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hrsg. von derf.; Berichte u. Druckschriften der Ham-
burg-Amerika-Linie, des Norddeutschen Lloyd usw.;
Nautische Zeitschrift Hansa, Lloyds Register; Ge-
neralanzeiger des Bureaus Veritas; Zeitschrift für
Binnenschiffahrt, hrsg. vom Zentralverein für
Deutsche Binnenschiffahrt; Das Schiff, Zentral-
blatt für die gesamten Interessen der deutschen
Schiffahrt; Kurt Fischer, Eine Studie über die
Elbschiffahrt in den letzten 100 Jahren (1907);
M. M. v. Weber, Die Wasserstraßen Nordeuropas
(1881); B. Stahl, Brennende Fragen zum Bau
u. Betrieb der Wasserstraßen (1886); Eger, Die
Binnenschiffahrt in Europa u. Nordamerika (1899);
C. W. Suppän, Wasserstraßen u. Binnenschiffahrt
(1902) u. a. [Roman Schneider.]
Schorlemer-Alst, Burghard Freiherr
von, ist ein Name, weit über Deutschlands Gren-
zen hinaus bekannt. Sein Träger ist hochgeschätzt
einerseits als energischer und begeisterter Verkeidiger
der Rechte der katholischen Kirche in den drang-
vollen Zeiten des preußischen Kulturkampfs,
anderseits als besonnener und tatkräftiger Ver-
treter der landwirtschaftlichen Interessen in der
neuzeitlichen Agrarbewegung. In verschiedenen
wichtigen Körperschaften hat er seinen Ansichten
nachdrucksvolle Geltung zu verschaffen gewußt und
damit auf die Gestaltung bedeutsamer Vorgänge
des öffentlichen Lebens machtvoll eingewirkt. Für
den Bauernstand seiner westfälischen Heimat hat er
eine Reihe segensreicher Einrichtungen geschaffen,
die dann wieder vorbildlich wurden für das
Vorgehen anderer Gegenden in weiteren Kreisen
Deutschlands. Ein treuer Sohn der katholischen
Kirche, erfüllt von wahrer Vaterlandsliebe, hat
dieser westfälische Edelmann, tief überzeugt von
der wohltätigen „und großen Bedeutung eines
kräftigen Bauernstands für Kirche, Staat und
Gesellschaft bis zum letzten Atemzug an der Lösung
der agrarischen Aufgaben seiner Zeit gearbeitet.
In der innigen Liebe zu seiner Kirche, der auf-
richtigen Anhänglichkeit an das angestammte
Herrscherhaus und der tätigen Fürsorge für den
Bauernstand liegt das Programm seines Lebens,
der Grundzug seines Charakters; in dem Bestreben,
jene Ideale seines Strebens gleichmäßig und
gemeinsam zu verwirklichen, besitzt man den
Schlüssel für das Verständnis aller Vorgänge
seiner Entwicklung.
Die Familie v. Schorlemer zählt zum west-
fälischen Uradel und hat ihren Sitz im Kreis
Lippstadt auf den Gütern Overhagen und Her-
ringhausen, welche an sich schon einen ziemlich an-
sehnlichen Besitz darstellten, dem später auch noch
das Gut Hellinghausen nach Aussterben der letzten
männlichen Sprossen dieses Zweigs der Familie
hinzugefügt wurde. Burghard Franz Frhr v.
Schorlemer wurde geboren am 20.Okt. 1825 als
das jüngste von acht Kindern auf dem Gut Her-
ringhausen. Sein Vater war der königl. säch-
sische Kammerherr Friedrich (Wilhelm) Frhr v.
Schorlemer (gest. 1849), seine Mutter eine ge-
borene Freiin v. Pelten, gen. Cloedt zu Lauers-
Schorlemer-Alst.
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forth, die Großmutter mütterlicherseits eine Freiin
v. Brackel. Der Vater soll ein von tiefer Reli-
giosität und wissenschaftlichem Streben erfüllter
Mann, die Mutter eine durch Sanftmut und
milde Güte ausgezeichnete Frau gewesen sein.
Den ersten Unterricht erhielt der junge Schor-
lemer durch den Hausgeistlichen, Dr Westhoff,
den wegen seiner Originalität bekannten, geistig
bedeutenden und auch literarisch tätigen späteren
Seminarregens und Domkapitular in Köln (gest.
1871). Nach Beendigung einer entsprechenden
Vorbildung wurde er der königl. sächsischen Ka-
dettenanstalt in Dresden anvertraut und trat später
nach abgelegtem Offiziersexamen in die preußische
Armee ein, und zwar wie sein älterer Bruder Wil-
helm in das 8. Ulanenregiment, mit welchem er
abwechselnd in Düsseldorf, Trier und Bonn stand.
Im Jahr 1848 machte er unter dem Kommando
des damaligen „Prinzen von Preußen" (späteren
Kaisers Wilhelm I.) den Feldzug gegen die Auf-
rührer in Baden mit und erhielt bei dieser Ge-
legenheit für einen besonders gefahrvollen Re-
kognoszierungsritt den Roten Adlerorden mit
Schwertern. Nach Beendigung des Feldzugs wurde
sein Regiment nach Bonn verlegt, und hier ver-
mählte er sich am 16. Nov. 1852 mit der seit 1849
verwitweten Gräfin Droste zu Vischering, geborenen
Freiin v. Imbsen. Da die Gattin aus ihrer ersten
Ehe bereits fünf Kinder hatte, so sah sich Schor-
lemer im Alter von 27 Jahren in der Stellung
eines Familienvaters mit allen Pflichten und Sor-
gen. Sehr bald nach seiner Verheiratung verließ
er den Militärdienst und kaufte, nachdem die Fa-
milie kurze Zeit in Lippstadt gewohnt hatte, von
dem Frhrn Wilderich v. Ketteler das in der Ge-
meinde Leer im Kreis Burgsteinfurt belegene
Rittergut Alst, wohin alsdann der Wohnsitz ver-
legt wurde.
In der abgeschiedenen Einsamkeit des Land-
lebens widmete sich der nunmehr im besten
Mannesalter stehende Baron vom Jahr 1853 ab
der Bewirtschaftung seines kleinen Guts. Diese
Beschäftigung konnte aber allein seiner Tatkraft
nicht genügen. Er hatte die Empfindung, daß
seine in der Kadettenanstalt genossene, lediglich auf
die militärische Laufbahn berechnete allgemeine
Bildung nicht ausreichend sei, und ging deshalb
mit frischem Mut an eine Erweiterung und Ver-
tiefung seiner Kenntnisse auf dem Weg des Selbst-
unterrichts. Besonders waren es Volkswirtschafts-
lehre und Geschichte, welche sein Interesse erregten.
Und so widmete er sich denn ein Jahrzehnt lang
mit Eifer dem Studium der allgemeinen und be-
sondern Nationalökonomie und der Finanzwissen-
schaft sowie der Profan= und Kirchengeschichte.
In der Landwirtschaft waren es auch weniger die
Fragen des technischen Betriebs, die er verfolgte,
als vielmehr die allgemeine Landwirtschaftslehre
und die Agrarpolitik. Aber er betrieb nicht nur
theoretische Studien, sondern wandte seinen Blick
sorglich und aufmerksam auch dem Leben zu und