothaischen Landes (3 Bde, 1868/76); 
Fleischmann, Zur Gesch. des Herzogt. S.-C. (1880); 
Lotz, Coburgische Landesgesch. (1892); Karche, 
Coburgs Vergangenheit (1910); Zeitschrift: Aus 
den coburg-gothaischen Landen (seit 1903). Schulze, 
Geographie u. Geschichte des Herzogtums C.-G. 
(1851); Mitteilungen des Statist. Bureaus zu 
Gotha. Forkel, Staatsrecht des Herzogt. S.-C. u. G., 
in Marquardsens Handbuch des öffentl. Rechts III 
(1884); v. Bassewitz, Das Staatsgrundgesetz für 
die Herzogtümer C. u. G. (1905); Strenge, Go- 
thaisches Gemeindeverfassungs= u. Gemeindever- 
waltungsrecht (1905); Entwicklung des Steuer- 
wesens im Herzogt. S.-G. (1906); Strenge, Rud- 
loff u. Claus, Grundsätze des Kirchenrechts der 
evang. Landeskirchen in Gotha u. Coburg (1908); 
Freisen, Staat u. kathol. Kirche II (1906) 361ff; 
ders., Der kathol. u. protest. Pfarrzwang (1906) 
94 fl. (Sacher.] 
Sachsen-Meiningen. 1. Geschichte. 
Das Herzogtum wurde begründet durch den Ver- 
trag vom 8. Juni 1681 zwischen den Herzögen 
Friedrich und Bernhard, zwei von den sieben 
Söhnen Herzog Ernsts des Frommen von Gotha 
(ogl. d. Art. Sachsen-Coburg und Gotha). Bern- 
hard I., der Stifter des noch jetzt regierenden 
sächsisch-meiningenschen Spezialhauses, erhielt in 
diesem Vertrag die Amter Meiningen, Wasungen, 
Salzungen, Maßfeld, Sand, Frauenbreitungen 
und das Kammergut Henneberg; mit dem 1722 
hinzugekommenen Amt Altenstein bilden diese Ge- 
biete den heutigen Kreis Meiningen. Bei den Erb- 
teilungen infolge des Aussterbens der Speziallinien 
Coburg (1699), Eisenberg (1707) und Römhild 
(1710) kamen Sonneberg und Neuhaus und zwei 
Drittel des Amts Römhild, 1723 durch Tausch 
Schalkau hinzu. Infolge des Teilungsvertrags 
vom 12. und 15. Nov. 1826 zwischen den drei 
Speziallinien Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hild- 
Sachsen-Meiningen. 
  
862 
burghausen und Sachsen-Coburg-Saalfeld erhielt 
der Herzog Bernhard II. zu seinem alten Gebiet 
noch das ganz frühere Herzogtum Hildburghausen, 
das Fürstentum Saalfeld, den Rest von Römhild, 
das coburgische Amt Themar usw. (zusammen 
etwa 1400 qkm mit 71.000 Einwohnern) hinzu. 
Der Landesherr führt seitdem den Titel Herzog 
von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Schon 
1802 war die Erbfolge nach dem Recht der Erst- 
geburt eingeführt worden. Herzog Bernhard II. 
(11882) hielt 1866 zum Deutschen Bund und trat 
als einziger der zun sische Fürsten für die Mo- 
bilmachung gegen Preußen ein; Preußen besetzte 
infolgedessen das meiningische Gebiet, der Herzog 
mußte abdanken (20. Sept.). Sein Sohn Georg II. 
(geb. 1826) schloß am 8. Okt. Frieden mit Preu- 
ßen und trat dem Norddeutschen Bund bei. Der 
Erbprinz Bernhard (geb. 1851) ist mit Charlotte 
Prinzessin von Preußen (der Schwester des Kai- 
sers) vermählt; da dieser Ehe kein Sohn ent- 
sprossen ist, wurden durch Gesetz vom 9. März 1896 
die Kinder aus der Ehe Friedrichs, des dritten 
Sohnes des Herzogs Georg II., mit der Gräfin 
(ietzt Prinzessin) Adelheid zu Lippe-Biesterfeld für 
erbfolgeberechtigt erklärt. 
2. Fläche, Bevölkerung. Das Gebiet 
des Herzogtums umfaßt 2468,3 qkm. Die Haupt- 
masse zieht sich halbmondförmig in geringer Breite 
vom Werratal über den Kamm des Thüringer 
Waldes nach dem Saaletal; außerdem gehören 
zum Herzogtum 14 Exklaven, von denen Cam- 
burg (südlich von Naumburg a. S.) und Kra- 
nichenfeld (südlich von Erfurt) die größten sind. 
Die Bevölkerung betrug 1905: 268 916, 1855: 
166000, 1816: 121000 Seelen; auf 1 qkm 
kamen 1905: 108,9, 1871: 76,2 Einwohner. 
Dem Bekenntnis nach waren 1905: 262243 
Evangelische, 4870 Katholiken, 1276 Juden; auf 
1000 Einwohner kamen 975,2 (1871: 983,3) 
Evangelische, 18,1 (1871: 8,3) Katholiken, 4,7 
(1871: 8,6) Juden. Das Herzogtum zählt 17 
Städte, darunter die Hauptstadt Meiningen 
(1905: 15 945 Einw.) und 455 Landgemeinden. 
Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland und 
Gärten 40,9%, auf Wiesen 11%, auf Wald 
42,1% ;z vom Wald sind 42,4 % Staats= bzw. 
Kronen-, 23,4% Gemeindeforsten. Nach der Be- 
rufszählung von 1907 widmeten (Berufszugehö- 
rige insgesamt) sich der Landwirtschaft 66 088, 
der Industrie und dem Bergbau 149 491, Handel 
und Verkehr 28207, dem häuslichen Dienst und 
wechselnder Lohnarbeit 1928, dem öffentlichen 
Dienst und freien Berufen 13134; ohne Beruf 
waren 14 338. Verhältnismäßig ausgedehnt ist 
der Bergbau (Stein= und Braunkohlen, Stein- 
und Kalisalze, Eisenerze usw.). Wichtige Industrie- 
zweige sind die Fabrikation von Spielwaren 
(Hauptsitz Sonneberg), Porzellan= und Glas- 
waren, Roheisen, Eisenwaren, Schiefertafeln usw. 
Die Eisenbahnen (264 km) stehen im Eigentum 
und der Verwaltung des preußischen Staats, vom
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.