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lassen. Im Jahr 1911 soll er dem Verkehr über-
geben werden. In Bremerhaven werden die alten
Hafenanlagen um etwa 517 ha vergrößert.
Die Be= und Entladung der Schiffe muß
mit der größten Beschleunigung geschehen. Dazu
wird in der Hauptsache mechanische (Dampf= und
elektrische) Kraft verwandt. Es müssen weite Kajen
mit Ladekrähnen, genügende Lagerschuppen, Eisen-
bahngeleise usw. vorhanden sein. Zur Aufnahme
von Schiffen, die einer Ausbesserung bedürfen, stehen
feste oder Schwimmdocks bereit. Auch den Zoll-
vorschriften muß durch besondere Absperrungs-
anlagen Rechnung getragen werden. Für die Be-
nutzung dieser Einrichtungen, soweit sie nicht
Eigentum des Nutznießers sind, werden Abgaben
entrichtet. Uber die Hafenbeförderung, über den
Verkehr der Schiffe im Hafen, über Liegeplätze,
Meldepflicht, Liegen und Fahren im Hafen, Füh-
rung von Lichtern, über Schleppzüge, über Ruhe
und Ordnung, über Feuer= und Gesundheits-
polizei, Bewachung der Fahrzeuge, Gebühren usw.
sind Hafengesetze und Hafenordnungen erlassen.
Vgl. auch § 54 der Reichsverfassung.
Einen wichtigen Teil der Häfen und die Grund-
lage für die Entwicklung der Schiffahrt bilden die
Werften, d. h. die Einrichtungen, die für den
Bau, für die Vervollkommnung, die Verände-
rung oder Ausbesserung der Schiffe sorgen. Mit
der fortschreitenden Technik haben die Werften
unter Ausnutzung aller neuzeitlichen Errungen-
schaften auf dem Gebiet des Schiffbaus einen un-
geahnten Aufschwung genommen. Früher zurück-
gesetzt und vernachlässigt, stehen jetzt die deutschen
Werften unter den ersten in der Welt.
Nicht unerwähnt darf noch bleiben, daß einer
deutschen Werft (Blohm & Voß in Hamburg)
jüngst eine hochwichtige und interessante Erfin-
dung zu verdanken ist. Es sind dies neuartige
Schlingertanks zur Bekämpfung der Roll-
bewegungen von Schiffen. Bekanntlich werden
bei Schiffen unter gewissen Voraussetzungen durch
Wellen sehr lästige schlingernde Bewegungen er-
zeugt. Durch die Schlingertanks werden diese
Bewegungen bis auf ein geringes Maß ab-
gedämpft, und zwar durch Wasser — Seewasser,
Frischwasser oder auch flüssigen Brennstoff (Ol) —,
das in einem nach der Art der kommunizierenden
Röhren querschiffs angeordneten U-förmigen Tank
in Schwingungen versetzt wird. Diese Bewegungen
erfolgen ganz selbsttätig unter dem Einfluß der
stark gedämpften Eigenbewegungen des Schiffs.
Unter der Mitwirkung der Kriegsmarine wurden
im Jahr 1909 von der Werft von Blohm & Voß
Versuche angestellt. Weitere bedeutungsvolle Ver-
suche im großen wurden im Frühjahr 1910 ge-
macht, und zwar unter anderem auf den Dampfern
der Hamburg-Amerika-Linie (Dpiranga und Cor-
covado) auf den Fahrten Hamburg-Lissabon-
Buenos-Aires. Die Ergebnisse sind glänzend
ausgefallen. Es wurde festgestellt, daß die Wir-
kung der Tanks auf das Wohlbefinden der Pas-
Schiffahrt.
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sagiere außerordentlich günstig war. Die Ham-
burg-Amerika-Linie beschloß deshalb, ihren größten
im Bau befindlichen 50 000 t-Passagierdampfer
mit Schlingertanks auszustatten. Andere Gesell-
schaften werden nachfolgen.
Diese Erfindung ist nicht nur für die Handels-
schiffe (im besondern für die Passagierschiffe), son-
dern in hervorragendem Maß auch für die Kriegs-
schiffe von weittragender Bedeutung. Denn eine
ruhige Geschützplattform ist für die Treffsicherheit
und Wirkung der Schiffsartillerie im modernen
Seegefecht von hoher Wichtigkeit.
Seezeichen. In der Nähe der Küste drohen
überall Gefahren. Hier kommen die meisten Un-
sälle vor. Wie im Eisenbahnbetrieb zur Verhütung
von Unfällen ein einheitliches Zeichenwesen besteht,
ist auch an den Küsten die Bezeichnung der Fahr-
wasser, Untiefen usw. von den einzelnen Staaten
nach einheitlichen Grundsätzen geregelt. Die deut-
schen an die See grenzenden Bundesstaaten haben
ein gemeinsames System. Von der See einlaufend,
läßt man die roten Seezeichen an Steuerbord
(rechts), die schwarzen an Backbord (links), die
rot und schwarz gestreiften rechts oder links. Grün
gilt für Telegraphenkabel oder Wracks, gelb für
Quarantänegrenzen, weiß für einzelne Untiefen.
Vorhanden sind schwimmende (verankerte) und feste
Seezeichen. Zu den ersten gehören die Tonnen
(Bojen). Darunter Glockentonnen, durch deren
Bewegung im Seegang ein Läutewerk in Betrieb
gesetzt wird; Heultonnen, deren Bewegung zur
Tonerzeugung benutzt wird; Leuchttonnen, die,
mit komprimiertem Gas gefüllt, eine Laterne
mehrere Monate lang speisen. Feste Seezeichen
sind Baken, Stangen, Pricken. An gefährlichen
Küstenpunkten werden als Träger eines Feuers
oder Lichts, die nachts oder bei trübem Wetter
als Wegweiser dienen, Leuchttürme errichtet. Auch
am Tag dienen sie der Zurechtweisung. Da sie
nicht nur gefährliches Fahrwasser bezeichnen, son-
dern dem Schiffer auch zeigen, wo er sich befindet,
müssen sich ihre Leuchtfeuer schnell und sicher von-
einander unterscheiden lassen. Es gibt deshalb feste
Feuer, Blinkfeuer, Funkelfeuer, Blitzfeuer usw.
Seezeichen bei Tag und Leuchtfeuer bei Nacht sind
ferner die Feuerschiffe (Leuchtschiffe). Es sind kleine,
meist aber besonders seetüchtige Fahrzeuge, die an
gefährlichen Stellen verankert werden. Sie sind
rot angestrichen und tragen am Tag am Mast
Bälle, Körbe; in der Nacht verschiedene Laternen.
— Beim Nebel werden mit Nebelhörnern, Dampf-
pfeifen, Glocken oder durch Geschützschüsse Si-
gnale gegeben. Da die Licht= und Hörsignale über
Wasser von verschiedenen Umständen (Nebel,
Luftströmungen, Sturm u. a.) abhängig sind, ist
in der letzten Zeit eine bedeutende Verbesserung
durch die Einführung der Unterwassersignale ge-
schaffen. Es sind Schallsignale, die nach einer
vereinbarten Schlagfolge von Glocken ausgehen,
die unter Wasser, häufig unter Feuerschiffen,
Bojen u. dgl. angebracht sind. Die mit ent-