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gut entwickeltes Scheckwesen auch für die finan-
zielle Kriegsbereitschaft von Wichtigkeit.
Die große Bedeutung des Scheckwesens für das
Wirtschaftsleben erhellt auch aus den in Betracht
kommenden Ziffern. Von besonderem Interesse
sind die Zahlen des englischen Scheckverkehrs. In
London sollen von allen Zahlungen bei Banken
97% in Schecks und nur 3% in Metallgeld oder
Noten geleistet werden. Und in den englischen
Provinzen verhalten sich die Zahlen wie 87: 13.
Der tägliche Scheckverkehr in London ist in neuerer
Zeit auf 700 Mill. A geschätzt worden. Dem-
gegenüber sind wir in Deutschland noch weit
zurück, wenn auch der Großverkehr schon sehr
beträchtlich ist. — Anders als mit dem eigent-
lichen Scheckverkehr verhält es sich mit dem Giro-
verkehr. Hier steht Deutschland an erster Stelle.
Namentlich der Giroverkehr der Reichsbank weist
ganz bedeutende Zahlen auf. Der Gesamtumsatz
auf Reichsbankgirokonto, der allerdings nicht nur
den reinen Giroverkehr umfaßt, sondern in dem
auch die Beträge der weißen Schecks und einiges
andere enthalten sind, ist von über 16 Milliarden M
im Jahr 1876 auf mehr als 295 Milliarden Al
im Jahr 1909 gestiegen. — Gewaltig sind die
Ziffern des Abrechnungsverkehrs. Der
Gesamtumsatz der deutschen Abrechnungsstellen bei
der Reichsbank belief sich im Jahr 1909 auf
über 51 Milliarden J. Im Bankers’ Clea-
ring-House in London wurden im gleichen Jahr
aber annähernd 276 Milliarden A# umgesetzt. Und
im Clearing-Verkehr der Vereinigten Staaten von
Amerika betrug der Umsatz im Jahr 1909 gar
über 695 Milliarden Il, wovon allein auf Neu-
york stark 435 Milliarden entfallen. Beim Ver-
gleich dieser Ziffern mit den deutschen muß man
sich allerdings, wie Koch mit Recht bemerkt, vor
Trugschlüssen hüten, da der Giroverkehr der deut-
schen Reichsbank mit seinen roten Schecks, die ja
ebenfalls in weitem Umfang dem bargeldlosen
Zahlungsausgleich dienen, in England und
Amerika nicht vorhanden ist.
VI. Pollscheckverkehr. Der Gedanke, der
Post mit ihren zahlreichen Kassenstellen und der
durch den staatlichen Betrieb bedingten Sicherheit
die Geschäfte einer Scheck= und Girobank zu über-
tragen, ist zuerst in Osterreich verwirklicht wor-
den, wo der Postscheckverkehr im Jahr 1883 im An-
schluß an die kurz vorher gegründete Postsparkasse
eingeführt wurde. Andere Länder folgten, so
Ungarn 1889, die Schweiz und Japan 1906.
In Deutschland ist der Postscheckverkehr (ge-
nauere Bezeichnung: Post-Uberweisungs= und
Scheckverkehr) mit dem 1. Jan. 1909 in Wirk-
samkeit getreten. Seine Reglung ist zunächst im
Verordnungsweg erfolgt, jedoch sollen bis zum
1. April 1912 gesetzliche Vorschriften erlassen
werden. Im Reichs-Postgebiet gilt die Postscheck-
ordnung vom 6. Nov. 1908, mit der die bayrische
und die württembergische Postscheckordnung, beide
vom 17. Nov. 1908, inhaltlich übereinstimmen.
Scheck usw.
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Für den Verkehr mit dem Publikum stellt sich
das ganze Reich als ein einheitliches Postscheck-
gebiet dar.
Zur Abwicklung des Postscheckverkehrs sind im
Deutschen Reich 13 Zentralstellen, Postscheck-
ämter, geschaffen, 9 seitens der Reichs-Postver-
waltung (Berlin, Danzig, Breslau, Leipzig, Ham-
burg, Hannover, Köln, Frankfurt a. M. und
Karlsruhe) und die übrigen 4 von den Postverwal-
tungen Bayerns (München, Nürnberg, Ludwigs-
hafen a. Rh.) und Württembergs (Stuttgart).
Daneben wirken sämtliche deutschen Postanstalten,
nahezu 20 000, bei den Ein= und Auszahlungen
mit. — Der Beitritt zum Postscheckverkehr steht
jedermann gegen Zahlung einer Stammeinlage
von 100 ) frei, die beim Austritt voll zurück-
bezahlt wird. Der Austritt kann zu jeder Zeit
ohne besondere Kosten und Förmlichkeiten erfolgen.
— Einzahlungen auf ein Postscheckkonto können
bewirkt werden: 1) mittels Zahlkarte von jeder-
mann bei allen Postanstalten und Postscheck-
ämtern, 2) mittels Uberweisung von einem andern
Postscheckkonto, 3) durch Uberweisung von Post-
anweisungen und von Beträgen, die durch Post-
auftrag oder Nachnahme eingezogen sind. Aus-
zahlungen (die Stammeinlage muß unberührt
bleiben) könnenerfolgen: 1) mittels Schecks, 2) durch
Überweisung auf ein anderes Postscheckkonto. Die
Post-Überweisung ist das, was im Reichsbankgiro-
verkehr der rote Scheck ist, die unmittelbare Über-
weisung von Konto zu Konto, wegen ihrer wirt-
schaftlichen Zweckmäßigkeit und ihrer Billigkeit die
idealste Art postalischen Zahlungsverkehrs. Der
Postscheck ist ein regelrechter Scheck in dem oben
besprochenen Sinn. Das ausgefüllte Formular
wird unmittelbar dem Postscheckamt eingesandt.
Hat der im Scheck bezeichnete Zahlungsempfänger
kein Postscheckkonto oder verlangt er ausdrücklich
die Barzahlung, so wird die zuständige Postanstalt
vom Postscheckamt mittels sog. Zahlungsanwei-
sung beauftragt, den Betrag an den Empfänger
zu zahlen. Hat aber der bezeichnete Zahlungs-
empfänger selbst ein Postscheckkonto, so wird der
Betrag diesem Konto gutgeschrieben, wenn nicht
die Barzahlung ausdrücklich verlangt wird. Im
Interesse der Verkehrssicherheit eingeführte Be-
sonderheiten des Postschecks sind der Wegfall der
im Bankverkehr üblichen Überbringerklausel und
der Ausschluß der Indossierbarkeit. Ein Unbe-
fugter kann infolgedessen einen Postscheck, in dem
ein bestimmter Zahlungsempfänger angegeben ist,
nicht zur Einlösung bringen. Der Betrag wird,
wenn nicht seine Gutschrift auf das Postscheckkonto
des Zahlungsempfängers erfolgt, nur im Weg der
an diesen adressierten Zahlungsanweisung durch
die zuständige Postanstalt ausgezahlt. Anders
bei Inhaberpostschecks (Kassenschecks), in denen der
Zahlungsempfänger nicht angegeben wird. Diese
kann jeder Inhaber an der Kasse des Postscheck-
amts zur Einlösung vorlegen. Zahlungen für
mehrere Empfänger können auch in einer Über-