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Zeit sollen jedoch Nachtsignale eingeführt werden,
die den Tagessignalen möglichst angepaßt sind.
An Sturmsignalstellen werden unterhalten vom
Deutschen Reich 30 an der Nord= und 27 an der
Ostsee; von einzelnen Regierungen und Gemeinden
12 an der Nord= und 58 an der Ostsee. Ferner
sind auch an verschiedenen Küstenorten Wind-
semaphor- und Windmeldestellen vorhanden.
Das Reichs-Marineamt hat angeordnet, daß
vom 1. Nov. 1910 ab bis auf weiteres zur För-
derung der Schiffahrt und zum Schutz der Fi-
scherei und kleinen Schiffahrt funkentelegraphische
tägliche Wetterberichte und Sturmwarnungen der
Deutschen Seewarte über der Nordsee und Ostsee
verbreitet werden. Die Sturmwarnungen sollen
durch die mit Funkspruchapparaten ausgerüsteten
Schiffe den übrigen Schiffen durch Sturmsignale
bekannt gegeben werden.
Seefischerei. Mit der Schiffahrt eng ver-
bunden ist die Seefischerei. Sie trägt erheblich
bei zur Volksernährung, gewährt Tausenden den
Lebensunterhalt, wirkt belebend auf ganze In-
dustrien, gibt tüchtiges Menschenmaterial für die
Bemannung der Flotte. Man unterscheidet zwi-
schen Küstenfischerei, kleiner, mittlerer und großer
Hochseefischerei. Nach dem internationalen Ver-
trag über die polizeiliche Reglung der Fischerei in
der Nordsee sollen die Fischer jeder Nation das
ausschließliche Recht zum Betrieb der Fischerei in
dem Gebiet bis zu 3 Seemeilen Entfernung von der
Niedrigwassergrenze in der ganzen Landausdehnung
der Küsten ihres Landes und der davor liegenden
Inseln und Bänke haben. Auch sind besondere
Vereinbarungen getroffen und Anordnungen er-
lassen über die Ausübung und über den Schutz
der Fischerei sowie über die Überwachung durch
Kriegsschiffe. Schnelle Eisenbahnbeförderung, gün-
stige Tarife, sachgemäße Zollpolitik, Ermäßigung
der Salzabgaben, Erleichterungen beim Erlaß der
Gewerbeordnung dienen der Hebung der Fischerei.
In den letzten Jahren hat sich das Fangergebnis
der deutschen Nordseefischerei nicht unwesentlich
gehoben, während die Ostseefischerei zurückge-
gangen ist.
Dem Wert nach stellt sich der Ertrag der Fi-
scherei 1909 im Nordseegebiet auf 26 833 400 M,
im Ostseegebiet mit den Haffen auf 9 636 300 M.
Gefangen wurden in der Nordsee 136 Mill. kg,
in der Ostsee 38,152 Mill. kg. — Im Jahr 1907
betrug die Gesamtzahl der registrierten Seefischerei-
fahrzeuge 904 mit 6812 Mann Besatzung, und der
nichtregistrierten See= und Küstenfischereifahrzeuge
und Boote 14542 mit 16 084 Mann dauernd be-
schäftigter Fischer.
Transportwesen. Das Meer ist die bil-
ligste und leistungsfähigste Verkehrsstraße. Trotz
aller Gefahren ist sowohl die Personen= als auch
die Güterbeförderung zu Wasser immer bequemer
und billiger als zu Land. Deshalb ist der See-
transport und die Seespedition einer der wesent-
lichsten Teile der Schiffahrt. Das überseeische
Schiffahrt.
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Geschäft ist jedoch nur für den großen Betrieb
geeignet. Auch müssen seine Unternehmungen
ununterbrochen sein. Wie es in dem sog. Platz-
geschäft mit Schwierigkeiten verknüpft ist, von
einem Artikel zum andern überzuspringen, ist es
auch im überseeischen Geschäft schwierig, sich häufig
von einem Platz zum andern zu wenden, ohne
Verluste zu erleiden. Das Transportwesen ist so
alt wie die Schiffahrt. Der jetzige Betrieb arbeitet
aber mit ganz andern Mitteln als der alte. Der
frühere kleine Holzsegler ist heute dem großen
Segelschiff und dem stählernen Dampsschiff ge-
wichen. Mit den Betriebsmitteln sind auch die
Betriebswerte gestiegen. Um die Gütermenge, die
ein jetziges Schiff laden kann, heranzuziehen und
schnell fortzuschaffen, ist ein vielgestaltiger und
großer kaufmännischer und technischer Apparat
nötig. Der technische Teil wird meistens durch
den Staat, die Gemeinde oder durch Kajen= und
Lagerhausgesellschaften bereit gestellt. Je größer
und fürsorglicher dieser Betrieb bis ins einzelne
entwickelt ist, um so ersprießlicher kann der kauf-
männische ausgestaltet werden. Früher war der
Schiffsführer auch meistens der Schiffseigentümer
oder mindestens der Miteigentümer. Jetzt ist dies
seltener und nur bei kleinen Segelfahrzeugen der
Fall. Die zunehmende Größe der Schiffe, der
Übergang zur Dampfschiffahrt und von der Einzel-
zur Reihenfahrt, die Errichtung fester Linien und
vielgestaltiger Dampfergesellschaften mußten eine
vollständige Arbeitsteilung zwischen Reeder und
Schiffer, zwischen diesem und dem Kaufmann
machen. Auch das Be= und Entladen des Schiffs
wird in größeren Betrieben nicht mehr durch die
Schiffsmannschaft, sondern durch Schauerleute
ausgeführt, denen alle möglichen technischen und
mechanischen Hilfsmittel zur Verfügung gestellt
werden. So sind z. B. besondere Einrichtungen
geschaffen, um Getreide und Kohlen in rascher und
billiger Weise auf mechanischem Weg durch Heber
zu laden und zu entladen.
Im Jahr 1909 sind ein= und ausgegangen in
Hamburg 34 132 Seeschiffe mit 24,52 Mill. R.-T.
Netto, in den Weserhäfen (Bremen usw.) 10 593
Schiffe mit 7,92 Mill. R.-T. Im Jahr 1908 be-
lief sich der gesamte Seehandel Hamburgs auf 204
Mill. Doppelzentner im Wert von 5766 Mill. A.
Im Hamburger Hafen wurden 1909 täglich 8124
Arbeiter beschäftigt.
Das Seetransportwesen ist durch das vierte
Buch des Handelsgesetzbuchs geregelt.
Seeversicherung. Der Seetransport hat
die Seeversicherung hervorgebracht. Diese ist die
älteste Art der Versicherung. Sie stammt aus den
Seestädten des Mittelalters. Es ist die Art von
Geschäften, welche die Gefahren zum Gegenstand
haben, die den Schiffen und den im Transport
über See beförderten Gütern drohen. Seeversiche-
rung ist in der Regel Nur Sachenversicherung. Die
Versicherung von Schiffsmannschaften gehört zur
sozialen Versicherung, die der Reisenden zur pri-