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bedürfen Orden, welche sich in den Dienst der
Wohllätigkeit, z. B. der Krankenpflege stellen, zur
Errichtung von Stationen keiner behördlichen Ge-
nehmigung.
Die Volksschulen sind evangelisch--lutherisch,
sie werden von den politischen Gemeinden unterhal-
ten. Private katholische Volksschulen ohne staatliche
oder kommunale Unterstützung gibt es in Gotha
(seit 1857, 1910 etwa 100 Kinder) und in Co-
burg (seit 1807, 1900 gegen 100 Kinder). Die
Trennung von Kirche und Schule erfolgte schon
1863 (Aufhebung der geistlichen Ortsschulauf-
sicht). Nach dem gothaischen Gesetz vom 26. Juni
1872 und dem coburgischen Gesetz vom 27. Okt.
1874 sind Schulbehörden der Schulvorstand, das
Schulamt (Schulinspektor) und das Staatsmini-
sterium. Die Fortbildungsschulpflicht wurde durch
diese Gesetze gleichfalls eingeführt.
Literatur. Galletti, Gesch. u. Beschreibung
des Herzogt. Gotha (5 Tle, 1779/1824); Gruner,
Histor.-statist. Beschreibung des Fürstent. Coburg
saalfeld. Anteils (5 Bde, 1793/1809); Schultes,
S.-C.-Saalfeldische Landesgesch vom Jahr 1425
bis auf die neueren Zeiten (2 Bde, 1818/21); Beck,
Gesch. des gothaischen Landes (3 Bde, 1868/76);
Fleischmann, Zur Gesch. des Herzogt. S.-C. (1880);
Lotz, Coburgische Landesgesch. (1892); Karche,
Coburgs Vergangenheit (1910); Zeitschrift: Aus
den coburg-gothaischen Landen (seit 1903). Schulze,
Geographie u. Geschichte des Herzogtums C.-G.
(1851); Mitteilungen des Statist. Bureaus zu
Gotha. Forkel, Staatsrecht des Herzogt. S.-C. u. G.,
in Marquardsens Handbuch des öffentl. Rechts III
(1884); v. Bassewitz, Das Staatsgrundgesetz für
die Herzogtümer C. u. G. (1905); Strenge, Go-
thaisches Gemeindeverfassungs= u. Gemeindever-
waltungsrecht (1905); Entwicklung des Steuer-
wesens im Herzogt. S.-G. (1906); Strenge, Rud-
loff u. Claus, Grundsätze des Kirchenrechts der
evang. Landeskirchen in Gotha u. Coburg (1908);
Freisen, Staat u. kathol. Kirche II (1906) 361ff;
ders., Der kathol. u. protest. Pfarrzwang (1906)
94 fl. (Sacher.]
Sachsen-Meiningen. 1. Geschichte.
Das Herzogtum wurde begründet durch den Ver-
trag vom 8. Juni 1681 zwischen den Herzögen
Friedrich und Bernhard, zwei von den sieben
Söhnen Herzog Ernsts des Frommen von Gotha
(ogl. d. Art. Sachsen-Coburg und Gotha). Bern-
hard I., der Stifter des noch jetzt regierenden
sächsisch-meiningenschen Spezialhauses, erhielt in
diesem Vertrag die Amter Meiningen, Wasungen,
Salzungen, Maßfeld, Sand, Frauenbreitungen
und das Kammergut Henneberg; mit dem 1722
hinzugekommenen Amt Altenstein bilden diese Ge-
biete den heutigen Kreis Meiningen. Bei den Erb-
teilungen infolge des Aussterbens der Speziallinien
Coburg (1699), Eisenberg (1707) und Römhild
(1710) kamen Sonneberg und Neuhaus und zwei
Drittel des Amts Römhild, 1723 durch Tausch
Schalkau hinzu. Infolge des Teilungsvertrags
vom 12. und 15. Nov. 1826 zwischen den drei
Speziallinien Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hild-
Sachsen-Meiningen.
