Full text: Staatslexikon. Vierter Band: Patentrecht bis Staatsprüfungen. (4)

937 
hrsg. von derf.; Berichte u. Druckschriften der Ham- 
burg-Amerika-Linie, des Norddeutschen Lloyd usw.; 
Nautische Zeitschrift Hansa, Lloyds Register; Ge- 
neralanzeiger des Bureaus Veritas; Zeitschrift für 
Binnenschiffahrt, hrsg. vom Zentralverein für 
Deutsche Binnenschiffahrt; Das Schiff, Zentral- 
blatt für die gesamten Interessen der deutschen 
Schiffahrt; Kurt Fischer, Eine Studie über die 
Elbschiffahrt in den letzten 100 Jahren (1907); 
M. M. v. Weber, Die Wasserstraßen Nordeuropas 
(1881); B. Stahl, Brennende Fragen zum Bau 
u. Betrieb der Wasserstraßen (1886); Eger, Die 
Binnenschiffahrt in Europa u. Nordamerika (1899); 
C. W. Suppän, Wasserstraßen u. Binnenschiffahrt 
(1902) u. a. [Roman Schneider.] 
Schorlemer-Alst, Burghard Freiherr 
von, ist ein Name, weit über Deutschlands Gren- 
zen hinaus bekannt. Sein Träger ist hochgeschätzt 
einerseits als energischer und begeisterter Verkeidiger 
der Rechte der katholischen Kirche in den drang- 
vollen Zeiten des preußischen Kulturkampfs, 
anderseits als besonnener und tatkräftiger Ver- 
treter der landwirtschaftlichen Interessen in der 
neuzeitlichen Agrarbewegung. In verschiedenen 
wichtigen Körperschaften hat er seinen Ansichten 
nachdrucksvolle Geltung zu verschaffen gewußt und 
damit auf die Gestaltung bedeutsamer Vorgänge 
des öffentlichen Lebens machtvoll eingewirkt. Für 
den Bauernstand seiner westfälischen Heimat hat er 
eine Reihe segensreicher Einrichtungen geschaffen, 
die dann wieder vorbildlich wurden für das 
Vorgehen anderer Gegenden in weiteren Kreisen 
Deutschlands. Ein treuer Sohn der katholischen 
Kirche, erfüllt von wahrer Vaterlandsliebe, hat 
dieser westfälische Edelmann, tief überzeugt von 
der wohltätigen „und großen Bedeutung eines 
kräftigen Bauernstands für Kirche, Staat und 
Gesellschaft bis zum letzten Atemzug an der Lösung 
der agrarischen Aufgaben seiner Zeit gearbeitet. 
In der innigen Liebe zu seiner Kirche, der auf- 
richtigen Anhänglichkeit an das angestammte 
Herrscherhaus und der tätigen Fürsorge für den 
Bauernstand liegt das Programm seines Lebens, 
der Grundzug seines Charakters; in dem Bestreben, 
jene Ideale seines Strebens gleichmäßig und 
gemeinsam zu verwirklichen, besitzt man den 
Schlüssel für das Verständnis aller Vorgänge 
seiner Entwicklung. 
Die Familie v. Schorlemer zählt zum west- 
fälischen Uradel und hat ihren Sitz im Kreis 
Lippstadt auf den Gütern Overhagen und Her- 
ringhausen, welche an sich schon einen ziemlich an- 
sehnlichen Besitz darstellten, dem später auch noch 
das Gut Hellinghausen nach Aussterben der letzten 
männlichen Sprossen dieses Zweigs der Familie 
hinzugefügt wurde. Burghard Franz Frhr v. 
Schorlemer wurde geboren am 20.Okt. 1825 als 
das jüngste von acht Kindern auf dem Gut Her- 
ringhausen. Sein Vater war der königl. säch- 
sische Kammerherr Friedrich (Wilhelm) Frhr v. 
Schorlemer (gest. 1849), seine Mutter eine ge- 
borene Freiin v. Pelten, gen. Cloedt zu Lauers- 
  
Schorlemer-Alst. 
  
