Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

879 
Pfarreien; jeder Wahlkreis wählt eine bestimmte 
Anzahl entsprechend seiner Volkszahl. Neben dem 
Großen Rat besteht noch als höchste Behörde ein 
vom Großen Rat aus seiner Mitte ernannter 
Kleiner Rat (zwölf Mitglieder), der in vier Körper- 
schaften zerfällt Congresso economico di Stato, 
C. dei Legali, C. degli Studi, C. militare) und 
auch die Befugnisse eines Gerichts dritter Instanz 
ausübt. Die ausführende Gewalt wird ausgeübt 
durch die zwei Capitani reggenti, die alljährlich 
am 1. April und 1. Okt. auf sechs Monate aus 
den Mitgliedern des Großen Rats gewählt wer- 
den. An der Spitze der Departements des Innern 
und des Außern steht je ein Staatssekretär; der 
des Innern hat zugleich die Finanzverwaltung zu 
leiten. Weitere höhere Behörden sind der Direktor 
der Posten und der der Telegraphen, der Justiz- 
kommissar, der Kommandant der Miliz, der Ge- 
neralschatzmeister und der politische Inspektor. In 
kirchlicher Beziehung gehört der Freistaat zur 
Diözese Montefeltro. Für den Unterricht bestehen 
eine höhere vom Staat unterhaltene Schule sowie 
Elementarschulen. Die Staatseinnahmen betragen 
nach dem Budget für 1909/10 698 555, die 
Ausgaben 680 247 Lire; das Geld des Staats 
(Bronze= und Silbermünzen) wird in Mailand 
geprägt. Die Staatsschuld besteht aus einer un- 
verzinslichen Anleihe vom 23. Sept. 1907 im 
Betrag von 12½ Mill. Lire, rückzahlbar in 
50 Jahren. Die Hauptnahrungsquelle der Be- 
wohner ist der Ackerbau und die Viehzucht; der 
Handel führt besonders Wein, Rinder und Steine 
vom Berg Titano aus. Die Militärmacht besteht 
aus einer Staatsratgarde, Karabinern und Miliz, 
insgesamt 39 Offiziere und 950 Mann. Das 
Wappen zeigt in blauem Schild einen Berg mit 
drei silbernen Kastellen und dem Sinnspruch Li- 
bertas; die Landesfarben sind Blau und Weiß. 
Literatur. M. Delfico, Memorie storiche 
della Republica di S. M. (3 Bde, Florenz 31843); 
C. de Bruc, Saint Marin, Ses institutions, son 
histoire (Par. 1876); J. Th. Bent, A Freak okf 
Freedom (Lond. 1879); Jonas, Ein wahres, freies 
Volk. Eine Studie über die Republik S. M. (1878); 
R. de Boyer de Saint-Suzanne, La République 
de Saint-Marin (Par. 1883); M. Fattori, Ricordi 
storici della Republica di S. M. (Florenz 1893); 
de Montalbo, Dizionario bibliogr. etc. della Re- 
publica di S. M. (Par. 1898); C. Amico, Die 
Republik S. M. (1899); C. Ricci, La Republica 
di S. M. (Bergamo 1903; kunstgeschichtlich); F. 
Daguin, La République de Saint-Marin (Par. 
1904); derf. in Annuaire de lgislation étrangère 
1906 (ebd. 1907) 354 ff; J. Arnal, La République 
de Saint-Marin (Montpellier 1909). Lins.] 
San Salvador s. Zentralamerika. 
Santo Domingo. 1. Geschichte. Santo 
Domingo, nach dem Namen ihrer Hauptstadt auch 
Dominikanische Republik genannt, bildet den öst- 
lichen Teil der Insel Hatti. Die ältere Geschichte 
ist mit der von Hatti (s. d. Art.) identisch. Nach- 
dem in der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. die 
San Salvador — Santo Domingo. 
  
880 
Insel Halti in einen französischen und einen 
spanischen Teil zerfallen war, blieb der spanische 
Teil, der an 49 000 qckm umfaßte, wegen der 
Vernachlässigung von seiten des Mutterlands an 
Kultur weit hinter dem französischen zurück. Vor 
Beginn der französischen Revolution zählte dieser 
auf 28 000 ckm an 455 000 Einwohner, dar- 
unter über 400 000 Sklaven, jener nur 125 000 
Einwohner, von denen aber nur 15.000 Sklaven 
waren, die im allgemeinen mild behandelt wurden. 
Als im französischen Teil 1791 der furchtbare 
Aufstand ausbrach, der mit der Vernichtung der 
Weißen endete, versuchte Spanien im Bund mit 
den Engländern seinen früheren Besitz wieder zu- 
rückzuerobern, doch verbanden sich nun die Neger 
mit den französischen Truppen und Spanien 
mußte im Frieden von Basel 1795 seinen Anteil 
an der Insel ganz räumen. Dieser wurde zunächst 
französisch und bildete dann nach der Vertreibung 
der Franzosen durch Dessalines und Pétion einen 
Teil des Freistaats Hatti. Während der Rassen- 
kämpfe, die noch zu Lebzeiten Dessalines' unter 
den Mulatten und Negern ausbrachen, gelang es 
den Spaniern 1808, ihren Anteil wieder zurück- 
zuerobern, während das ehemals französische Ge- 
biet in eine Mulattenrepublik im Süden und in 
einen Negerstaat im Norden sich spaltete. Als 
diese beiden Staatsgebilde 1820 durch Boyer zur 
Republik Haiti wieder vereinigt worden waren, 
machte sich der spanische Teil 1821 unabhängig 
und schloß sich 1822 der Republik Hasti an. Als 
1843 deren Präsident Boyer wegen Begünstigung 
der europäischen Kultur vertrieben wurde, trennte 
sich der früher spanische Osten, der sich in seinen 
Interessen zurückgesetzt fühlte, wieder von der 
Republik Halti los und proklamierte unter Jimenez 
1844 zu Santo Domingo die Dominikanische 
Republik. Ihr erster Präsident wurde Pedro 
Santana, der „Löwe von Seybo“, der den Be- 
stand des neuen Freistaats in wiederholten Kämpfen 
gegenüber den Angriffen des „Kaisers“ Faustin 
von Haiti sicherte. 
Eine gedeihliche Entwicklung der Dominikani- 
schen Republik wurde durch die innern Kämpfe 
verhindert. In der Leitung des Staats wechselten 
Santana und sein Rivale Baez wiederholt ab. 
Als Santana 1858 wiederum nach dem Sturz 
von Baez zur Herrschaft kam und das von diesem 
ausgegebene Papiergeld auf den 20. Teil des No- 
minalwerts herabsetzte, kam es zu Verwicklungen 
mit den ausländischen Gläubigern; England und 
Frankreich erzwangen 1859 durch Entsendung 
von Schiffen die Einlösung des Papiergelds durch 
Schatzscheine. Santana näherte sich daher Spanien, 
dem bereits 1844 die Dominikanische Republik sich 
zur Annexion angeboten hatte, und als die Nord- 
amerikaner sich anschickten, die Bai von Samana 
zu besetzen, vereinigte die Königin Isabella 19. Mai 
1861 Santo Domingo wieder mit Spanien. Doch 
brach schon 1863 ein Aufstand aus, und Spanien 
räumte 1865 nach einem Aufwand von 400 Mill.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.