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burghausen und Sachsen-Coburg-Saalfeld erhielt
der Herzog Bernhard II. zu seinem alten Gebiet
noch das ganz frühere Herzogtum Hildburghausen,
das Fürstentum Saalfeld, den Rest von Römhild,
das coburgische Amt Themar usw. (zusammen
etwa 1400 qkm mit 71.000 Einwohnern) hinzu.
Der Landesherr führt seitdem den Titel Herzog
von Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Schon
1802 war die Erbfolge nach dem Recht der Erst-
geburt eingeführt worden. Herzog Bernhard II.
(11882) hielt 1866 zum Deutschen Bund und trat
als einziger der zun sische Fürsten für die Mo-
bilmachung gegen Preußen ein; Preußen besetzte
infolgedessen das meiningische Gebiet, der Herzog
mußte abdanken (20. Sept.). Sein Sohn Georg II.
(geb. 1826) schloß am 8. Okt. Frieden mit Preu-
ßen und trat dem Norddeutschen Bund bei. Der
Erbprinz Bernhard (geb. 1851) ist mit Charlotte
Prinzessin von Preußen (der Schwester des Kai-
sers) vermählt; da dieser Ehe kein Sohn ent-
sprossen ist, wurden durch Gesetz vom 9. März 1896
die Kinder aus der Ehe Friedrichs, des dritten
Sohnes des Herzogs Georg II., mit der Gräfin
(ietzt Prinzessin) Adelheid zu Lippe-Biesterfeld für
erbfolgeberechtigt erklärt.
2. Fläche, Bevölkerung. Das Gebiet
des Herzogtums umfaßt 2468,3 qkm. Die Haupt-
masse zieht sich halbmondförmig in geringer Breite
vom Werratal über den Kamm des Thüringer
Waldes nach dem Saaletal; außerdem gehören
zum Herzogtum 14 Exklaven, von denen Cam-
burg (südlich von Naumburg a. S.) und Kra-
nichenfeld (südlich von Erfurt) die größten sind.
Die Bevölkerung betrug 1905: 268 916, 1855:
166000, 1816: 121000 Seelen; auf 1 qkm
kamen 1905: 108,9, 1871: 76,2 Einwohner.
Dem Bekenntnis nach waren 1905: 262243
Evangelische, 4870 Katholiken, 1276 Juden; auf
1000 Einwohner kamen 975,2 (1871: 983,3)
Evangelische, 18,1 (1871: 8,3) Katholiken, 4,7
(1871: 8,6) Juden. Das Herzogtum zählt 17
Städte, darunter die Hauptstadt Meiningen
(1905: 15 945 Einw.) und 455 Landgemeinden.
Von der Gesamtfläche entfallen auf Ackerland und
Gärten 40,9%, auf Wiesen 11%, auf Wald
42,1% ;z vom Wald sind 42,4 % Staats= bzw.
Kronen-, 23,4% Gemeindeforsten. Nach der Be-
rufszählung von 1907 widmeten (Berufszugehö-
rige insgesamt) sich der Landwirtschaft 66 088,
der Industrie und dem Bergbau 149 491, Handel
und Verkehr 28207, dem häuslichen Dienst und
wechselnder Lohnarbeit 1928, dem öffentlichen
Dienst und freien Berufen 13134; ohne Beruf
waren 14 338. Verhältnismäßig ausgedehnt ist
der Bergbau (Stein= und Braunkohlen, Stein-
und Kalisalze, Eisenerze usw.). Wichtige Industrie-
zweige sind die Fabrikation von Spielwaren
(Hauptsitz Sonneberg), Porzellan= und Glas-
waren, Roheisen, Eisenwaren, Schiefertafeln usw.
Die Eisenbahnen (264 km) stehen im Eigentum
und der Verwaltung des preußischen Staats, vom