938 
forth, die Großmutter mütterlicherseits eine Freiin 
v. Brackel. Der Vater soll ein von tiefer Reli- 
giosität und wissenschaftlichem Streben erfüllter 
Mann, die Mutter eine durch Sanftmut und 
milde Güte ausgezeichnete Frau gewesen sein. 
Den ersten Unterricht erhielt der junge Schor- 
lemer durch den Hausgeistlichen, Dr Westhoff, 
den wegen seiner Originalität bekannten, geistig 
bedeutenden und auch literarisch tätigen späteren 
Seminarregens und Domkapitular in Köln (gest. 
1871). Nach Beendigung einer entsprechenden 
Vorbildung wurde er der königl. sächsischen Ka- 
dettenanstalt in Dresden anvertraut und trat später 
nach abgelegtem Offiziersexamen in die preußische 
Armee ein, und zwar wie sein älterer Bruder Wil- 
helm in das 8. Ulanenregiment, mit welchem er 
abwechselnd in Düsseldorf, Trier und Bonn stand. 
Im Jahr 1848 machte er unter dem Kommando 
des damaligen „Prinzen von Preußen" (späteren 
Kaisers Wilhelm I.) den Feldzug gegen die Auf- 
rührer in Baden mit und erhielt bei dieser Ge- 
legenheit für einen besonders gefahrvollen Re- 
kognoszierungsritt den Roten Adlerorden mit 
Schwertern. Nach Beendigung des Feldzugs wurde 
sein Regiment nach Bonn verlegt, und hier ver- 
mählte er sich am 16. Nov. 1852 mit der seit 1849 
verwitweten Gräfin Droste zu Vischering, geborenen 
Freiin v. Imbsen. Da die Gattin aus ihrer ersten 
Ehe bereits fünf Kinder hatte, so sah sich Schor- 
lemer im Alter von 27 Jahren in der Stellung 
eines Familienvaters mit allen Pflichten und Sor- 
gen. Sehr bald nach seiner Verheiratung verließ 
er den Militärdienst und kaufte, nachdem die Fa- 
milie kurze Zeit in Lippstadt gewohnt hatte, von 
dem Frhrn Wilderich v. Ketteler das in der Ge- 
meinde Leer im Kreis Burgsteinfurt belegene 
Rittergut Alst, wohin alsdann der Wohnsitz ver- 
legt wurde. 
In der abgeschiedenen Einsamkeit des Land- 
lebens widmete sich der nunmehr im besten 
Mannesalter stehende Baron vom Jahr 1853 ab 
der Bewirtschaftung seines kleinen Guts. Diese 
Beschäftigung konnte aber allein seiner Tatkraft 
nicht genügen. Er hatte die Empfindung, daß 
seine in der Kadettenanstalt genossene, lediglich auf 
die militärische Laufbahn berechnete allgemeine 
Bildung nicht ausreichend sei, und ging deshalb 
mit frischem Mut an eine Erweiterung und Ver- 
tiefung seiner Kenntnisse auf dem Weg des Selbst- 
unterrichts. Besonders waren es Volkswirtschafts- 
lehre und Geschichte, welche sein Interesse erregten. 
Und so widmete er sich denn ein Jahrzehnt lang 
mit Eifer dem Studium der allgemeinen und be- 
sondern Nationalökonomie und der Finanzwissen- 
schaft sowie der Profan= und Kirchengeschichte. 
In der Landwirtschaft waren es auch weniger die 
Fragen des technischen Betriebs, die er verfolgte, 
als vielmehr die allgemeine Landwirtschaftslehre 
und die Agrarpolitik. Aber er betrieb nicht nur 
theoretische Studien, sondern wandte seinen Blick 
sorglich und aufmerksam auch dem Leben zu und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.